Den „inneren Wert“ einer Aktie zu verstehen und halbwegs zutreffend zu berechnen, ist ein zentraler Bestandteil der Kunst des Investierens – womöglich sogar der wichtigste. Doch obwohl sich das Konzept an sich leicht erklären lässt, ist die praktische Umsetzung alles andere als simpel. Was eine Aktie theoretisch wert ist, liegt oft im Auge des Betrachters. Und genau das macht das Ganze spannend: Hätten alle Anleger immer die gleiche Meinung, würde es schließlich keine Kursbewegungen geben.
In den folgenden Abschnitten beleuchten wir, was sich hinter dem inneren Wert verbirgt, warum er so schwer zu ermitteln ist und welche Methoden dir helfen können, diese oft nebulöse Kennzahl zumindest grob abzuschätzen. Denn genau diese Uneinigkeit über den inneren Wert sorgt dafür, dass es an der Börse mal bergauf, mal bergab geht. Wer clever ist und den Markt manchmal besser einschätzt als die Masse, kann sich diese Schwankungen zunutze machen.
Was bedeutet „innerer Wert“?
Am einfachsten formuliert, ist der innere Wert einer Aktie das, was eine Aktie eigentlich wert sein sollte. Sprich, was ein Unternehmen (als ganzes operatives Geschäft) wert ist, heruntergerechnet auf eine einzelne Aktie. Würde man es stark übervereinfachen, könnte man sagen: Der innere Wert zeigt dir, wie viel diese Aktie „korrekterweise“ kosten müsste.
In der Theorie ist dieser Wert vergleichsweise leicht zu definieren: Man nimmt alle künftigen Cashflows des Unternehmens und rechnet sie auf den heutigen Tag zurück. In der Praxis ist das natürlich eine Mammutaufgabe. Wer kann schon verlässlich vorhersagen, wie hoch der Cashflow in den nächsten Jahren sein wird – geschweige denn in fünf oder zehn Jahren?
Das Problem: Es gibt nicht „die eine“ Formel, die jeder Investor einfach so anwenden kann. Jeder hat einen anderen Blick auf die zukünftige Geschäftsentwicklung und andere Annahmen zu Wachstum, Risiken und Kosten. Genau das führt zu unterschiedlichen Einschätzungen – und damit zu Kauf- und Verkaufstriggern am Markt.
Warum braucht man den inneren Wert überhaupt?
Dass es keine einfache, universelle Berechnungsformel gibt, ist nicht unbedingt ein Nachteil. Ganz im Gegenteil: Gerade weil sich über den inneren Wert gestritten wird, entstehen die Unterschiede zwischen Kurs und fundamentaler Einschätzung. Und diese Unterschiede können sich für dich als Anleger lohnen, wenn du sie richtig erkennst.
Rein fundamental betrachtet, ist das Ziel im Value Investing, Aktien zu finden, deren innerer Wert höher ist als der aktuelle Börsenkurs. Dann kaufst du theoretisch unter Wert ein. Umgekehrt lässt sich natürlich auch ein Short-Case aufbauen, wenn du glaubst, der Kurs liegt über dem fairen (inneren) Wert. Die Schwierigkeit: Kein Mensch kann zweifelsfrei in die Zukunft blicken. Modelle basieren auf Annahmen, und jede Annahme kann sich als Irrtum erweisen.
Die technische Definition des inneren Werts
Man kann den inneren Wert so definieren: Er ist die Summe aller zukünftigen Cashflows eines Unternehmens, abgezinst auf den heutigen Zeitpunkt. Dieses „Abzinsen“ berücksichtigt den Faktor, dass Geld heute mehr wert ist als derselbe Betrag in der Zukunft (Stichwort: Zeitwert des Geldes).
Ein populärer Begriff in diesem Zusammenhang lautet Discounted Cash Flow (DCF). Das Discounted-Cash-Flow-Modell ist einer der geläufigsten Ansätze, um den inneren Wert zu ermitteln.
Discounted Cash Flow (DCF) in Kurzform
- Du schätzt für die kommenden Jahre, wie hoch der Free Cash Flow (FCF) jedes Jahr sein könnte.
- Danach wendest du einen Diskontierungssatz (z. B. 10 %) an, um den zukünftigen Wert auf „heute“ herunterzurechnen.
