Multiple Expansion bei Aktien ist ein Begriff, den du in unzähligen Börsenberichten oder Analystenkommentaren findest – oft verbunden mit starken Kursgewinnen und großen Renditechancen. Trotzdem bleibt häufig unklar, was genau dahintersteckt, wann dieser Effekt auftritt und warum er manchmal zu explosiven Kursbewegungen führt. Wenn wir tiefer graben, stellen wir fest: Eine Multiple Expansion ist weder reiner Zufall noch ein Garant für langfristigen Erfolg. In diesem Artikel blicken wir in etwas in die Unternehmensbewertung, beleuchten die wichtigsten Treiber hinter einer Multiple Expansion und gehen auf Risiken und Chancen gleichermaßen ein.

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Was ist Multiple Expansion?
Unter Multiple Expansion versteht man, vereinfacht gesagt, den Effekt, dass Investoren bereit sind, für jeden Euro Gewinn (oder Umsatz, Cashflow oder eine andere betriebswirtschaftliche Bezugsgröße) eines Unternehmens mehr zu zahlen als früher. Dieser „Preis pro Einheit“ wird in der Regel über sogenannte Multiples (Bewertungskennzahlen) ausgedrückt – z. B. das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV), das Kurs-Umsatz-Verhältnis (KUV) oder das Kurs-Buchwert-Verhältnis (KBV).
- KGV (Kurs-Gewinn-Verhältnis): Zeigt an, das Wievielfache des Nettogewinns die Aktie kostet.
- KUV (Kurs-Umsatz-Verhältnis): Misst den Börsenwert im Vergleich zum erzielten Umsatz.
- KBV (Kurs-Buchwert-Verhältnis): Setzt die Marktkapitalisierung in Relation zum bilanziellen Eigenkapital (Buchwert).
Steigt eines dieser Verhältnisse bei einem Unternehmen von Jahr zu Jahr oder sogar sprunghaft an, spricht man von einer Expansion des entsprechenden Multiples. Das Resultat: Die Aktie wird teurer, ohne dass der Gewinn (oder Umsatz, etc.) zwangsläufig im selben Maße wächst.
Reines Bewertungsphänomen?
Oft wird Multiple Expansion als reines „Marktphänomen“ gesehen, also als Stimmungsindikator. Tatsächlich kann aber auch eine echte Verbesserung des Geschäftsmodells – zum Beispiel durch nachhaltiges Gewinnwachstum oder steigende Margen – in eine höhere Bewertung münden. Manchmal überschlagen sich diese Effekte, wenn sowohl der Gewinn als auch das Multiple gleichzeitig steigen. In anderen Fällen basiert eine Multiple Expansion fast ausschließlich auf Erwartungen, Hypes oder einem geänderten Zinsumfeld. Als Anleger lohnt es sich also, ganz genau hinzuschauen.
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Warum zahlen Investoren mehr für dasselbe Unternehmen?
Zukunftsfantasie
Ein wesentliches Motiv ist die Zukunftsfantasie. Wenn der Markt an starkes zukünftiges Wachstum glaubt, akzeptieren Investoren höhere Bewertungsniveaus. Das kann durch neue Technologien, innovative Geschäftsmodelle oder externe Einflussfaktoren entstehen. Ein gutes Beispiel war in den letzten Jahren der E-Commerce-Sektor: Unternehmen wie Amazon wuchsen (und wachsen) teils rasant. Dabei war über lange Zeit nicht der aktuelle Gewinn der Motor, sondern das Potenzial, eines Tages mit gewaltigen Marktanteilen sehr hohe Gewinne zu erzielen. In der Folge wurde Amazon über viele Jahre mit einem deutlich höheren KGV bewertet als klassische Einzelhändler.
Niedrige Zinsen und Geldschwemme
Ein anderer großer Treiber ist das Zinsniveau. Sind die Leitzinsen niedrig, wirken Aktien im Vergleich zu Anleihen oder dem Geldmarkt attraktiver. Anleger sind dann eher geneigt, höhere Multiples in Kauf zu nehmen – einfach weil die Alternative, etwa sichere Staatsanleihen, kaum Rendite abwirft. Bestes Beispiel: Nach der Finanzkrise ab 2008 fluteten Notenbanken wie die Federal Reserve (Fed) oder die Europäische Zentralbank (EZB) die Märkte mit Geld und hielten die Zinsen künstlich niedrig. Infolgedessen stiegen die Bewertungen (Multiples) an den Börsen vieler Industrieländer zum Teil kräftig an.
