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Das Undenkbare denken - Droht mit Trump doch Ende der Nato?

Veröffentlicht am 20.07.2018, 11:55
Aktualisiert 20.07.2018, 12:00
© Reuters. U.S. President Donald Trump walks from Marine One as he arrives on the South Lawn of the White House in Washington

- von Andreas Rinke

Berlin (Reuters) - Die meisten US-Amerikaner werden nicht wissen, wo Montenegro liegt.

Dabei wird das kleine Westbalkan-Land mit gut 620.000 Einwohnern gerade zum Symbol für die Zukunft der Nato. Denn im Interview mit dem konservativen US-Sender Fox deutete Präsident Donald Trump an, dass er die Beistandsklausel für das erst 2017 in das westliche Verteidigungsbündnis eingetretene Land kritisch sieht. Schließlich lebten in Montenegro "sehr aggressive Menschen", und die USA könnten sehr schnell im Dritten Weltkrieg landen. Damit hat Trump eine Welle der Besorgnis gerade in Osteuropa ausgelöst, wo man Angst vor einem als aggressiv empfundenen Russland hat.

"Die Nato ist der Garant unserer Sicherheit, und die gegenseitige Beistandspflicht ist ihr Kern", betont etwa Henning Otte, verteidigungspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Deshalb wird nun plötzlich das Undenkbare diskutiert: Dass Trump in seinem Kampf gegen multilaterale Organisationen auch das westliche Verteidigungsbündnis opfern könnte, das bisher sakrosankt erschien - und aus Sicht der Europäer der Garant der Nachkriegsordnung ist.

"Es ist völlig klar, dass Trump die Nato umbauen oder abschaffen will", betont etwa Thomas Kleine-Brockhoff, Berliner Büroleiter des German Marshall Fund (GMF). Diese Einschätzung ist nach eineinhalb Jahren Regierungszeit Trumps offenbar weit verbreitet. So hatte der US-Senat vor dem Nato-Gipfel vergangene Woche vorsorglich mit 97 zu zwei Stimmen eine Resolution beschlossen, die die Unterstützung der Nato betont. Und die Reaktionen in Osteuropa waren nach Trumps umstrittenem Auftritt mit Russlands Präsident Wladimir Putin sehr besorgt: Es regiert die Angst, dass der US-Präsident westliche Verbündete wegen seines Wunsches nach "Deals" mit schwierigen Staatenlenkern fallen lassen könnte. So hatte er bei seinem Treffen mit Nordkoreas Machthaber Kim Jung Un kurzerhand die amerikanisch-südkoreanischen Militärmanöver abgesagt.

Trump selbst hatte beim Gipfel in Brüssel noch dementiert, dass er mit einem Austritt aus der Nato gedroht habe - auch wenn er glaubt, dies alleine und ohne den US-Kongress entscheiden zu können. Offiziell geht es ihm nur um eine bessere Lastenteilung: Trump brüstet sich damit, dass die Nato-Staaten jetzt allein seinetwegen Milliarden mehr für Sicherheit ausgeben würden. Dabei begann die Steigerung der Wehretats schon zu Zeiten seines Vorgängers Barack Obama. Zwei Jahre vor dem Amtsantritt Trumps hatten sich die Nato-Staaten selbst verpflichtet, bis 2024 die Verteidigungsausgaben in Richtung zwei Prozent ihrer Wirtschaftsleistung anzuheben.

"EINE ART STOCKHOLM-SYNDROM"

Trump kritisiert aber Staaten wie Deutschland, dieses Versprechen nur schleppend und nicht glaubwürdig umzusetzen. Tatsächlich hat die Bundesregierung nur eine Steigerung auf 1,5 Prozent bis 2024 an die Nato gemeldet. Dabei forderte der US-Präsident in Brüssel schon eine Steigerung auf vier Prozent der Wirtschaftsleistung. Hintergrund dürfte hier aber auch sein Wunsch sein, mehr US-Waffen zu verkaufen und damit die defizitäre amerikanische Handelsbilanz aufzupolieren.

