Die Earnings Yield (auf Deutsch auch „Gewinnrendite“ genannt) ist eine Kennzahl, die aufzeigt, wie viel Gewinn ein Unternehmen im Verhältnis zum aktuellen Aktienkurs erwirtschaftet. Einfach gesagt: Sie gibt dir als Anleger eine Prozentzahl an die Hand, die verrät, welchen „Gewinnanteil“ du für jeden investierten Euro bekommst. Das ist besonders praktisch, wenn du schnell prüfen willst, ob eine Aktie im Vergleich zu ihrem Preis ausreichend Renditepotenzial bietet.
Wie wird die Earnings Yield berechnet?
Die Formel ist erfreulich simpel. Üblicherweise nutzt man die Earnings Yield pro Aktie:
Earnings Yield = (Gewinn pro Aktie (EPS) / Aktienkurs) × 100
Manchmal betrachten Analysten aber lieber das gesamte Unternehmen statt nur den Gewinn pro Aktie. Dann rechnet man:
Earnings Yield = (Nettogewinn / Marktkapitalisierung) × 100
Am Ende kommt in beiden Fällen eine Prozentzahl heraus. Eine höhere Prozentzahl bedeutet: Du bekommst (verhältnismäßig) mehr Gewinn pro Euro, den du in die Aktie steckst.
Warum ist die Earnings Yield wichtig?
Aktienbewertung
Eine hohe Earnings Yield (Gewinnrendite) kann darauf hindeuten, dass eine Aktie im Vergleich zu ihrem Gewinn eher günstig zu haben ist. Umgekehrt kann eine niedrige Gewinnrendite signalisieren, dass die Aktie relativ teuer bewertet ist.
Vergleich mit Anleihen
Mag dir auf den ersten Blick seltsam erscheinen, aber die Earnings Yield lässt sich prima mit Anleiherenditen vergleichen. Wenn die Rendite einer Staatsanleihe bei 2 % liegt und eine Aktie bei 6 % Earnings Yield steht, könntest du im Grunde mehr Ertrag aus der Aktie ziehen – allerdings auch bei höherem Risiko.
Erwartete Rendite
Die Earnings Yield gibt dir ein Gefühl dafür, wie viel Prozent Rendite du rein rechnerisch aus deiner Investition bekommen könntest. Ein Wert von 5 % bedeutet, dass du theoretisch 5 % deines Einsatzes als Gewinn erwartest – vorausgesetzt, alle anderen Faktoren bleiben konstant (was in der Praxis natürlich selten der Fall ist).
Schutz vor Inflation
Ein Blick auf die Earnings Yield kann dir helfen, die Kaufkraft deines investierten Geldes zu erhalten. Bei hoher Inflation wird eine höhere Gewinnrendite wichtig, damit deine Rendite nicht durch steigende Preise aufgefressen wird.
Wie interpretiert man die Earnings Yield?
Hohe Earnings Yield: Könnte heißen, dass die Aktie günstig bewertet ist und damit Potenzial für Wachstum hat. Oder aber, dass das Unternehmen gerade in einer Krise steckt und der Kurs stark gefallen ist. Du solltest also immer auch andere Kennzahlen checken.
Niedrige Earnings Yield: Möglicher Hinweis darauf, dass eine Aktie teuer ist oder dass Investoren extrem hohe Wachstumschancen erwarten, was bereits im Preis enthalten sein kann. Auch hier gilt: Nur in Kombination mit weiteren Analysen (z. B. Bilanz, Zukunftsaussichten) sinnvoll interpretierbar.
Meist lohnt es sich, die Earnings Yield im Kontext zu betrachten, zum Beispiel im Vergleich zum Branchendurchschnitt oder zum allgemeinen Markt. So siehst du schnell, ob ein Unternehmen eher unter- oder überbewertet scheint.
Wo findet die Earnings Yield Anwendung?
- Value Investing
Investoren, die gezielt nach „unterbewerteten“ Aktien suchen, achten oft auf eine hohe Gewinnrendite. Sie erhoffen sich dadurch ein Schnäppchen, das vom Markt noch nicht richtig eingeschätzt wird.
- Renditevergleich mit Anleihen
Gerade in Zeiten niedriger Zinsen schauen viele, ob Aktien nicht eine bessere Rendite liefern als festverzinsliche Wertpapiere. Die Earnings Yield erleichtert diesen Vergleich, indem sie Aktienrendite (in %) den Anleiherenditen (ebenfalls in %) gegenüberstellt.
- Balance zwischen Wachstum und Stabilität
Wer ein ausgewogenes Portfolio anstrebt, kann über die Earnings Yield abschätzen, ob der erwartete Gewinn des Unternehmens hoch genug ist, um den Preis zu rechtfertigen – besonders im Vergleich zu anderen „solideren“ Anlagemöglichkeiten.
Earnings Yield vs. Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV)
Die Earnings Yield ist eng verwandt mit dem KGV (Kurs-Gewinn-Verhältnis), das du wahrscheinlich schon kennst. Beim KGV teilst du den Aktienkurs durch den Gewinn pro Aktie. Eine niedrige Zahl bedeutet, dass der Aktienpreis im Verhältnis zum Gewinn eher günstig ist.