Sobald die Zinsen wieder steigen, kann das zu einer Multiple Contraction (Rückgang der Multiples) führen, weil Anleihen dann attraktiver werden und Anleger weniger bereit sind, hohe Bewertungen zu zahlen. Diesen Effekt haben wir ab 2022/2023 gesehen, als die Notenbanken die Zinswende einleiteten.
Branchenhypes
Immer wieder erleben wir Branchenhypes: Wer erinnert sich nicht an die Dotcom-Ära (späte 1990er)? Damals genügten die Worte „Internet“ oder „Online“, um Kursfantasien in ungeahnte Höhen zu treiben. Ähnliches sahen wir später beim Thema „Cloud Computing“, bei Elektroautos oder kürzlich bei Künstlicher Intelligenz (KI). Hypes können sich in exzessiven Kurssteigerungen äußern, was wiederum die Bewertungsmultiples in Regionen treibt, die objektiv schwer zu rechtfertigen sind. Die Börsenpsychologie spielt hier eine enorme Rolle: Sobald eine Story im Markt so richtig verfängt, breitet sich mitunter eine regelrechte Kaufpanik aus, die Multiples innerhalb kürzester Zeit vervielfachen kann.
Effizienzsteigerungen und Margenwachstum
Eine Multiple Expansion kann allerdings auch auf verbesserte Fundamentaldaten zurückgehen:
- Höhere Gewinnmargen,
- Bessere Kostenstrukturen,
- Weniger Kapitalbindung durch schlanke Prozesse,
- Höhere Preissetzungsmacht dank starker Markenposition.
Wenn Unternehmen beweisen, dass sie ihre Profitabilität auf lange Sicht erhöhen können, honoriert der Markt diese gesteigerte Renditeerwartung oft mit einem höheren Multiple – im Sinne von: „Für jeden Euro Gewinn zahle ich gern mehr, weil dieser Gewinn besonders stabil oder wahrscheinlich weiter steigend ist.“
Unterschiedliche Arten von Multiples
Obwohl in den Medien häufig das KGV im Vordergrund steht, solltest du wissen, dass es viele weitere Multiples gibt, die allesamt unterschiedliche Aspekte beleuchten.
Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV)
- Zeigt, mit dem Wievielfachen des erwarteten oder vergangenen Nettogewinns eine Aktie bewertet wird.
- Trailing KGV: Schaut auf die vergangenen 12 Monate.
- Forward KGV: Nimmt die Analystenschätzung für die kommenden 12 Monate als Basis.
Kurs-Umsatz-Verhältnis (KUV)
- Nimmt den Umsatz statt des Gewinns in den Blick.
- Ist vor allem bei Wachstumsfirmen beliebt, die (noch) keinen Gewinn erzielen, aber stark steigende Umsätze verzeichnen.
- Eignet sich gut, um junge oder zyklische Unternehmen zu vergleichen, deren Gewinne noch stark schwanken.
Kurs-Buchwert-Verhältnis (KBV)
- Vergleicht den Marktwert mit dem bilanzierten Eigenkapital.
- Besonders relevant bei Banken und Versicherern oder stark kapitalintensiven Betrieben (z. B. Chemie, Stahl, Versorger).
EV/EBITDA (Enterprise Value / EBITDA)
- Schaut auf den Unternehmenswert (Market Cap + Netto-Schulden) im Verhältnis zum Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen.
- Gilt als beliebte Kennzahl für Übernahmen oder Vergleiche von Unternehmen mit unterschiedlicher Kapitalstruktur.
Ein Multiple kann also auf ganz unterschiedlichen Fundamentaldaten basieren. Steigt es bei mehreren Kennzahlen parallel, spricht man oft von einer generellen Neubewertung oder einem Boom in einem bestimmten Sektor.