Die Formel hierfür lautet im Wesentlichen:
Barwert künftiger Free Cash Flows = Free Cash Flow im Jahr N / (1 + Diskontsatz)^N
Ganz vereinfacht gesagt: Wenn du nächstes Jahr 1,1 Milliarden US-Dollar Free Cash Flow erwartest und einen Zinssatz von 10 % zugrunde legst, wären das heute 1 Milliarde US-Dollar wert. Hättest du diese 1 Milliarde heute schon in der Tasche und würdest sie mit 10 % verzinsen, stündest du in einem Jahr ebenfalls bei 1,1 Milliarden.
Tipp für die Praxis
Wenn dir das Erstellen eines DCF-Modells zu aufwendig ist oder du einfach mal verschiedene Szenarien durchspielen willst, lohnt sich ein Blick auf InvestingPro. Dort hast du Zugriff auf über 15 Bewertungsmodelle, darunter auch anpassbare DCF-Modelle. Du kannst deine eigenen Annahmen zu Cashflows und Diskontsätzen eingeben und siehst sofort, wie sich der innere Wert verändert.
Das Problem „Garbage In, Garbage Out“
Ein DCF-Modell kann nur so gut sein wie die Annahmen, die du eingibst. Wenn du eine jährliche Wachstumsrate von 8 % für den Free Cash Flow annimmst, die Realität aber einen Rückgang zeigt, geht dein Ergebnis schnell daneben. Dies wird oft als das „Garbage in, Garbage out“-Phänomen bezeichnet: Wenn deine Input-Daten Müll sind, kommt hinten auch nur Müll raus, egal wie komplex die Formel ist.
Zudem ist auch der Diskontsatz ein Quell endloser Debatten. Einige verwenden den gewichteten Kapitalkostensatz (WACC), der sämtliche Finanzierungskosten eines Unternehmens abbildet. Andere setzen eine feste Renditeforderung (z. B. 10 %), was aber ziemlich willkürlich sein kann. Trotz dieser Unsicherheiten liefert ein DCF zumindest ein strukturiertes Gerüst, um dir bewusst zu machen, welche Wachstumsannahmen der aktuellen Bewertung zugrunde liegen.
Dividend Discount Model (DDM)
Das Dividend Discount Model (DDM) ist ähnlich, richtet seinen Blick aber nur auf Dividenden. Hier rechnest du mit den zukünftigen Dividenden, die auf den heutigen Wert abgezinst werden. Das Problem: Viele Unternehmen zahlen inzwischen überhaupt keine Dividende mehr oder nur sehr wenig. Somit kannst du diesen Ansatz nicht überall anwenden. Für Firmen mit stabiler Dividende kann das DDM jedoch eine interessante Alternative sein, vor allem wenn Dividendenpolitik und Cashflows im Einklang stehen.
Noch einfachere Ansätze: KGV, KCV & Co.
Wer nicht gleich ein umfangreiches DCF-Modell bauen will, nutzt oft vereinfachte Multiplikatoren. Klassische Beispiele sind:
- KGV (Kurs-Gewinn-Verhältnis): Preis pro Aktie geteilt durch den Gewinn pro Aktie.
- KCV (Kurs-Cashflow-Verhältnis): Preis pro Aktie im Verhältnis zum Free Cash Flow pro Aktie.
Solche Kennzahlen können ganz schnell ein erstes Gefühl dafür geben, welche Wachstumsraten das Unternehmen oder der Markt einpreist. Ein KGV von über 100 deutet darauf hin, dass Anleger ein rasantes Gewinnwachstum erwarten. Bei einem KCV von 10 hingegen könnte der Markt schon eher zweifeln, ob das künftige Cashflow-Wachstum stark genug ist.
Aber Vorsicht: Ein niedriges KGV muss nicht automatisch heißen, dass eine Aktie billig ist. Vielleicht steckt das Unternehmen in einer fundamentalen Krise. Ähnlich kann ein hoher Multiplikator gerechtfertigt sein, wenn das Unternehmen wirklich stark expandiert. Hinzu kommt, dass Faktoren wie Margen, Wettbewerbsintensität und Fremdkapitalquote oft vollkommen ausgeblendet werden, wenn man sich nur eine einzige Kennzahl anschaut.
Schneller Vergleich gefällig?
Mit InvestingPro kannst du nicht nur auf klassische Multiplikatoren wie KGV oder KCV zugreifen, sondern diese auch direkt mit Branchenkollegen vergleichen. Das spart nicht nur Zeit, sondern hilft dir auch dabei, versteckte Bewertungsperlen zu entdecken.
