- von Susan Cornwell und Richard Cowan
Washington (Reuters) - Donald Trump droht am Freitag bei seinem ersten großen Gesetzesvorhaben eine empfindliche Niederlage.
Am späten Nachmittag (US-Ostküstenzeit, Nacht auf Samstag MEZ) soll das Repräsentantenhaus nach dem Willen des US-Präsidenten trotz unsicherer Mehrheiten über umstrittene Einschnitte bei der Gesundheitsreform seines Vorgängers Barack Obama abstimmen. Das Votum wird an den Märkten mit Spannung erwartet. Die Verschiebung der ursprünglich für Donnerstag geplante Abstimmung hatte schon die Wall Street belastet. An den europäischen Aktienmärkten hielten sich die Anleger am Freitag aus Furcht vor einem Aus für Donald Trumps Pläne zur Ankurbelung der US-Konjunktur zurück.
Trump hatte nach der Verschiebung seinen Republikanern ein Ultimatum gestellt. Der Präsident werde sich an weiteren Verhandlungen nicht beteiligen, sagte der republikanische Abgeordnete Chris Collins, ein Trump-Verbündeter. Am Freitag müsse abgestimmt werden. "Wenn es aus irgendeinem Grund zu einem Nein kommt, dann gehen wir einfach zu den nächsten Punkten seiner Agenda über", etwa der Steuerreform, sagte Collins.
Zwar kann der Präsident wegen der starken Gewaltenteilung in den USA die Gesetzgebung nicht direkt beeinflussen. Allerdings vermittelte Trump in den vergangenen Tagen zwischen den zerstrittenen Flügeln seiner Partei. Der ehemalige Geschäftsmann nimmt für sich in Anspruch, gut im Abschluss von Deals zu sein. Trump hat eingeräumt, die Komplexität der amerikanischen Gesundheitspolitik unterschätzt zu haben.
"HARD NO" - FLÜGELKÄMPFE BEI DEN REPUBLIKANERN
Im Wahlkampf hatte der Milliardär versprochen, die als Obamacare bekannte Reform aufzuheben. Die Republikaner lehnen sie im Grundsatz als einen zu starken Eingriff des Staates in den Gesundheitsmarkt ab und halten sie für zu teuer. Allerdings hat Trump keine eigene Reform der Reform vorgelegt, sondern sich hinter einem Entwurf von führenden Republikanern im Repräsentantenhaus gestellt. Die Vorlage ist umstritten: Das überparteiliche Haushaltsbüro des Kongresses hat berechnet, dass dadurch 14 Millionen Amerikaner innerhalb eines Jahres ihre Krankenversicherung verlieren würden. Bis 2026 würde diese Zahl auf 24 Millionen steigen.
Den gemäßigten Republikanern sind diese Zahlen zu hoch, während erzkonservativen Abgeordneten die Einschnitte nicht weit genug gehen. US-Medien berichten von einem "hard no" - einem kompromisslosen Nein - bei den Verhandlungen der vergangenen Tage. Die Demokraten dürften geschlossen gegen die Änderung stimmen. Damit können sich die Befürworter der Einschnitte im Repräsentantenhaus etwa 20 Abweichler leisten. Medienberichten zufolge lag die Zahl am Donnerstag zunächst bei etwa 30.
Selbst bei einem Erfolg in der Kongresskammer ist eine Zustimmung des Senats ungewiss. Dort haben die Republikaner eine noch kleinere Mehrheit. In den USA gibt es keinen Fraktionszwang. Im kommenden Jahr finden Kongresswahlen statt, bei dem das ganze Repräsentantenhaus und ein Drittel des Senats neu gewählt wird.