- von Andreas Rinke
Berlin/Peking (Reuters) - Die aufstrebende wirtschaftliche Supermacht China lässt auch militärisch ihre Muskeln spielen: Am Dienstag starteten von Zhanjiang in Südchina aus Soldaten, die die erste offizielle chinesische Militärbasis im Ausland beziehen sollen.
Diese entsteht im strategisch wichtig gelegenen Dschibuti an der Nordostspitze Afrikas. Am Donnerstag flogen zudem sechs chinesische Bomber durch die Miyako-Straße zwischen zwei südlichen japanischen Inseln. Im südchinesischen Meer wiederum baut das Land auf unbewohnten Inseln in einem von mehreren Anrainerländern beanspruchten Gebiet militärische Anlagen auf.
Überraschend kommt die Entwicklung nicht: China hat seine Gebiets- und Einflussansprüche in Südostasien seit langem formuliert. Schon seit 2016 baut Chinas Militär in Dschibuti die Marinebasis aus - nicht weit entfernt vom US-Stütztpunkt Camp Lemonnier. "Dies ist ein logischer Schritt der Politik von Präsident Xi Jinping, in der Außenpolitik härter und entschlossener aufzutreten", sagt Helena Legarda, Expertin für Chinas Militär beim China-Institut Mercis in Berlin.
Die militärische Präsenz folgt den ausgreifenden wirtschaftlichen und politischen Ambitionen des Landes mit rund 1,3 Milliarden Einwohnern, das immer klarer einen Führungsanspruch in der Welt beansprucht. Bereits als Chinas Präsident Xi im Mai mehrere Dutzend Regierungschefs zur Seidenstraßen-Konferenz in Peking begrüßte, machte er den globalen Anspruch seines Landes und dessen kommunistischer Führung klar. Denn mit dem Seidenstraßenkonzept will China Handelsrouten fast über die ganze Welt spannen - mit Ausnahme Nordamerikas.
Mercis-Expertin Legarde sieht aber zumindest zur Zeit noch nicht den Versuch, den USA auch als globale Militärmacht nachzueifern, die über mehr als 100 Militärbasen in mehr als 40 Ländern weltweit verfügt. "Dafür fehlen China schlicht die Mittel vor allem im Marinebereich, um Truppen in allen Teilen der Welt über einen langen Zeitraum stationieren zu können."
Chinas Regierung betont wohl auch deshalb, dass das Ziel der Stationierung in Dschibuti vor allem die Unterstützung für friedenserhaltende Missionen oder humanitäre Hilfe in Afrika und Westasien sei. Zudem sollten die Schifffahrtswege gesichert werden und die Basis auch als logistischer Stützpunkt für den Anti-Piratenkampf in der Region genutzt werden. Immer wieder verweist die chinesischer Führung zudem darauf, dass in Dschibuti viele Nationen militärisch präsent seien - Chinas neues Engagement dürfe also nicht überinterpretiert werden.
Echte militärische Präsenz wird dagegen in der eigenen Region gezeigt: So haben sich in den vergangenen Monaten die gegenseitigen Drohgebärden zwischen China und den USA in Ostasien verstärkt. Peking fordert die US-Regierung als Schutzmacht Japans, Südkoreas und Taiwans immer deutlicher auf, sich nicht mehr in der Region einzumischen. Das US-Militär antwortet darauf mit dem demonstrativen Überflug etwa von Langstreckenbombern über die von China beanspruchten Seegebiete im südchinesischen Meer.
SEIDENSTRASSEN UND PERLENKETTEN
Die Ambitionen Chinas werden in vielen Ländern sichtbar. Derzeit werden in einer Reihe von Staaten Häfen gebaut oder betrieben - von Pakistan über das griechische Piräus bis nach Südamerika. Hier geht es stets um zivile Projekte, mit denen die Exportmacht China ihren Warenaustausch mit der Welt sichern und ausbauen will. Aber westliche Sicherheitsexperten vermuten, dass irgendwann auch eine militärische Komponente dazukommen könnte. Die nächste Militärbasis vermutet Mercis-Expertin Legarda zunächst in Pakistan - was das andere Milliardenvolk Indien aufschrecken dürfte, das sich ohnehin als Konkurrent Chinas im Indischen Ozean empfindet. "Vermutlich wird es auch bei der Nutzung ausländischer Häfen eher einen dualen Ansatz geben - also eine kommerzielle Nutzung mit einer Anlaufstation etwa für chinesische Militärschiffe", glaubt sie.
Chinas Führung selbst hatte von einem "Perlenketten"-Modell gesprochen, mit dem für die wachsende kommerzielle Marine Anlaufpunkt nach Anlaufpunkt in der Welt hinzugefügt werden soll. Aber auch im Seidenstraßenkonzept über Land scheint eine militärische Logik angelegt zu sein: "Es fällt auf, dass sich die militärischen Kontakte vor allem mit einer Reihe von Ländern verstärken, die Seidenstraßen-Partner sind", beobachtet Legarda. "Dabei geht es auch um die Absicherung der für China wichtigsten Handelswege."
Dass die Führung in Peking längst nicht mehr nur in zivilen Kategorien denkt, zeigt auch die engere Zusammenarbeit mit Russland. Gemeinsam mit der russischen Marine gab es bereits ein gemeinsames Manöver im von Peking weit entfernten Mittelmeer. Und beide Länder wollen zusammen sogar in der Ostsee militärische Übungen abhalten.