Berlin (Reuters) - Union und SPD haben im Bundestag ihr Rentenpaket für höhere Mütterrenten sowie Haltelinien bei Beitrag und Rentenniveau durchgesetzt.
Die in Wahlen und Umfragen abgestürzten Koalitionspartner nahmen für sich in Anspruch, dass sie ein halbes Jahr nach Antritt der Regierung Wahlversprechen einlösten. Es gehe um "konkrete Gesetze, die für mehr Gerechtigkeit und für mehr Zusammenhalt in Deutschland sorgen werden", sagte SPD-Chefin Andrea Nahles am Donnerstag vor dem Bundestag. Unions-Vizefraktionschef Hermann Gröhe sagte: "Das ist ein starkes Stück Sozialstaat." Am Nachmittag beschloss der Bundestag auch noch ein Milliardenpaket für Langzeitarbeitslose. Am Abend wollte das Parlament Familienentlastungen von zehn Milliarden Euro auf den Weg bringen.
Die Opposition warf der Koalition vor, sie bürde die Kosten für Verbesserungen bei der Rente den Beitragszahlern und den Rentnern auf. "Die Mütterente muss komplett aus Steuermitteln finanziert werden", sagte der Rentenexperte der Linksfraktion, Matthias Birkwald. Grünen-Experte Markus Kurth sagte, das von der Bundesregierung geplante Ansparen einer Demografiereserve aus Steuern sei bisher nicht mehr als eine Absichtserklärung. Der FDP-Politiker Johannes Vogel sagte, die Koalition greife in den Topf der Beitragszahler und brauche die Renten-Reserven auf.
ZWISCHEN 15 UND 16 EURO MEHR FÜR BESTIMMTE RENTNER
Das Rentenpaket beschert der Rentenversicherung Mehrausgaben von etwa 32 Milliarden Euro bis zum Jahr 2025. Mütter und Väter von vor 1992 geborenen Kindern erhalten 2019 bei der Rente pro Kind zwischen 15 und 16 Euro mehr im Monat. Das kostet die Rentenkasse etwa 3,8 Milliarden Euro jährlich. Das ist laut Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) "kein Almosen, sondern eine Anerkennung für Menschen, die Kinder erzogen haben".
Zudem garantiert der Bund, dass bis 2025 der Beitragssatz bei 20 Prozent gedeckelt und das Rentenniveau bei 48 Prozent eines Durchschnittslohns gehalten werden. Für krankheitsbedingte Frührentner gibt es leichte Verbesserungen. Zur Finanzierung wird unter anderem auf Beitragssenkungen verzichtet. Nach bisherigem Recht müssten die Beitragszahler angesichts hoher Rücklagen 2019 um sechs Milliarden Euro entlastet werden.
KINDERGELD STEIGT UM ZEHN EURO
Am Nachmittag sollte der Bundestag auch das Familienpaket mit der Erhöhung des Kindergeldes um zehn Euro ab dem 1. Juli 2019 beschließen. Zusammen mit Änderungen bei der Steuer, wie höheren Kinderfreibeträge und der Abmilderung der sogenannten kalten Progression, sollen Familien und Arbeitnehmer um insgesamt etwa zehn Milliarden Euro jährlich entlastet werden.
Für die Eingliederung besonders schwer vermittelbarer Langzeitarbeitsloser will die Koalition in den kommenden Jahren vier Milliarden Euro aufbringen. Das sieht ein "Teilhabechancengesetz" vor, das im Bundestag die letzte Hürde nahm. Zehntausende langjährige Bezieher von Hartz-IV-Leistungen sollen so zu einem regulären Job kommen, für die der Staat zwei Jahre die vollen Lohnkosten übernimmt. Danach wird der Lohnkostenzuschuss schrittweise abgesenkt.