Und nach dem monatelangen Beschuss der US-Öffentlichkeit über angeblich europäische Trittbrettfahrer scheint dies bei den Wählern zu verfangen. 49 Prozent der US-Bürger sind laut einer Reuters/Ipsos-Umfrage heute davon überzeugt, dass die USA ihre Nato-Partner nur dann verteidigen sollten, wenn sie mehr für die Verteidigung ausgeben. Nur ein Drittel lehnte eine Verknüpfung von Ausgaben und Beistand ab. Die Hinweise etwa von Kanzlerin Angela Merkel, dass Deutschland der zweitgrößte Truppensteller und Finanzier der Nato sei, kommen im Mittleren Westen der USA gar nicht erst an.

"Trump will die Nato zu einem Tributsystem umbauen, in dem Sicherheit bezahlt werden soll", sagte Kleine-Brockhoff. "Und die Europäer wirkten in Brüssel, als ob sie eine Art Stockholm-Syndrom durchleben", fügte er in Anspielung auf das 1973 erstmals beschriebene Phänomen hinzu, bei dem Opfer von Geiselnahmen ein positives emotionales Verhältnis zu ihren Entführern aufgebaut hatten. "Die Regierungschefs lobten, dass sie nur zweimal und nicht zehnmal von Trump geschlagen wurden."

Nur werde dieser Effekt nicht lange anhalten. Im Handelsstreit, wo Trump ebenfalls gegen seine Partner vorgeht, formiert sich nach anfänglichem Schock längst eine weltweite Allianz (DE:ALVG) gegen den 72-jährigen ehemaligen Immobilienhändler. Deutsche Außenpolitiker wie Außenamts-Staatsminister Niels Annen (SPD), Jürgen Hardt (CDU), Alexander Graf Lambsdorff (FDP) oder Omid Nouripour (Grüne) betonen, dass die Europäer den Weckruf endlich hören müssten. Kanzlerin Merkel und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron haben bereits eine engere europäische Zusammenarbeit in Sicherheitsfragen angemahnt.

"DEMOKRATIEN SIND LANGSAM, ABER NICHT BLÖDE"

© Reuters. U.S. President Donald Trump walks from Marine One as he arrives on the South Lawn of the White House in Washington

Damit lässt sich der Schutz der Super- und Atommacht USA zwar nicht ersetzen. Aber GMF-Experte Kleine-Brockhoff setzt auf andere Kräfte. "Parallel zu Trumps Zerstörungsdynamik entwickelt sich auch eine Widerstandsdynamik", beschreibt er die inneramerikanische Debatte. Je radikaler Trump werde und je stärker er gegen die westlichen Partner vorgehe, desto größer werde auch das Lager seiner Gegner in den USA. Mit der absehbaren Radikalisierung seiner Außenpolitik schade sich Trump also selbst.

Deshalb betonen die EU- und Nato-Partner offiziell Gelassenheit, obwohl die Sorgen vor einer Zerstörung der multilateralen, regelbasierten Weltordnung hinter den Kulissen groß ist. "Die Solidarität innerhalb der Nato steht außer Frage", versicherte Unions-Verteidigungsexperte Henning Otte. "Auch die sprunghaften Äußerungen von Präsident Trump werden daran nichts ändern." Allerdings müsse man dann eben ernst machen mit der Umsetzung des Zwei-Prozent-Ziels. "Dabei ist nicht entscheidend, ob Präsident Trump das möchte. Entscheidend ist, dass wir mehr Geld für Verteidigung in die Hand nehmen müssen, weil es wichtig für unsere eigene Sicherheit ist."

Ohne den bisher als sicher angenommenen US-Beistand wird diese Überlegung immer wichtiger. Kleine-Brockhoff setzt darauf, dass gerade in Abwehr zu Trump auch in Deutschland der Widerstand gegen steigende Verteidigungsausgaben nachlassen wird: "Demokratien sind langsam, aber nicht blöde. Am Ende geht es nicht um das Zwei-Prozent-Ziel, sondern darum, ob wir ohne die Nato noch sehr viel mehr Geld ausgeben müssten."

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