Berlin (Reuters) - Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat sich die Vorschläge von Außenminister Heiko Maas (SPD) zur Neuausrichtung der Verhältnisses zu den USA ausdrücklich nicht zu eigen gemacht.
Die in einem Namensartikel von Maas geäußerten Vorstellungen stellten dessen persönliche Meinung dar und seien nicht mit ihr abgestimmt gewesen, sagte sie am Mittwoch. Die Positionen des Ministers seien ungeachtet dessen wichtig. Zurückhaltend reagierte sie auf den Vorschlag von Maas, angesichts des Konflikts über US-Sanktionen gegen den Iran den weltweiten Zahlungsverkehr mit dem Swift-System unabhängiger von den USA zu gestalten. Wie das konkret gelöst werden könnte, wollte in der Regierung niemand sagen. In Finanzkreisen wurden skeptische Stimmen laut.
Maas hatte in einem Gastbeitrag im "Handelsblatt" für eine Neuvermessung der Partnerschaft mit den USA auf allen Ebenen plädiert. Europa müsse im Schulterschluss untereinander eine neue Balance im Verhältnis zu den Vereinigten Staaten suchen. Die EU müsse zu einer tragenden Säule der internationalen Ordnung werden. Dazu sollte gehören, "dass wir europäische Autonomie stärken, indem wir von den USA unabhängige Zahlungskanäle einrichten, einen Europäischen Währungsfonds schaffen und ein unabhängiges Swift-System aufbauen". Maas bezog sich damit auf das EU-Bemühen, entgegen der US-Position am Atomabkommen mit dem Iran festzuhalten und mit dem Land weiter Geschäfte zu machen. US-Präsident Donald Trump will das mit Hilfe von Sanktionen verhindern und droht Geschäftspartnern des Irans ebenfalls mit Strafmaßnahmen.
MERKEL: IN VIELEM MIT MAAS EINIG
Merkel gestand Probleme mit dem Iran-Handel ein. "Aber auf der anderen Seite wissen wir auch, dass wir gerade in Frage der Terrorfinanzierung - und das Swift-Abkommen ist da von entscheidender Bedeutung - dass wir da auch eine enge Partnerschaft mit den USA brauchen." Die gesamte Sicherheitszusammenarbeit mit den USA sei "extrem nützlich und hilfreich". Merkel machte deutlich, sie in vielen Bereichen mit Maas übereinstimmt. Insofern sei der Artikel des Ministers "von der Grundstruktur her (...) ein wichtiger Beitrag". Maas sage in einer Reihe von Dingen mit anderen Worten, was sie selbst als Veränderung der transatlantischen Beziehungen sehe, nämlich dass Europa sein Schicksal stärker selbst in den Hand nehmen müsse.
Die Vorschläge des Ministers über ein von den USA unabhängigeres internationales System zur Zahlungsabwicklung blieben aber im Allgemeinen. Weder Sprecher des Außen-, des Finanz- und des Wirtschaftsministeriums konnten oder wollten sie im Detail erläutern. Im Außenamt hieß es lediglich mit Blick auf die Probleme mit dem Iran, für den Erhalt der Geschäftsbeziehungen mit dem Land sei die Aufrechterhaltung der Zahlungskanäle von ganz entscheidender Bedeutung. Wie das erreicht werden kann, darüber wird nach Angaben der Bundesregierung auf verschiedenen Ebenen, etwa auf europäischer, gesprochen.
In Finanz- und Bankenkreisen wird bezweifelt, ob mit der Errichtung eines neuen, von den USA unabhängigen Swift-Systems die Probleme mit US-Sanktionen vermieden werden können. Das gelte schon deshalb, weil die US-Währung weiterhin unangefochten die weltweit führende Reservewährung und das dominierende Zahlungsmittel in der Welt sei, sagte ein Insider. Das sichere den USA einen enormen Einfluss im internationalen Zahlungsverkehr.
In Finanzkreisen wurde allerdings auch darauf verwiesen, dass es in Europa bereits unabhängig von Swift alternative Möglichkeiten gebe, Zahlungsverkehrsnachrichten auszutauschen. Das gelte aber bislang nicht über Europa hinaus. Diesen Standard könne man gegebenenfalls ausweiten, auch wenn damit viele Fragezeichen verbunden wären.