Wenn Anleger nach regelmäßigen und stabilen Renditen suchen, schauen sie oft nur auf die Dividendenrendite. Doch das greift mitunter zu kurz. Unternehmen können Aktionären auf verschiedene Arten Kapital zurückgeben – über Dividenden, Aktienrückkäufe und Schuldenabbau. Shareholder Yield berücksichtigt all diese Komponenten und bietet damit ein umfassenderes Bild davon, wie stark ein Unternehmen seine Anleger tatsächlich am Gewinn beteiligt.
In diesem Artikel erfährst du,
- was genau hinter dem Begriff Shareholder Yield steckt,
- wie man ihn berechnet (inklusive konkretem Beispiel),
- wo mögliche Fallstricke liegen und
- warum Shareholder Yield mitunter aussagekräftiger ist als die reine Dividendenrendite.
Außerdem werfen wir einen Blick auf eine Liste von S&P 500-Unternehmen mit besonders hoher Shareholder Yield (basierend auf Daten aus dem Screener von InvestingPro).
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Shareholder Yield (SY) ist eine Kennzahl, die zeigt, in welchem Umfang ein Unternehmen Geld an seine Aktionäre zurückgibt – und zwar nicht nur über Dividenden, sondern auch über Aktienrückkäufe (Buybacks) und den Abbau von Schulden. Auf Deutsch könnte man den Begriff als „Rendite für Aktionäre“ bezeichnen, was ziemlich gut den Kern trifft.
Der Gedanke dahinter:
- Dividenden: Direkte Ausschüttungen an Aktionäre.
- Aktienrückkäufe: Unternehmen kauft eigene Aktien zurück. Dadurch sinkt die Anzahl der im Umlauf befindlichen Aktien, was den Gewinn pro Aktie erhöhen kann.
- Netto-Schuldenabbau: Wenn ein Unternehmen seine Kreditverbindlichkeiten reduziert, stärkt es seine Bilanz. Das kann indirekt den Wert für Aktionäre steigern, zum Beispiel durch niedrigere Zinskosten und ein stabileres Finanzprofil.
Warum ist das wichtig?
- Manche Firmen zahlen zwar keine hohe Dividende, nutzen aber aggressive Aktienrückkaufprogramme oder senken konsequent ihre Schulden. So kann der Gesamtwert für Aktionäre steigen, ohne dass es in der Dividendenrendite auffällt.
- Shareholder Yield integriert all diese Aspekte und bietet einen ganzheitlichen Blick auf die Kapitalrückführung.
Die exakte Berechnung kann je nach Quelle oder Analyst leicht variieren, da manche lieber das Wort „Netto-Schuldenabbau“ gegen „Ausgaben für Schuldenabbau“ tauschen. Doch ein gängiges Vorgehen ist dieses:
Shareholder Yield =
(Bargesamtdividenden + Netto-Aktienrückkäufe + Netto-Schuldenabbau) / Marktkapitalisierung
× 100
- Bargesamtdividenden: Alle im betrachteten Zeitraum an Aktionäre ausgeschütteten Dividenden in bar.
- Netto-Aktienrückkäufe: Ausgaben für Rückkäufe minus eventueller Einnahmen durch neu ausgegebene Aktien.
- Netto-Schuldenabbau: Höhe der Schulden, die das Unternehmen im analysierten Zeitraum tatsächlich getilgt hat. (Schuldenaufnahmen werden subtrahiert.)
- Marktkapitalisierung: Marktwert aller Aktien (Anzahl Aktien × Aktienkurs).
Konkretes Rechenbeispiel
Stell dir ein fiktives Unternehmen namens XY AG vor:
- Marktkapitalisierung: 10 Mrd. Euro
- Dividendenzahlungen: 200 Mio. Euro im letzten Jahr
- Aktienrückkäufe: 150 Mio. Euro netto (d. h. Kauf eigener Aktien abzüglich eventueller neuer Aktienausgaben)
- Netto-Schuldenabbau: 100 Mio. Euro (die Schulden wurden unterm Strich reduziert)
Damit ergibt sich:
Shareholder Yield
= (200 Mio. + 150 Mio. + 100 Mio.) / 10.000 Mio. × 100
= (450 Mio.) / (10.000 Mio.) × 100
= 4,5 %
Die XY AG weist also eine Shareholder Yield von 4,5 % auf. Das bedeutet, dass sie im letzten Jahr 4,5 % ihres Marktwerts direkt oder indirekt an die Aktionäre weitergegeben hat.
- Ganzheitlicher Blick: Anstatt nur auf Dividenden zu schauen, erfasst man auch Rückkäufe und Schuldenabbau.
- Finanzielle Stabilität: Ein Unternehmen, das seine Schulden reduziert, verringert Risiken. Davon profitieren Anleger oft indirekt.