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Praxisbeispiel für Multiple Expansion
Fiktives Beispiel
Stell dir das Unternehmen GreenSolar vor, das Solarmodule herstellt. GreenSolar erzielt pro Jahr einen Gewinn von 10 Millionen Euro und hat ein KGV von 10. Die Marktkapitalisierung beträgt also 100 Millionen Euro. Plötzlich kündigt GreenSolar an, es habe eine neue Technologie entwickelt, die Solarmodule um 25 % effizienter macht. Die Gewinnprognosen steigen, Analysten heben Kursziele an, und die Nachfrage nach den Aktien zieht rasant an. Der Markt ist jetzt bereit, ein KGV von 15 zu zahlen. Dadurch klettert die Marktkapitalisierung auf 150 Millionen Euro – ohne dass der Gewinn tatsächlich schon gestiegen ist. Und wenn sich in den kommenden Jahren der Gewinn noch real steigert (z. B. auf 15 Millionen Euro) und das KGV weiter bei 15 bleibt, würde die Market Cap sogar 225 Millionen Euro erreichen. Solche Szenarien sind nicht unüblich und zeigen die kombinierte Kraft von Gewinnwachstum plus Multiple Expansion.
Reales Beispiel: Tech-Giganten
Ein reales Musterbeispiel für Multiple Expansion lieferte Tesla in den letzten Jahren. Jahrelang wurde das Unternehmen als überteuert gescholten, denn das KGV war astronomisch hoch. Die Aktie stieg dennoch immer weiter – die Börse honorierte die Vision von Elon Musk, den Markt für E-Mobilität zu dominieren. Obwohl Tesla zu Beginn kaum Gewinne schrieb, war die Zukunftshoffnung so groß, dass das KGV zeitweise in (vermeintlich) absurde Höhen ging. Mit steigenden Produktionszahlen und echten Erträgen konnte Tesla dann einen Teil dieser hohen Bewertung rechtfertigen – wenn auch nicht immer lückenlos.

Chancen und Risiken einer Multiple Expansion
Chancen
- Hebeleffekt: Wenn der Gewinn des Unternehmens (oder eine andere betriebswirtschaftliche Bezugsgröße) steigt und das Multiple zusätzlich expandiert, verstärkt sich der Kursanstieg enorm.
- Euphorie nutzen: Wer früh in ein Unternehmen investiert, das plötzlich zum Trendsetter wird oder ein neues, profitables Geschäftsfeld erschließt, kann von einer Multiple Expansion stark profitieren.
- Höheres Bewertungsniveau: Ein stabiles, höheres Multiple kann nachhaltig sein, etwa wenn ein Unternehmen überlegene Technologien oder eine dominante Marktstellung besitzt. So werden selbst konservative Anleger oft bereit, mehr zu zahlen.
Risiken
- Crashgefahr: Sobald die zugrunde liegenden Erwartungen nicht erfüllt werden, kommt es zu teils massiven Kursrückgängen. Wenn ein Unternehmen lange Zeit nur von der Hoffnung auf die Zukunft lebt, reichen schon kleinere Enttäuschungen, damit die Bewertung in sich zusammenfällt (Dotcom-Blase, Nikola).
- Zinswende: Steigende Zinsen führen tendenziell zu fallenden Multiples, weil die Abzinsung zukünftiger Cashflows ungünstiger wird und Anleihen eine Alternative darstellen.
- Hohe Volatilität: Aktien, die starke Multiple-Expansion-Phasen durchlaufen haben, schwanken oft stärker. Das macht sie für risikoaverse Anleger weniger attraktiv.
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Was beeinflusst die Nachhaltigkeit einer Multiple Expansion?
Die Glaubwürdigkeit der Wachstumsstory
Vieles steht und fällt mit der Frage, ob das erwartete Wachstum tatsächlich eintritt. Wenn zum Beispiel ein Software-Unternehmen behauptet, es könne seine Umsätze fünf Jahre lang um 50 % jährlich steigern, lohnt sich ein Blick in die Marktstruktur und den Wettbewerb. Ist das Marktpotenzial überhaupt groß genug? Verfügt das Management über die nötigen Skills? Hat die Firma genügend Kapital und Personal? Wer diese Aspekte realistisch einschätzt, erkennt oft früh, ob die Story Substanz hat oder eher heiße Luft ist.
