Der Altman Z-Score ist ein Finanzmodell, das Investoren, Analysten und Kreditgebern dabei hilft einzuschätzen, ob ein Unternehmen in den nächsten zwei Jahren womöglich in die Insolvenz rutscht. Entwickelt wurde dieser Score von Edward Altman im Jahr 1968, um anhand verschiedener Finanzkennzahlen (vor allem aus der Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung) einen schnellen Blick auf die finanzielle Gesundheit eines Unternehmens zu werfen.
Ursprünglich wurde das Modell speziell für börsennotierte Produktionsunternehmen (Manufacturing) konzipiert. Mittlerweile gibt es jedoch angepasste Varianten für andere Sektoren – zum Beispiel für Dienstleister oder private Firmen.
Wie berechnet sich der Altman Z-Score?
Beim klassischen Z-Score für börsennotierte Produktionsunternehmen werden fünf zentrale Kennzahlen mit unterschiedlichen Gewichtungen zu einer Punktzahl kombiniert:
Z = 1,2 × A + 1,4 × B + 3,3 × C + 0,6 × D + 1,0 × E
- A = Umlaufvermögen / Gesamtvermögen (Working Capital / Total Assets)
Zeigt an, wie gut das Unternehmen kurzfristige Verbindlichkeiten mit seinem Umlaufvermögen decken kann.
- B = Gewinnrücklagen / Gesamtvermögen (Retained Earnings / Total Assets)
Spiegelt wider, wie viel des Gesamtvermögens aus erwirtschafteten Gewinnen (anstatt aus Fremdkapital) stammt.
- C = EBIT / Gesamtvermögen (Earnings Before Interest and Taxes / Total Assets)
Misst die Profitabilität: Wie effizient setzt das Unternehmen seine Vermögenswerte ein, um Erträge zu erwirtschaften?
- D = Marktwert des Eigenkapitals / Gesamtschulden (Market Value of Equity / Total Liabilities)
Ein Hinweis auf die Kapitalstruktur und das Vertrauen des Marktes – also, wie stark das Unternehmen bewertet ist, verglichen mit seinen Verbindlichkeiten.
- E = Umsatz / Gesamtvermögen (Sales / Total Assets)
Zeigt, wie viel Umsatz pro investiertem Vermögenswert generiert wird; also ein Maß für die operative Effizienz.
Merke: Je höher der Z-Score, desto geringer ist das Insolvenzrisiko.
Warum ist der Altman Z-Score wichtig?
Frühe Warnsignale: Er dient als eine Art „Frühwarnsystem“, das auf finanzielle Probleme hinweisen kann, bevor sie für jedermann offensichtlich werden.
Kreditentscheidungen: Banken und andere Kreditgeber nutzen den Z-Score, um zu entscheiden, ob sie einem Unternehmen Geld leihen (oder die Konditionen verschärfen).
Investoren und Analysten: Wer in Aktien oder Anleihen investiert, will wissen, wie stabil ein Unternehmen dasteht. Der Z-Score bietet hier einen schnellen Reality-Check.
Risikomanagement: Auch Unternehmen selbst behalten ihren Score im Auge, um Finanzierungs- und Investitionsentscheidungen vorausschauend zu treffen.
Wie interpretiert man den Altman Z-Score?
Die klassische Interpretation unterteilt den Score in drei Kategorien:
- Z > 2,99: Wahrscheinlich solide aufgestellt; ein eher geringes Risiko, kurz- oder mittelfristig Pleite zu gehen.
- 1,81 < Z < 2,99: Die sogenannte „Grauzone“. Hier besteht ein erhöhtes, aber noch nicht akutes Risiko. Es kann sich aber auch um ein Unternehmen handeln, das zwar kriselt, jedoch noch Zeit hat, gegenzusteuern.
- Z < 1,81: Akute Gefahr. Das Unternehmen ist vermutlich stark verschuldet und/oder wenig profitabel. Hohe Wahrscheinlichkeit, dass es innerhalb von zwei Jahren in finanzielle Schieflage gerät.
Kurz gesagt: Ein niedriger Z-Score stellt ein hohes Insolvenzrisiko dar – ein hoher Score deutet auf finanzielle Gesundheit hin.
Die 5 zentralen Kennzahlen im Z-Score
Edward Altman hat diese Kennzahlen bewusst gewählt, da sie verschiedene Facetten der Unternehmensfinanzierung abdecken. Wer verstehen will, was hinter jeder Zahl steckt, findet hier die Kurzbeschreibung:
Working Capital / Total Assets (A)
Was sagt die Kennzahl? Ob die kurzfristigen Vermögenswerte (z. B. Kasse, Forderungen, Vorräte) hoch genug sind, um kurzfristige Schulden zu decken.
Warum wichtig? Ein positives Umlaufvermögen verringert das Risiko, wichtige Rechnungen nicht bezahlen zu können.
