Berlin (Reuters) - Bund, Länder und Kommunen können in den kommenden fünf Jahren nach einem Zeitungsbericht mit rund 60 Milliarden Euro mehr Steuereinnahmen rechnen als es sich bislang abzeichnete.
Das "Handelsblatt" berief sich am Sonntag mit dieser Zahl auf verschiedene Schätzvorlagen für die am Montag in Mainz beginnende amtliche Steuerschätzung. Grund sei vor allem die anhaltend günstige Konjunktur über das laufende Jahr hinaus. Von den genannten Mehreinnahmen dürften demnach Bund und Länder mit jeweils zusätzlich rund 26 Milliarden Euro gleichermaßen profitieren. Der Rest fließe den Kommunen zu.
Das Bundesfinanzministerium warnte umgehend vor überzogenen Erwartungen in Hinblick auf neue Finanzspielräume für den Bund. Es lehnte es auf Anfrage aber ab, die in dem Bericht genannten Zahlen zu kommentieren. Das Ministerium verwies aber darauf, dass seine aktuellen Haushalts- und Finanzplanungen bereits aktuellere Zahlen zur Grundlage hätten, als die der letzten Schätzung vom November. Insofern seien darin schon höhere Steuereinnahmen eingerechnet. "Daher führt ein Vergleich der Ergebnisse der Steuerschätzung vom 9. Mai mit den in der letzten November-Schätzung prognostizierten Steuereinnahmen zu irreführenden und falschen Antworten auf die Frage, ob sich möglicherweise neue zusätzliche Spielräume im Bundeshaushalt ergeben", sagte eine Ministeriumssprecherin. Im vergangenen November hatte der Arbeitskreis Steuerschätzung dem Staat jährliche Steigerungen bei den Steuereinnahmen zwischen 3,7 und 4,1 Prozent jährlich vorausgesagt. Das ergab eine Zunahme von 764,3 Milliarden Euro im laufenden Jahr auf rund 890 Milliarden Euro im Jahr 2022. Nach den Handelsblatt-Zahlen dürfen nun aber in fünf Jahren die Marke von 900 Milliarden Euro übertroffen werden. Auch der Industrieverband BDI rechnet mit Rekordeinnahmen des Staates. Er plädierte dafür, diese für mehr Investitionen und eine Absenkung der Steuerlast der Unternehmen zu nutzen. "Es ist kontraproduktiv, den historisch einmaligen Spielraum für Zukunftsinvestitionen verstreichen zu lassen", warnte der BDI-Hauptgeschäftsführer Joachim Lang. Deutschland müsse mehr für Wachstum und Innovationen tun, denn die gute Konjunktur werde nicht automatisch so weiterlaufen. Lang beklagte, die Regierung lasse die Unternehmen bislang "links liegen". So müsse sie nun aber endlich den Einstig in die steuerliche Förderung von Forschung und Entwicklung wagen. Die Steuerlast für Firmen sollte sie langfristig von rund 30 auf etwa 25 Prozent absenken.