Konkurrenzsituation und Burggräben
Ein Burggraben (Moat) bedeutet, dass ein Unternehmen sich effektiv gegen Wettbewerber verteidigen kann – sei es durch exklusive Lizenzen, Patente, hohe Kundenloyalität oder starke Marken. Firmen mit einem stabilen Burggraben sind häufig auch nachhaltig höher bewertet, weil die Ertragskraft als sicherer gilt. Kommt es jedoch zu „Burggraben-Lecks“ (zum Beispiel, wenn Patente ablaufen), schrumpft der Vorteil. Dann kann auch das Multiple schnell sinken.
Cashflow-Generierung vs. Aggressives Wachstum
Viele Wachstumsunternehmen generieren anfangs nur geringe oder gar negative Cashflows, weil sie massiv investieren. Das ist nicht grundsätzlich schlecht. Langfristig muss sich aber irgendwann Cashflow einstellen, damit der Markt das Unternehmen weiter hoch bewertet. Wenn in der Branche deutlich wird, dass der Weg zur Profitabilität sehr lang oder unwahrscheinlich ist, sinkt das Multiple zügig. Free Cash Flow (FCF) gewinnt daher bei reifen Wachstumsfirmen an Bedeutung. Wer sich nicht nur auf die Umsatz- oder Gewinnzahlen verlässt, sondern gezielt den FCF prüft, hat ein besseres Bild vom wahren Wert eines Unternehmens.
Makroökonomisches Umfeld
Ein günstiges makroökonomisches Umfeld (stabiles Wachstum, geringe Arbeitslosigkeit, investitionsfreudige Unternehmen) fördert in der Regel höhere Multiples. In Abschwung- oder Rezessionsphasen sind Investoren oft skeptischer, bewerten Risiken höher und zahlen weniger. Auch politische Einflüsse (Handelskonflikte, Regulierung, Steuergesetze) können die Nachhaltigkeit einer Multiple Expansion beeinflussen.
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Langfristiges Investieren und Multiple Expansion
Langfristig orientierte Anleger sollten Multiple Expansion nicht als alleinige Strategie sehen, sondern als möglichen Turbo, der zu fundamentalen Verbesserungen dazukommen kann. Das heißt:
- Setze auf solide Geschäftsmodelle, die auch ohne Bewertungsfantasien lohnend erscheinen.
- Achte auf echtes Gewinnwachstum und solide Cashflows.
- Prüfe den Burggraben (Wettbewerbsvorteile, Patente, Netzwerk-Effekte etc.).
- Betrachte die Verschuldung und ob das Unternehmen in der Lage ist, auch in schlechten Zeiten zu agieren.
Wenn ein Titel dann on top eine Multiple Expansion erfährt, steigert das deine Gesamtrendite erheblich. Umgekehrt gilt: Wenn die Substanz fehlt, kannst du schnell in eine Blase geraten, die platzt, sobald die Marktstimmung kippt.
Typische Fallen bei Multiple Expansion
„Nur weil es teuer ist, kann es nicht noch teurer werden.“
Anleger denken oft, ein hohes Multiple sei automatisch übertrieben. Tatsächlich können manche Unternehmen über Jahre hoch bewertet bleiben, wenn sie ihrem Wachstum gerecht werden. Bekannte Tech-Größen oder Marktführer in Nischen schaffen dies häufig (z.B. SaaS-Unternehmen).
„Einmal hohes Multiple, immer hohes Multiple.“
Das Gegenteil der ersten Falle: Nur weil ein Unternehmen lange Zeit hoch bewertet war, heißt das nicht, dass es so bleibt. Kleine Enttäuschungen können einen Kurssturz auslösen, insbesondere wenn die Bewertung auf Perfektion ausgelegt war.
Unterschätzung des Zinseffekts
Viele Investoren schauen nur auf Branchennews oder Firmenmeldungen. Eine abrupte Änderung der Geldpolitik kann das Kursniveau sehr schnell verändern. Gerade in Hochzinsphasen wird die Multiple Expansion gebremst.