Retained Earnings / Total Assets (B)
Was sagt die Kennzahl? Wie viel des Gesamtvermögens wurde durch einbehaltene Gewinne finanziert und nicht durch Kredite oder neues Eigenkapital.
Warum wichtig? Eine hohe Quote zeugt von finanzieller Stabilität und langjähriger Profitabilität.
EBIT / Total Assets (C)
Was sagt die Kennzahl? Wie effizient das Unternehmen seine Vermögenswerte nutzt, um Gewinne (vor Zinsen und Steuern) zu erzeugen.
Warum wichtig? Je höher das EBIT im Verhältnis zu den Vermögenswerten, desto profitabler arbeitet das Unternehmen.
Market Value of Equity / Total Liabilities (D)
Was sagt die Kennzahl? Inwieweit übersteigt der Marktwert des Eigenkapitals die gesamten Verbindlichkeiten.
Warum wichtig? Sinkt der Börsenkurs oder ist das Unternehmen übermäßig verschuldet, verschlechtert sich dieses Verhältnis rasch.
Sales / Total Assets (E)
Was sagt die Kennzahl? Wie viel Umsatz je Dollar (oder Euro) des Gesamtvermögens erzielt wird.
Warum wichtig? Ein hoher Wert spricht für starke Umsätze und eine effiziente Nutzung der Ressourcen.
Grenzen und Nachteile des Altman Z-Score
So hilfreich der Score auch sein mag, er ist kein Allheilmittel. Hier ein paar Punkte, die du im Kopf behalten solltest:
Manipulierte Buchführung
Der Z-Score basiert auf Bilanzwerten und GuV-Zahlen. Wenn das Management trickst (Stichwort „Bilanzkosmetik“), kann der Score zu optimistisch oder zu pessimistisch ausfallen.
Nicht geeignet für alle Unternehmen
Junge Firmen oder Start-ups: Möglicherweise haben sie noch keine oder nur wenige Gewinne, wodurch der Score verzerrt werden kann.
Bestimmte Branchen: Unternehmen aus dem Einzelhandel oder Gastronomie arbeiten oft mit negativen Working Capital. Das ist aber nicht automatisch schlecht – und kann das Ergebnis verfälschen.
Cashflow wird nicht direkt berücksichtigt
Zwar gibt es einen Hinweis auf Liquidität durch das Working Capital, doch tatsächliche Cashflows, Zahlungsströme und saisonale Schwankungen fließen nicht explizit ein.
Einmaleffekte
Write-offs oder andere Sonderbelastungen können den Score kurzfristig verschlechtern, auch wenn das Unternehmen grundsätzlich auf solidem Fundament steht.
Eigenheiten verschiedener Sektoren
Produktionsunternehmen, Banken, Immobilienfirmen – alle haben unterschiedliche Geschäftsmodelle, die den Score mehr oder weniger nützlich machen. Deshalb gibt es inzwischen diverse Varianten (z. B. für nicht-börsennotierte Firmen).
Fazit: Der Altman Z-Score ist ein hervorragendes Werkzeug, darf aber nicht isoliert betrachtet werden. Wer einen stark fallenden Score sieht, sollte genauer hinschauen, statt sofort Panik zu schieben.
Wo finde ich den Altman Z-Score?
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Häufige Fragen zum Altman Z-Score
1. Wer nutzt den Altman Z-Score?
Vor allem Investoren, Analysten, Rating-Agenturen und Kreditgeber, um das Ausfallrisiko einer Firma einzuschätzen.
2. Kann man den Z-Score auf alle Unternehmen anwenden?
Ursprünglich wurde er für börsennotierte Produktionsfirmen entwickelt. Es gibt jedoch angepasste Modelle für andere Branchen und Privatunternehmen. Trotzdem gilt: Je nach Geschäftsmodell kann der Score weniger aussagekräftig sein.
3. Wie verlässlich ist der Score?
Studien zufolge liegt die Trefferquote bei ungefähr 80–90 %, was ziemlich hoch ist. Allerdings hängt die Genauigkeit stark von der jeweiligen Branche und der Wirtschaftsphase ab.
4. Gilt der Z-Score nur in Krisenzeiten?
Nein, er ist generell nützlich. Selbst in boomenden Märkten kann er verraten, ob ein Unternehmen solide finanziert ist oder in Wahrheit kurz vor dem Aus steht.
Schlusswort
Alles in allem ist der Altman Z-Score ein solides Werkzeug, wenn du die Insolvenzgefahr eines Unternehmens einschätzen willst. Aber wie bei jeder Kennzahl gilt: Sie ist nur ein Mosaikstein im großen Puzzle der Unternehmensbewertung. Achte daher unbedingt auch auf andere Faktoren wie Cashflow, Margen, Marktposition und Branchentrends, um dir ein umfassendes Bild von der finanziellen Lage zu machen.