- Langfristiger Nutzen: Aktienrückkäufe können den Gewinn pro Aktie ankurbeln, Schuldenabbau minimiert die Zinskosten – beides sind langfristige Wachstumstreiber für den Aktienkurs.
Typische Fallstricke und Grenzen
Hoher Anteil an Rückkäufen bei gleichzeitig hoher Verschuldung
Manchmal kaufen Unternehmen Aktien zurück, während sie hohe Schulden haben. Das kann die Bilanz belasten und ein Risiko für zukünftige Zahlungen darstellen. Ein hoher Buyback-Anteil sollte also immer im Verhältnis zur finanziellen Gesundheit (Verschuldung, Cashflow) gesehen werden.
Temporäre Effekte
Große Einmaleffekte (z. B. Verkauf eines Firmenteils) können die Shareholder Yield künstlich aufblähen. Deshalb lohnt sich ein Blick auf die Entwicklung über mehrere Jahre.
Interpretation bei Banken und Versicherern
Bei Finanzunternehmen kann die Berechnung tricky sein, weil ihre Bilanzstruktur (Assets & Liabilities) stark vom klassischen Industrieunternehmen abweicht.
Keine Garantie für zukünftige Performance
Auch wenn ein Unternehmen aktuell eine hohe Shareholder Yield zeigt, können sich Prioritäten ändern. Beispielsweise, wenn neue Investitionen getätigt werden müssen oder das Marktumfeld sich dreht.
Alternativen und verwandte Kennzahlen
- Dividend Yield (Dividendenrendite): Zeigt nur die Bar-Dividende im Verhältnis zum Aktienkurs.
- Buyback Yield (Rückkaufquote): Fokussiert auf den Effekt von Aktienrückkäufen.
- Free Cash Flow Yield: Setzt den freien Cashflow (nach Investitionen) ins Verhältnis zum Unternehmenswert. Liefert Hinweise darauf, wie gut ein Unternehmen prinzipiell Cash generiert.
Während die Dividend Yield nur einen Teil abdeckt, kann Shareholder Yield ein besseres Gesamtbild vermitteln. Allerdings ist es sinnvoll, alle Kennzahlen zu vergleichen, um die Qualität eines Unternehmens ganzheitlich zu bewerten.
Die folgende Tabelle stammt aus dem InvestingPro Screener und zeigt S&P 500-Firmen mit einer besonders hohen Shareholder Yield. Dabei siehst du auch die bereinigte Marktkapitalisierung (Stand laut vorliegenden Daten zum 6. Januar 2025) – so kannst du dir ein besseres Bild machen, wie relevant diese Kennzahl bei den jeweiligen Größenordnungen ist.
Name | Ticker | Shareholder Yield | Marktkapitalisierung (bereinigt) |
---|---|---|---|
MetLife Inc | MET | 114.5% | 56,92 Mrd. USD |
American International Group Inc | AIG | 46.0% | 45,42 Mrd. USD |
KeyCorp | KEY | 42.4% | 17,14 Mrd. USD |
Ball Corporation | BALL | 32.4% | 16,12 Mrd. USD |
Citizens Financial Group Inc | CFG | 32.2% | 19,64 Mrd. USD |
Baxter International Inc | BAX | 28.2% | 15,06 Mrd. USD |
Fidelity National Information … | FIS | 28.0% | 43,21 Mrd. USD |
Viatris Inc | VTRS | 23.8% | 14,66 Mrd. USD |
Marathon Petroleum Corp | MPC | 23.2% | 45,88 Mrd. USD |
Truist Financial Corp | TFC | 20.7% | 58,54 Mrd. USD |
Fifth Third Bancorp | FITB | 17.9% | 28,42 Mrd. USD |
Warner Bros Discovery Inc | WBD | 17.7% | 25,93 Mrd. USD |
Northern Trust Corporation | NTRS | 17.2% | 20,47 Mrd. USD |
Incyte Corporation | INCY | 15.1% | 13,41 Mrd. USD |
Valero Energy Corporation | VLO | 14.2% | 39,34 Mrd. USD |
NRG Energy Inc | NRG | 14.0% | 19,95 Mrd. USD |
AT&T Inc | T | 14.0% | 162,66 Mrd. USD |
Jabil Circuit Inc | JBL | 13.1% | 16,89 Mrd. USD |
Stanley Black & Decker Inc | SWK | 12.9% | 12,45 Mrd. USD |
Archer-Daniels-Midland Company | ADM | 12.6% | 23,95 Mrd. USD |
MGM Resorts International | MGM | 12.4% | 10,15 Mrd. USD |
Regions Financial Corporation | RF | 12.3% | 21,47 Mrd. USD |
Interpublic Group of Companies Inc | IPG | 12.2% | 10,48 Mrd. USD |
Centene Corp | CNC | 11.8% | 31,04 Mrd. USD |
eBay Inc | EBAY | 11.7% | 29,51 Mrd. USD |