Relative Bewertung: Vergleich mit anderen Unternehmen
Ein weiterer Schritt ist die relative Bewertung. Hier schaust du dir ähnliche Firmen an: Wenn die ABC Corporation schneller wächst als XYZ Inc., aber XYZ ein niedrigeres KGV hat, könnte XYZ potenziell unterbewertet sein. Allerdings ist ein „Schnäppchen“ im direkten Vergleich nicht automatisch ein gutes Investment. Es kann sein, dass XYZ einfach nur weniger stark abfällt als ABC, aber beide am Ende keine gute Wahl sind.
Vorsicht mit Buchwert
Manche Anleger schauen auf den Buchwert (auch Eigenkapital je Aktie genannt). Das ist grundsätzlich der Wert aller Aktiva minus der Schulden. Aber auch hier gilt: Buchwert spiegelt einen rein bilanztechnischen Wert wider. Ein Unternehmen mit viel Goodwill in der Bilanz könnte auf dem Papier zwar solide dastehen; stellt sich eine übernommene Gesellschaft als Ladenhüter heraus, muss Goodwill abgeschrieben werden. Umgekehrt gibt es Firmen, die nur wenige Vermögensgegenstände besitzen, aber enormen Cashflow (z. B. Softwareanbieter). Solche Unternehmen werden oft deutlich oberhalb ihres Buchwerts gehandelt, teils um ein Vielfaches.
Ein Praxisbeispiel für den inneren Wert
Keines der genannten Verfahren ist ein Allheilmittel. In Wirklichkeit kombinieren erfahrene Investoren oft alle Ansätze, um sich ein Gesamtbild zu machen. Stell dir zwei Profis vor, die beide einen tiefen Einblick in eine Aktie haben. Trotzdem könnte der eine den Wert zu niedrig finden und verkaufen, während der andere ihn als attraktives Einstiegssignal sieht.
Beide würden eventuell:
- Multiplikatoren wie KGV und KCV checken, um ein grobes Gefühl für das erwartete Wachstum zu bekommen.
- Ein DCF-Modell basteln und sich anschauen, wie sich Wachstumsraten in den nächsten Jahren entwickeln könnten (dazu werfen sie einen Blick auf Markttrends, Wettbewerbssituation und Unternehmenshistorie).
- Peer-Bewertungen vornehmen und vergleichen, wie Konkurrenten im selben Sektor dastehen, um Ungleichgewichte auszumachen.
Selbst dann lässt sich kein innerer Wert bis aufs Komma exakt definieren. Es kann aber durchaus passieren, dass mehrere Methoden denselben Trend andeuten: „Diese Aktie scheint günstig!“ Oder eben teuer.
Konkretes Szenario: ABC-Aktie
Nehmen wir an, die ABC-Aktie notiert bei 60 US-Dollar. Die Gewinnerwartung für dieses Jahr liegt bei 3 US-Dollar pro Aktie. Das bedeutet, wir haben ein KGV von 20. So ein Wert ist an sich nicht weltfremd und impliziert in der Regel, dass der Markt mit rund 10 % Gewinnwachstum rechnet.
Falls du nun glaubst, das Unternehmen wächst schneller als 10 % und stützt diese Annahme durch eine DCF-Rechnung, könnte dein Modell sagen, dass das faire Kursziel (bzw. der innere Wert) bei 85 US-Dollar liegt. Zudem vergleichst du ABC mit einer Konkurrenzfirma, die beim 23-fachen Gewinn notiert, aber ein niedrigeres Wachstum aufweist.
All diese Erkenntnisse würden darauf hindeuten, dass ABC unterbewertet ist. Gewissheit gibt es jedoch nie. Vielleicht liegst du bei deiner Wachstumsprognose komplett daneben, und tatsächlich verliert ABC gegen neue Wettbewerber an Marktanteilen. Dann taugt auch der schönste Modellwert nichts.
Tipp für die Praxis
Und jetzt stell dir vor, du könntest solche Berechnungen mit ein paar Klicks machen. Genau das ermöglicht dir InvestingPro: Einfach die Apple-Aktie aufrufen, Szenarien durchspielen und verschiedene Bewertungsmodelle auf einen Blick vergleichen.
Intrinsischer vs. extrinsischer Wert (bei Optionen)
Den Ausdruck „intrinsischer Wert“ findest du übrigens auch im Optionshandel, allerdings in einem anderen Kontext. Eine Call-Option hat z. B. einen sofort realisierbaren (intrinsischen) Wert: den Betrag, um den der Aktienkurs über dem Strike-Preis liegt. Alles, was darüber hinausgeht, wird als „extrinsischer Wert“ oder „Zeitwert“ bezeichnet.