Fehlendes Verständnis der Multiples
Nicht alle Multiples sind gleich aussagekräftig. Ein hohes KUV in einer Branche mit dünnen Margen kann problematisch sein. Umgekehrt kann ein vermeintlich hohes KGV relativ günstig sein, wenn das Gewinnwachstum extrem stark ist. Wichtig ist, das richtige Multiple für das Geschäftsmodell zu verwenden.
Vertiefung: Forward Multiples vs. Trailing Multiples
Oft hört man von Forward-KGV (oder Forward-EBITDA-Multiple), was bedeutet, dass man das Multiple basierend auf geschätzten künftigen Erträgen berechnet. Das hat Vor- und Nachteile:
- Vorteil: Forward-Multiples spiegeln die Erwartung des Marktes wider, was besser zu Wachstumsunternehmen passt.
- Nachteil: Wenn die Schätzungen zu optimistisch sind, kann das Forward-KGV den Eindruck erwecken, die Aktie sei „günstig“, obwohl sich die Gewinne später als illusorisch herausstellen.
Trailing-Multiples (basierend auf den letzten 12 Monaten) sind „härter“, weil sie auf realen Zahlen basieren, aber sie können vor allem bei hochdynamischen Unternehmen schnell veraltet sein.
Für einen Analysten ist es deshalb Standard, beide Perspektiven einzunehmen: Trailing zur Kontrolle, Forward zur Prognose. So kann man Abweichungen erkennen und prüfen, wie realistisch die Fortschreibungen sind.
Multiple Expansion in einer Rezession
Es mag kontraintuitiv klingen, aber manchmal kann es auch in einer Rezession zu einer Multiple Expansion kommen. Wie das? Stellen wir uns vor, ein Unternehmen ist relativ „rezessionsresistent“ – etwa im Bereich Basiskonsumgüter oder Gesundheitsdienstleistungen. Wenn alle anderen Unternehmen stark fallen, suchen Investoren Zuflucht in vermeintlich robusten Titeln. Das Angebot an solchen stabilen Aktien kann knapp werden, während die Nachfrage hoch ist. In diesem Fall steigt das Multiple für das „sichere“ Unternehmen, selbst wenn dessen Gewinn temporär stagniert. Ein anderes Beispiel sind Unternehmen, die in einer Krise eine Marktkonsolidierung betreiben und dadurch künftiges Wachstum sichern. Auch hier sieht der Markt Potenzial und zieht das Multiple nach oben.
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Schlusswort: Multiple Expansion als Chance mit Risiken
Multiple Expansion kann deine Rendite spektakulär in die Höhe treiben, ist aber zugleich ein zweischneidiges Schwert. Sobald die hochfliegenden Erwartungen oder das günstige Zinsumfeld wegbrechen, kann es schnell zu massiven Kurseinbrüchen kommen. Wer als Anleger langfristig orientiert ist, sollte darauf achten, dass ein Unternehmen auch fundamental überzeugt. Eine gesunde Mischung aus:
- Solidem Grundgeschäft,
- Möglichen Wachstumstreibern,
- Sinnvollem Verschuldungsgrad,
- Nachvollziehbarer Strategie,
- Und einer Bewertung, die nicht nur auf Hype basiert,
liefert oft den besten Schutz. Kommt dann eine Multiple Expansion hinzu, bekommst du einen „Gratis-Turbo“ für deine Performance. Doch verlasse dich nie blind darauf: Märkte können in beide Richtungen übertreiben.
FAQ – Häufig gestellte Fragen zur Multiple Expansion
1. Können Multiples ewig steigen?
Theoretisch kann ein Multiple sehr hoch gehen, wenn die Zukunftserwartungen extrem positiv sind (etwa in Tech-Booms). Praktisch stößt man irgendwann an Grenzen – sei es durch Zinsänderungen, Konkurrenz oder einfach die Erkenntnis, dass selbst das beste Geschäft nicht unendlich wachsen kann.
2. Wie erkenne ich, ob eine Multiple Expansion gerechtfertigt ist?
Indem du sowohl das Geschäftsmodell als auch die Rahmenbedingungen prüfst: Wie groß ist das Marktpotenzial? Wie hoch sind die Eintrittsbarrieren für Konkurrenten? Wie realistisch sind die Wachstumsprognosen? Verfehlte das Unternehmen in der Vergangenheit oft seine Ziele? Ein hoher Blick auf die Fundamentaldaten und das Wettbewerbsumfeld hilft, eine Einschätzung zu gewinnen.
