Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Thema Deutsche
Bank
Bielefeld (ots) - Der Vorstandsvorsitzende und der
Aufsichtsratschef gehen. Für die Nachfolge im Vorstand wird eine
Doppelspitze eingerichtet. Und einer der beiden neuen Vorstandschefs
ist ein in Indien geborener Investmentbanker: Bei so viel Veränderung
auf der heutigen Hauptversammlung der Deutschen Bank verwundert es
nicht, dass viele Beobachter schon von einer »Zeitenwende« sprechen.
Für diese Einstufung gibt es viele Gründe. Dabei spielen jedoch die
gerade genannten eher eine Nebenrolle. Denn eine Doppelspitze gab es
in der Deutschen Bank in der zweiten Hälfte des vergangenen
Jahrhunderts schon drei Mal. Und der erste Ausländer an der Spitze
der Deutschen Bank ist nicht Anshu Jain; das war der Schweizer Josef
Ackermann. Jain und Jürgen Fitschen sind ein ungleiches Paar. Hier
der 63-jährige Bankmanager alter Schule; dort der 14 Jahre jüngere,
von der Londoner Threadneedle Street geprägte Investmentbanker. Er
hat für die Deutsche Bank hohe Gewinne eingefahren, von denen aber
durch das lange Festhalten an US-Immobilienfonds in der Finanzkrise
ein beachtlicher Teil wieder verloren ging. Außenstehenden mutet die
Doppelspitze an wie eine Übergangslösung: Besteht Anshu Jain die
»Probezeit«, könnte er nach wenigen Jahren alleiniger Chef der
Großbank werden. Zum Abschied hagelt es noch einmal Kritik an
Ackermann. Dabei steht die Deutsche Bank heute besser da als zum
Zeitpunkt, als er das Ruder übernahm. 2002 galt die Deutsche Bank
vielen als Übernahmekandidat. Heute ist sie auf dem Heimatmarkt
unangefochten und spielt international in der Topliga. Doch Erfolg
ist nicht alles. Ackermann verspielte persönlich wie für die Bank
Kredit, weil er im Mannesmann-Prozess überheblich das Victory-Zeichen
in die Kameras hielt. Als er zum Zeitpunkt, da die Deutsche Bank
gerade einen Rekordgewinn verkündet hatte, Entlassungen ankündigte,
bewies dies besondere soziale Kälte - zumal er fast gleichzeitig eine
25-prozentige Kapitalrendite in Aussicht stellte. Das Ansehen
besserte sich in der Krise, durch die Ackermann und Risikovorstand
Hugo Bänziger die Deutsche Bank besser manövrierten als die
Konkurrenz. Die Art, wie Jain und Fitschen Bänziger abservieren und
durch einen Mann mit wenig Führungserfahrung ersetzen wollten,
markierte die erste Niederlage des Duos. Der neue Vorstand steht vor
großen Herausforderungen. Die Kapitalanforderungen durch Basel III
bedeuten auch für die Deutsche Bank eine echte Kraftanstrengung. Die
Finanzwelt ist im Umbruch. Schon wickeln China und Japan ihre
Handelsgeschäfte ohne den Umweg über den US-Dollar ab. Sollten die
Euro-Länder die Griechenland-Krise nicht in den Griff bekommen, droht
weiter ein Dominoeffekt. Im Heimatland ist die Deutsche Bank zuletzt
verstärkt vor allem wegen ihrer Verbindungen zur Rüstungsindustrie in
die Kritik geraten. Dem Konzern, zu dem nun auch die Postbank gehört,
kann nicht mehr egal sein, was die Gesellschaft über ihn denkt.
Originaltext: Westfalen-Blatt
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Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261
Bank
Bielefeld (ots) - Der Vorstandsvorsitzende und der
Aufsichtsratschef gehen. Für die Nachfolge im Vorstand wird eine
Doppelspitze eingerichtet. Und einer der beiden neuen Vorstandschefs
ist ein in Indien geborener Investmentbanker: Bei so viel Veränderung
auf der heutigen Hauptversammlung der Deutschen Bank verwundert es
nicht, dass viele Beobachter schon von einer »Zeitenwende« sprechen.
Für diese Einstufung gibt es viele Gründe. Dabei spielen jedoch die
gerade genannten eher eine Nebenrolle. Denn eine Doppelspitze gab es
in der Deutschen Bank in der zweiten Hälfte des vergangenen
Jahrhunderts schon drei Mal. Und der erste Ausländer an der Spitze
der Deutschen Bank ist nicht Anshu Jain; das war der Schweizer Josef
Ackermann. Jain und Jürgen Fitschen sind ein ungleiches Paar. Hier
der 63-jährige Bankmanager alter Schule; dort der 14 Jahre jüngere,
von der Londoner Threadneedle Street geprägte Investmentbanker. Er
hat für die Deutsche Bank hohe Gewinne eingefahren, von denen aber
durch das lange Festhalten an US-Immobilienfonds in der Finanzkrise
ein beachtlicher Teil wieder verloren ging. Außenstehenden mutet die
Doppelspitze an wie eine Übergangslösung: Besteht Anshu Jain die
»Probezeit«, könnte er nach wenigen Jahren alleiniger Chef der
Großbank werden. Zum Abschied hagelt es noch einmal Kritik an
Ackermann. Dabei steht die Deutsche Bank heute besser da als zum
Zeitpunkt, als er das Ruder übernahm. 2002 galt die Deutsche Bank
vielen als Übernahmekandidat. Heute ist sie auf dem Heimatmarkt
unangefochten und spielt international in der Topliga. Doch Erfolg
ist nicht alles. Ackermann verspielte persönlich wie für die Bank
Kredit, weil er im Mannesmann-Prozess überheblich das Victory-Zeichen
in die Kameras hielt. Als er zum Zeitpunkt, da die Deutsche Bank
gerade einen Rekordgewinn verkündet hatte, Entlassungen ankündigte,
bewies dies besondere soziale Kälte - zumal er fast gleichzeitig eine
25-prozentige Kapitalrendite in Aussicht stellte. Das Ansehen
besserte sich in der Krise, durch die Ackermann und Risikovorstand
Hugo Bänziger die Deutsche Bank besser manövrierten als die
Konkurrenz. Die Art, wie Jain und Fitschen Bänziger abservieren und
durch einen Mann mit wenig Führungserfahrung ersetzen wollten,
markierte die erste Niederlage des Duos. Der neue Vorstand steht vor
großen Herausforderungen. Die Kapitalanforderungen durch Basel III
bedeuten auch für die Deutsche Bank eine echte Kraftanstrengung. Die
Finanzwelt ist im Umbruch. Schon wickeln China und Japan ihre
Handelsgeschäfte ohne den Umweg über den US-Dollar ab. Sollten die
Euro-Länder die Griechenland-Krise nicht in den Griff bekommen, droht
weiter ein Dominoeffekt. Im Heimatland ist die Deutsche Bank zuletzt
verstärkt vor allem wegen ihrer Verbindungen zur Rüstungsindustrie in
die Kritik geraten. Dem Konzern, zu dem nun auch die Postbank gehört,
kann nicht mehr egal sein, was die Gesellschaft über ihn denkt.
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