Das ist aber eine deutlich klarere Definition, bei der man exakt weiß, wie hoch der intrinsische Wert zum Zeitpunkt X ist. Bei einer Aktie selbst ist das nicht so einfach messbar, weil niemand sicher voraussagen kann, wie viel Cashflow in Zukunft generiert wird.
Ist „fairer Wert“ dasselbe wie „innerer Wert“?
Ja, sehr oft verwendet man diese Begriffe synonym. „Fairer Wert“ oder „fair value“ meint am Ende genau das, was eine Aktie eigentlich wert sein sollte – also das Niveau, das sie bei rationaler Betrachtung haben könnte. „Marktwert“ wiederum ist schlicht und einfach der aktuelle Preis an der Börse. Ob dieser nun weit über oder unter dem inneren Wert liegt, kann man nur vermuten.
Residual Income Model: Ein erweiterter Blick
Einen anderen Bewertungsansatz liefern sogenannte Residual Income Models. Während ein klassisches DCF-Modell nur den Free Cash Flow und damit im Wesentlichen die Fremdkapitalkosten berücksichtigt, nehmen Residual Income Modelle zusätzlich die Eigenkapitalkosten ins Visier.
Warum ist das wichtig?
- Angenommen, ein Unternehmen erzielt zwar Gewinne, aber diese sind – gemessen an der investierten Eigenkapitalsumme – ziemlich mau. Dann könnte es trotzdem sein, dass Investoren mit diesem niedrigen Return on Equity (ROE) unzufrieden sind. Schließlich hätte man das Geld auch in ein anderes Unternehmen stecken können, das einen höheren ROE liefert.
Wie funktioniert das Residual Income Model?
Kurz gesagt: Du nimmst den Gewinn, der über die Eigenkapitalkosten hinausgeht, und addierst ihn zum aktuellen Buchwert. Denn das Unternehmen schafft einen Mehrwert gegenüber einer durchschnittlichen Alternative. Ist dieser Mehrwert höher als in vergleichbaren Firmen, könnte das Unternehmen im Zeitverlauf an Wert gewinnen.
Allerdings tauchen auch hier wieder dieselben Probleme auf wie beim DCF: Du musst zukünftige Gewinne schätzen. Und der Buchwert kann Schönheitsfehler enthalten, beispielsweise durch M&A-begründeten Goodwill, der entweder abgeschrieben werden kann (bei schlechtem Geschäftsverlauf) oder zu niedrig angesetzt ist (bei überragendem Geschäftserfolg aber starren Bilanzregeln).
Erschwerend kommt hinzu, dass Residual Income Modelle mathematisch aufwendiger sind. Du rechnest quasi für jedes Jahr aus, wie viel Gewinn nach Abzug der Eigenkapitalkosten übrig bleibt, und summierst das Ganze auf. Wer’s ganz genau möchte, muss Return on Equity, Buchwertentwicklungen und Kapitalerhöhungsszenarien in die Zukunft projizieren.
Doch genau das ist ein entscheidendes Argument: Wenn ein Unternehmen nicht genug Rendite auf sein Eigenkapital erwirtschaftet, warum sollte dessen Aktienkurs dauerhaft stark steigen?
Economic Value Added (EVA) als „Light-Version“
Etwas einfacher ist die Kennzahl EVA (Economic Value Added). Hier ziehst du vom NOPAT (Net Operating Profit After Taxes) die Kapitalkosten ab:
EVA = NOPAT – (Prozentualer Kapitalkostensatz × Gesamtkapital)
NOPAT ist quasi der operative Gewinn nach Steuern, wobei man sich vorstellt, das Unternehmen hätte gar keine Zinslast (also keine Schulden). Das Gesamtkapital umfasst sowohl das Eigen- als auch das Fremdkapital. Auch hier lautet der Grundgedanke: Wenn du eine gewisse Mindestrendite erwartest, muss das Unternehmen mindestens die gleiche Rendite auf das Gesamtkapital erzielen, damit du als Anteilseigner langfristig zufrieden sein kannst.
Warum der innere Wert so zählt
Letztendlich beschäftigt sich aktives Investieren stark mit dieser Frage: Was ist die Aktie wirklich wert? Denn wer an der Börse aktiv unterwegs ist, versucht bewusst, Aktien zu finden, die unter ihrem fairen Wert gehandelt werden. „Unterbewertet“ heißt in dem Kontext: Der innere Wert liegt höher als der aktuelle Kurs.