3. Gibt es Branchen, in denen eine Multiple Expansion häufiger vorkommt?
Ja. Meist sind es Wachstumsbranchen wie Technologie, Biotech oder alternative Energien. Auch wenn sich ein etablierter Sektor in einem starken Wandel befindet (z. B. Automobilindustrie hin zur Elektromobilität), kann es zu starken Neubewertungen kommen.
4. Ist KGV die beste Kennzahl?
Nicht zwingend. Das KGV ist ein guter Ausgangspunkt, aber jedes Multiple hat Stärken und Schwächen. Bei jungen Firmen ohne Gewinne ist das KGV unbrauchbar; hier kann das KUV interessanter sein. Bei kapitalintensiven Unternehmen lohnt ein Blick auf EV/EBITDA. Die Wahl des richtigen Multiples hängt vom Geschäftsmodell und der Situation ab.
5. Wie gehe ich vor, wenn die Zinsen steigen?
Wenn du weißt, dass steigende Zinsen in der Regel negativen Druck auf hohe Multiples ausüben, solltest du insbesondere deine stark bewerteten Wachstumswerte kritisch hinterfragen. Vielleicht ist es an der Zeit, Gewinne mitzunehmen, wenn sich an der fundamentalen Lage nichts geändert hat, die Bewertung aber sehr hoch ist. Andererseits könnte ein Unternehmen mit großem Cashflow oder stabiler Dividende als sicherer Hafen dienen.
6. Können Dividendenaktien auch Multiple Expansion erleben?
Ja, durchaus. Wenn ein Unternehmen kontinuierlich Dividenden steigert und ein verlässliches Geschäftsmodell hat, sind manche Investoren bereit, höhere Preise zu zahlen. Dies sieht man zum Beispiel bei starken Marken im Konsumbereich (z. B. Nestlé, Coca-Cola), die manchmal zu höheren Kurs-Gewinn-Verhältnissen gehandelt werden als Firmen ohne Dividendenhistorie.
7. Was passiert, wenn sich ein Hype auflöst?
Fällt eine zentrale Story zusammen – z. B. weil eine vermeintlich bahnbrechende Technologie nicht marktreif wird – ziehen große Investorengruppen massenhaft Kapital ab. Das Multiple stürzt in sich zusammen, und der Kurs kann dramatisch fallen. Die Musik hört auf und der Kursrutsch kann heftiger sein, als man erwarten würde, weil im Hype oft viele kurzfristig orientierte Trader engagiert sind.
8. Was ist der größte Fehler, den man bei einer Multiple-Strategie machen kann?
Den Kontakt zur Realität zu verlieren. Wenn Anleger nur deshalb kaufen, weil „der Kurs steigen muss“, wird’s gefährlich. Eine gewissenhafte Prüfung, ob das zugrunde liegende Geschäftsmodell wirklich so tragfähig ist, macht den Unterschied zwischen kluger Wachstumsspekulation und blindem Zocken.
9. Wie kann man sich vor Fehlentscheidungen schützen?
- Mehrere Bewertungsmodelle heranziehen (KGV, KUV, EV/EBITDA etc.).
- Analystenprognosen mit Vorsicht interpretieren (manchmal sind sie zu rosig).
- Branchenvergleiche durchführen. Ist das Unternehmen durch irgendeinen Moat besonders gut aufgestellt?
- Schauen, ob das Management realistische Ziele setzt und in der Vergangenheit liefern konnte.
10. Kann eine Multiple Expansion langfristig anhalten?
Ja, wenn ein Unternehmen kontinuierlich in neue Märkte vordringt oder konsequent Gewinne steigert, kann das Bewertungsniveau hoch bleiben und sogar weiter zulegen. Paradebeispiele sind Konzerne wie Apple oder Microsoft, die über Jahrzehnte hinweg eine starke Innovationskraft bewiesen und dadurch relativ hohe Multiples rechtfertigen konnten.
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