Gen Digital Inc | GEN | 11.7% | 16,95 Mrd. USD |
Comcast Corp | CMCSA | 11.4% | 144,15 Mrd. USD |
Altria Group | MO | 11.3% | 90,06 Mrd. USD |
CF Industries Holdings Inc | CF | 11.2% | 15,40 Mrd. USD |
United Airlines Holdings Inc | UAL | 10.9% | 31,46 Mrd. USD |
Phillips 66 | PSX | 10.8% | 47,94 Mrd. USD |
Principal Financial Group Inc | PFG | 10.7% | 17,82 Mrd. USD |
Conagra Brands Inc | CAG | 10.3% | 13,20 Mrd. USD |
Wells Fargo & Company | WFC | 10.2% | 237,43 Mrd. USD |
HP Inc | HPQ | 9.8% | 31,08 Mrd. USD |
Carnival Corporation | CCL | 9.6% | 31,53 Mrd. USD |
General Motors Company | GM | 9.5% | 56,93 Mrd. USD |
Nucor Corp | NUE | 9.4% | 27,11 Mrd. USD |
Aptiv PLC | APTV | 9.4% | 14,23 Mrd. USD |
3M Company | MMM | 9.2% | 70,72 Mrd. USD |
Lennar Corporation | LEN | 9.1% | 36,73 Mrd. USD |
International Flavors & Fragrances | IFF | 8.9% | 21,10 Mrd. USD |
Trimble Inc | TRMB | 8.8% | 17,23 Mrd. USD |
Expedia Inc | EXPE | 8.2% | 23,88 Mrd. USD |
Das lässt sich nicht generell sagen. Shareholder Yield bezieht mehr Faktoren ein und ist damit oft aussagekräftiger. Dennoch bevorzugen manche Investoren Dividenden als direktes, verlässliches Einkommen. Es kommt also auf deine Anlagestrategie an.
Wie wichtig sind Aktienrückkäufe im Vergleich zu Dividenden?
Aktienrückkäufe können den Kurs steigen lassen und den Gewinn pro Aktie erhöhen, sind aber nicht so verlässlich wie Dividenden. Viele Unternehmen passen ihre Rückkäufe an die Börsenlage an, während Dividenden (wenn einmal etabliert) eher konstant bleiben oder sogar steigen.
- Shareholder Yield misst den Kapitalrückfluss ans Aktionariat über Dividenden, Rückkäufe und Schuldenabbau.
- Total Shareholder Return (TSR) hingegen reflektiert die Kursentwicklung der Aktie und gezahlte Dividenden im Zeitverlauf. TSR ist also eher eine Performancekennzahl, während Shareholder Yield den „Kapitalrückgabemechanismus“ in den Vordergrund stellt.
Wie oft sollte ich die Kennzahl prüfen?
Viele Investoren schauen mindestens einmal im Jahr auf diese Kennzahl – im Zuge der Hauptversammlung oder Bilanzvorlage. Du kannst sie aber auch quartalsweise betrachten, um Trends im Auge zu behalten (z. B. ob das Unternehmen Rückkäufe hoch- oder herunterfährt).
Warum ist die Betrachtung des Schuldenabbaus relevant?
Indem ein Unternehmen Schulden abbaut, verbessert es oft seine Kreditwürdigkeit und verringert Zinszahlungen. Das kommt indirekt auch den Aktionären zugute, da weniger Geld für Zinsen aufgewendet werden muss und in wirtschaftlich schwierigen Zeiten mehr Stabilität herrscht.
Ja, absolut. Wenn ein Unternehmen zum Beispiel kaum Dividenden ausschüttet, aber regelmäßig hohe Aktienrückkäufe tätigt und seine Schulden senkt, kann die Shareholder Yield trotzdem beachtlich ausfallen.
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Schlusswort
Shareholder Yield ist eine Kennzahl, die dir einen umfassenderen Blick auf die Attraktivität einer Aktie liefern kann als allein die Dividendenrendite. Sie berücksichtigt Dividenden, Rückkäufe und Schuldenabbau – also alles, was den Aktionären konkret zugutekommt. Unternehmen mit hoher Shareholder Yield geben Investoren oft das Gefühl, dass die Rendite nach allen Seiten abgesichert ist:
- über Barzahlungen (Dividenden),
- eine mögliche Kurssteigerung dank Aktienrückkäufen
- und eine verbesserte finanzielle Stabilität durch Schuldenabbau.
Behalte aber im Hinterkopf: Eine hohe Shareholder Yield ist kein Freifahrtschein für gute Kursgewinne. Du solltest sie immer im Gesamtbild des Unternehmens und des Marktes betrachten. Dennoch ist sie ein starkes Instrument, um Werte zu erkennen, die sonst vielleicht unter dem Radar bleiben würden.