Allerdings ist der innere Wert nicht greifbar wie ein mathematischer Fakt. Verschiedene Anleger wenden verschiedene Modelle an, kommen zu unterschiedlichen Ergebnissen – und liegen alle mehr oder weniger daneben. Exakt wird es nie sein, denn die Zukunft bleibt ungewiss.
Doch gerade weil Perfektion unmöglich ist, macht aktives Investieren so viel Spaß (und manchmal auch wahnsinnig). Wäre es kinderleicht, den inneren Wert zu bestimmen, gäbe es kaum noch Kursschwankungen. Alle würden denselben Wert sehen, keiner könnte den anderen „ausstechen“. Keine arbitrageähnlichen Gelegenheiten, keine Wachstumsstorys, keine Crashs. Das wäre zwar ruhig, aber doch extrem öde.
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Schlusswort: Der innere Wert als spannendes Puzzle
Der innere Wert einer Aktie ist ein Puzzle, dessen Teile aus Cashflows, Dividenden, Wachstumsaussichten, Konkurrenzanalysen und vielem mehr bestehen. Es gibt keine magische Formel, die diesen Wert exakt ermittelt. Ob du nun ein DCF-Model, ein Residual Income Model oder simpelere Kennzahlen wie KGV nutzt – jede Methode hat ihre Tücken.
Am Ende bleibt der innere Wert eine theoretische Größe, die du nie haargenau bestimmen kannst. Trotzdem lohnt es sich, verschiedene Bewertungsansätze zu kombinieren, um ein möglichst klares Bild vom Potenzial einer Aktie zu bekommen. Denn nur, wenn du glaubst, dass der wahre Wert über dem aktuellen Kurs liegt, kann sich ein Einstieg lohnen. Und gerade diese Unsicherheit – die Tatsache, dass niemand exakt weiß, was in der Zukunft passiert – macht das Börsenspiel so spannend.
Unterm Strich: Wer eine Aktie nur auf Basis des momentanen Kursverlaufs kauft, kauft „die Musik“, ohne die Noten zu lesen. Wer hingegen versucht, den inneren Wert zu entschlüsseln, verschafft sich einen strukturierten Vorsprung. Selbst wenn kein Modell je perfekt ist: Das Bewusstsein für die treibenden Faktoren eines Unternehmens hilft dir, fundierte Entscheidungen zu treffen – und kann dich im Idealfall vor Fehlgriffen bewahren oder zu echten Glücksgriffen führen.
FAQ: Häufige Fragen zum Inneren Wert (Fair Value) einer Aktie
Was genau versteht man unter dem „inneren Wert“ oder „Fair Value“?
Der innere Wert (oder Fair Value) gibt an, wie viel eine Aktie theoretisch wert sein sollte, basierend auf den langfristigen Cashflows, dem Geschäftspotenzial und den Risiken. Ist der Kurs an der Börse niedriger als dieser Wert, könnte die Aktie unterbewertet sein – und umgekehrt.
Warum ist der innere Wert so schwer zu bestimmen?
Weil niemand die Zukunft vorhersagen kann. In die Berechnung fließen Annahmen ein, zum Beispiel über künftige Cashflows, Margen oder Wachstumsraten. Schon eine kleine Abweichung (z. B. ein Prozentpunkt weniger Wachstum) kann das Endergebnis deutlich verändern.
Welche Ansätze gibt es, den inneren Wert zu ermitteln?
- Discounted Cash Flow (DCF): Schätzung der künftigen Free Cashflows und Abzinsung auf den heutigen Tag.
- Dividend Discount Model (DDM): Ähnlich, nur basierend auf zukünftigen Dividendenzahlungen.
- Multiplikatorenansätze: KGV, KCV, KBV, um das Unternehmen relativ schnell, aber weniger detailliert einzuordnen.
- Residual-Income-Modelle: Berücksichtigen neben Fremdkapital auch die Eigenkapitalkosten.
Warum führen selbst erfahrene Investoren zu unterschiedlichen Bewertungen?
Jeder Investor hat eigene Zukunftserwartungen und Einschätzungen zu Markttrends, Risiken oder Wettbewerbsumfeld. Außerdem werden verschiedene Diskontsätze (z. B. 8 %, 10 % oder 12 %) angewendet, was zu teils stark abweichenden Ergebnissen führt.
Ist ein hohes KGV automatisch schlecht?