- Earnings Yield = 1 / KGV
- KGV = 1 / Earnings Yield
Haben wir zum Beispiel ein KGV von 20, entspricht das einer Earnings Yield von 5 %. In der Praxis verwenden viele Investoren das KGV als Hauptkennzahl, aber die Gewinnrendite kann besonders hilfreich sein, wenn du Aktien mit Anleiherenditen vergleichen willst – schließlich hast du dann immer „Prozentwerte“ für beide Anlageklassen.
Wie nutze ich die Earnings Yield in meiner Analyse?
Aktien gegen Anleihen abwägen
Wenn Staatsanleihen gerade mickrige Renditen abwerfen und eine Aktie eine hohe Gewinnrendite hat, kann das ein starkes Argument für die Aktie sein – vorausgesetzt, du bist bereit, das höhere Risiko zu akzeptieren.
Branchenvergleiche
Schau dir an, was im Branchendurchschnitt normal ist. Hat ein Automobilhersteller typischerweise eine Gewinnrendite von 8 %, während ein anderes Unternehmen im gleichen Sektor bei 12 % liegt? Dann könnte Letzteres günstig bewertet oder schlicht profitabler sein.
Markttrends erkennen
Wenn die durchschnittliche Earnings Yield am gesamten Markt plötzlich sinkt, kann das ein Zeichen für Überbewertungen sein (die Kurse steigen stärker als die Gewinne). Steigt die Gewinnrendite, könnten sich günstige Einstiegsgelegenheiten eröffnen – oder es handelt sich um einen allgemeinen Abschwung, in dem die Kurse schnell fallen.
Grenzen der Earnings Yield
- Unterschiedliche Branchen
Nicht alle Wirtschaftszweige haben denselben Kapitalbedarf. Softwarefirmen kommen oft mit weniger Investitionen aus als Energieunternehmen. Ein bloßer Zahlenvergleich kann daher trügen.
- Kurzfristige Kursschwankungen
Aktienkurse können stark schwanken, während die Gewinne mehr oder weniger konstant bleiben (oder umgekehrt). Das kann die Earnings Yield kurzfristig in die Höhe oder Tiefe treiben, ohne die wahre Lage des Unternehmens zu spiegeln.
- Keine Aussage über Zukunftsaussichten
Auch wenn ein Unternehmen gerade eine tolle Gewinnrendite hat, kann sich das rasch ändern, wenn neue Wettbewerber auf den Markt drängen oder sich die Konjunktur dreht. Die Earnings Yield ist eine Momentaufnahme – für ein Gesamtkonzept musst du weitere Kennzahlen wie Free Cashflow, Verschuldungsgrad und Wachstumsprognosen berücksichtigen.
Wie finde ich die Earnings Yield am schnellsten?
Finanzplattformen wie InvestingPro bieten umfassende Daten zur Earnings Yield, inklusive Vergleichswerte für Branchen und Wettbewerber. Das ist besonders praktisch, wenn du eine schnelle Gegenüberstellung verschiedener Aktien brauchst.
Tipp: InvestingPro bietet dir:
- Sofortigen Zugriff auf Earnings Yield-Daten
- Über 1.200 weitere Finanzkennzahlen
- Tools für den Wettbewerbsvergleich
- 14+ erprobte Modelle zur Aktienbewertung
Häufige Fragen zur Earnings Yield
1. Was ist eine „gute“ Earnings Yield?
Eine pauschale Zahl gibt es nicht. Oft gilt: Liegt sie über dem aktuellen Zinsniveau für Staatsanleihen oder über dem Markt- bzw. Branchen-Durchschnitt, könnte das ein gutes Zeichen sein.
2. Wie oft sollte ich die Earnings Yield berechnen?
Meist wird sie jährlich oder quartalsweise bestimmt, parallel zur Veröffentlichung von Bilanzen. Bei großen Marktschwankungen lohnt sich aber auch zwischendurch ein Blick.
3. Ist Earnings Yield dasselbe wie Dividend Yield?
Nein, bei der Earnings Yield geht es um den erwirtschafteten Gewinn, während die Dividendenausschüttung nur den Teil davon widerspiegelt, den das Unternehmen tatsächlich an die Aktionäre verteilt. Einige Firmen zahlen gar keine Dividende, obwohl sie hohe Gewinne machen (z. B. weil sie stattdessen investieren oder Schulden abbauen).
4. Kann eine Earnings Yield negativ sein?
Ja, wenn das Unternehmen Verluste schreibt, ist das ein Hinweis darauf, dass es entweder in einer tiefen Krise steckt oder sich noch in einer frühen Wachstumsphase befindet und viel investiert.
5. Wie hilft Earnings Yield bei der Diversifizierung?
Sie ermöglicht dir einen schnellen Renditevergleich zwischen Aktien und Anleihen. So kannst du besser einschätzen, welcher Anteil deines Portfolios wie viel Rendite (und Risiko) mitbringt.
Schlusswort
Die Earnings Yield ist eine starke Kennzahl, um schnell festzustellen, ob du bei einer Aktie im Verhältnis zum Preis einen anständigen Gegenwert in Form von Unternehmensgewinnen bekommst. Sie hilft dir sowohl beim Vergleich mit Anleiherenditen als auch bei der Beurteilung einer Aktie innerhalb ihrer Branche. Trotzdem gilt: Die Earnings Yield ist nur ein Teil des Puzzles. Für wirklich fundierte Entscheidungen solltest du sie immer zusammen mit weiteren Kennzahlen und Analysen verwenden.