Brüssel/London (Reuters) - Die Euro-Zone steuert angesichts eines stabilen Wachstumstempos im Sommer auf das konjunkturell beste Jahr seit Ausbruch der Finanzkrise zu.
Der Aufschwung war im August genauso stark wie im Juli, wie aus dem Einkaufsmanager-Index für Industrie und Dienstleister des Forschungsinstituts IHS Markit hervorgeht. Mit 55,7 Punkten liegt das am Dienstag veröffentlichte Barometer damit weiterhin deutlich über der Wachstumsschwelle von 50 Zählern. Nach dem rasanten Aufschwung im Frühjahr habe die Euro-Zone zuletzt kaum an Dynamik verloren, sagte Markit-Chefökonom Chris Williamson. Der Währungsraum sei auf dem besten Weg, das Bruttoinlandsprodukt im Gesamtjahr um 2,1 Prozent zu steigern.
"Die Wirtschaft wächst dieses Jahr wohl so stark wie seit 2007 nicht mehr. Und die allgemeine Stimmung steigt weiter. Das sind beste Voraussetzungen für die EZB, ihre Geldpolitik zu normalisieren", sagte Chefökonom Jörg Zeuner von der Förderbank KfW. Doch dies erfordere einen langen Atem. Wie Zeuner gehen auch viele andere EZB-Beobachter davon aus, dass die Europäische Zentralbank bei ihrem Zinstreffen am Donnerstag wohl noch keine Entscheidung über die Zukunft ihrer vor allem in Deutschland umstrittenen Wertpapierkäufe treffen wird, mit denen sie die Wirtschaft ankurbeln und für eine höhere Inflation sorgen will.
Laut EZB-Chef Mario Draghi soll im Herbst über das Programm beraten werden. Es ist zurzeit das schärfste Schwert der Währungshüter. Sie streben eine Inflationsrate von knapp zwei Prozent an, die als ideal für die Konjunktur gilt. Doch mit einem Wert von zuletzt 1,5 Prozent ist dieses Ziel noch relativ fern. Laut einer Reuters-Umfrage gehen die meisten Ökonomen derzeit davon aus, dass die EZB die Wertpapierkäufe erst Ende 2018 komplett herunterfährt.
In Großbritannien hat es die Notenbank hingegen mit einer kräftig anziehenden Inflation zu tun, die mit zuletzt 2,6 Prozent deutlich über dem angestrebten Wert von zwei Prozent lag. Eine der Hauptursachen dafür ist der Pfund-Verfall nach dem Brexit-Votum vom Sommer 2016, durch den sich Importgüter verteuern. Da die Löhne mit der Inflation nicht Schritt halten, sinkt die Kaufkraft der Briten.
Dies bekommt auch die auf der Insel besonders wichtige Dienstleistungsbranche zu spüren. Der entsprechende Einkaufsmanager-Index fiel im August zum Vormonat um 0,6 auf 53,2 Punkte, wie IHS Markit mitteilte. Es ist der niedrigste Stand seit September 2016, also wenige Monate nach dem Anti-EU-Referendum. Von Reuters befragte Ökonomen hatten für August mit 53,5 Zählern gerechnet. Im zweiten Quartal legte das Bruttoinlandsprodukt in der weltweit fünftgrößten Volkswirtschaft mit 0,3 Prozent nur halb so stark zu wie das der Euro-Zone.