Nicht unbedingt. Ein hohes Kurs-Gewinn-Verhältnis kann auf starkes Wachstum und hohe Profitabilität hinweisen. Wenn das Unternehmen die Erwartungen erfüllen (oder übertreffen) kann, ist auch ein scheinbar „hohes“ KGV gerechtfertigt.
Warum kann eine Aktie trotz niedrigem KGV ein Reinfall sein?
Liegt das KGV niedrig, kann das zwei Gründe haben:
- Das Unternehmen ist wirklich unterbewertet.
- Das Unternehmen hat fundamentale Probleme (z. B. schlechte Wettbewerbsaussichten), weshalb der Markt nicht an nachhaltiges Wachstum glaubt.
Was ist der Vorteil eines Residual-Income-Ansatzes?
Dieser Ansatz berücksichtigt, dass Aktionäre eine gewisse Mindestverzinsung (Cost of Equity) erwarten. Wenn ein Unternehmen zwar Gewinne erwirtschaftet, aber nicht genug, um die Eigenkapitalkosten zu decken, kann der Aktienkurs langfristig in den Keller rutschen – auch bei scheinbar guten Kennzahlen.
Wann ist das Dividend Discount Model (DDM) sinnvoll?
Das DDM eignet sich bei Unternehmen, die verlässlich und langfristig Dividenden auszahlen. Insbesondere bei etablierten Firmen (z. B. Versorger, Konsumgüter) kann es eine gute Ergänzung oder sogar Hauptgrundlage für deine Bewertung sein. Bei Unternehmen, die entweder keine oder sehr variable Dividenden zahlen, ist das Modell weniger aussagekräftig.
Sollte ich mich nur auf ein Bewertungsmodell verlassen?
Nein, besser nicht. Jedes Modell hat Stärken und Schwächen. Erfahrene Anleger verwenden meist eine Kombination (z. B. DCF für detaillierte Cashflow-Analysen und KGV-Vergleich für den schnellen Marktblick). So bekommst du ein runderes Bild.
Was tun, wenn meine Berechnungen deutlich vom Marktpreis abweichen?
Wenn du stark vom aktuellen Kurs abweichst, könnte das ein Hinweis auf eine Chance oder auch auf einen Fehler in deinen Annahmen sein. Prüfe noch einmal deine Inputs (z. B. Wachstumsrate, Diskontsatz). Und bedenke: Nur weil du einen bestimmten inneren Wert ermittelst, heißt das nicht, dass der Markt ihn zeitnah anerkennt.
Wie gehe ich mit Unsicherheit um?
Auch Profis kalkulieren sich einen „Sicherheitsabschlag“ – bekannt als Margin of Safety. Angenommen, deine Bewertung ergibt 100 Euro pro Aktie, du kaufst aber nur, wenn der Kurs unter 70 Euro liegt. So hat deine Prognose genügend „Luft“, falls du mit den Schätzungen zu optimistisch warst.
Warum ist der innere Wert trotzdem so wichtig?
Er gibt dir einen Orientierungsrahmen. Ohne eine Vorstellung vom tatsächlichen Wert eines Unternehmens besteht die Gefahr, dass du nur auf Trends oder Bauchgefühl hörst. Ein strukturierter Bewertungsansatz kann dir mehr Sicherheit und Disziplin beim Investieren geben.
Kann der innere Wert sich ändern?
Natürlich. Sobald neue Informationen auftauchen (z. B. Zahlen zum Umsatz, neue Produkte, Konkurrenzentwicklung), sind deine alten Schätzungen womöglich veraltet. Dann passt du deine Modelle an und erhältst einen neuen „Fair Value“.
Heißt ein hoher innerer Wert automatisch, dass der Kurs bald steigt?
Nicht unbedingt. Die Börse folgt nicht immer sofort deiner Logik. Es gibt oft Emotionen, Sentiment und externe Faktoren wie Zinsen oder geopolitische Ereignisse, die Kurse beeinflussen können. Geduld spielt eine riesige Rolle.
Kann ich den inneren Wert auch für andere Anlageklassen nutzen?
Das Grundprinzip lässt sich übertragen, zum Beispiel auf Anleihen oder Immobilien. Überall, wo zukünftige Zahlungsströme im Spiel sind, kannst du diese abdiskontieren und einen „inneren Wert“ ermitteln. Im Optionshandel gibt es ebenfalls den Begriff „intrinsischer Wert“, aber der ist dort ganz konkret definiert (aktueller Marktpreis minus Strike).
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