Die Finanzmärkte unterliegen ständigen Schwankungen – mal geht es stetig bergauf, mal scheint sich alles gegen die Anleger zu richten. In der Börsensprache werden diese gegenläufigen Phasen bildlich als „Bullen-“ und „Bärenmärkte“ bezeichnet. Aber was steckt dahinter, wie entstehen solche Phasen, wie lange dauern sie durchschnittlich, und welche Strategien bieten sich in einer Aufwärts- oder Abwärtsbewegung an? In diesem Artikel erfährst du die wichtigsten Hintergründe und erhältst wertvolle Tipps, wie du in beiden Marktphasen agieren kannst.
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Was ist ein Bullenmarkt?
Von einem Bullenmarkt (engl. bull market) spricht man, wenn die Kurse über einen längeren Zeitraum kontinuierlich steigen. Häufig orientieren sich Börsenexperten an der Faustregel: Steigt ein großer Marktindex (z. B. S&P 500 oder DAX) innerhalb von zwei Monaten um mindestens 20 % gegenüber einem vorherigen Tief, läutet dies den Beginn eines Bullenmarkts ein. Der Name „Bulle“ symbolisiert dabei die aufwärts gerichteten Hörner, als Bild für steigende Kurse.
Typische Kennzeichen eines Bullenmarkts
- Positive Wirtschaftsentwicklung: Dazu zählen ein wachsendes Bruttoinlandsprodukt (BIP), steigende Unternehmensgewinne und sinkende Arbeitslosenzahlen.
- Optimistische Anlegerstimmung: Überwiegt die Erwartung, dass Unternehmen und Gesamtmarkt weiterwachsen, steigt die Kaufbereitschaft.
- Starkes Handelsvolumen: Mehr Akteure (z. B. Privatanleger, institutionelle Investoren) wollen vom Aufschwung profitieren, weshalb mehr Wertpapiere gehandelt werden.
- Generell steigende Nachfrage nach Anlageklassen wie Aktien, aber auch Immobilien, Rohstoffen oder Kryptowährungen (sofern im Aufwind).
Warum kommt es zu Bullenmärkten?
In der Regel entsteht ein Bullenmarkt aus einer Kombination von positiven wirtschaftlichen Fundamentaldaten und einer zuversichtlichen Stimmung unter Marktteilnehmern. Beispielsweise können niedrige Zinsen das Investieren in Aktien attraktiver machen (im Vergleich zu Anleihen oder Tagesgeld). Auch neue Technologien oder politische Entscheidungen (z. B. massive staatliche Konjunkturprogramme) können die Wirtschaft beflügeln und die Aktienkurse anheizen.
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Anlagestrategien im Bullenmarkt
Befinden sich die Märkte in einer Aufwärtsbewegung, greifen viele Anleger gern zu risikobereiteren Strategien. Einige der beliebtesten Ansätze:
Wachstumsaktien (Growth Stocks)
- Unternehmen mit hohen Zukunftserwartungen (z. B. Tech-Start-ups oder innovative Branchenführer).
- Oft hohe Kurs-Gewinn-Verhältnisse (KGV), da man auf zukünftige, starke Umsatz- und Gewinnsteigerungen setzt.
- Häufig keine oder geringe Dividende, da Überschüsse direkt ins Geschäft reinvestiert werden.
- Wenn sich das Wachstum tatsächlich einstellt, können diese Aktien während eines Bullenmarkts stark zulegen.
Zyklische Aktien (Cyclical Stocks)
- Auch „Offensiv-Aktien“ genannt, die sehr konjunkturabhängig sind, z. B. Konsum-, Reise- oder Automobilbranche.
- In Phasen eines wirtschaftlichen Aufschwungs steigen Gewinne in diesen Sektoren oft überproportional – und damit auch die Aktienkurse.
Small-Cap-Aktien
- „Small Caps“ sind Unternehmen mit relativ kleiner Marktkapitalisierung (z. B. zwischen 300 Mio. und 2 Mrd. US-Dollar).
- Sie gelten als volatiler und riskanter, können aber in einem Bullenmarkt häufig schneller wachsen, was sich in stärkeren Kursgewinnen niederschlägt.
Call-Optionen
- Ermöglichen es, mit geringem Kapitaleinsatz (der Optionsprämie) auf steigende Kurse zu setzen.
- Sind allerdings hochspekulativ; wenn der Kurs nicht steigt (oder zu spät steigt), verfällt die Option wertlos.
Indexinvestments (ETFs oder Indexfonds)
- Ein Bullenmarkt beflügelt im Regelfall die meisten Titel in einem wichtigen Index wie dem S&P 500 oder dem DAX.
- Bei einem ETF auf einen Marktindex profitierst du von der breiten Aufwärtsbewegung.
- Geringere Kosten und Risiken als bei Einzelaktien, da man automatisch diversifiziert.
Tipp: Auch in einem Bullenmarkt zahlt sich eine Risikostreuung aus. Zu stark auf nur ein Unternehmen oder ein einzelnes Segment zu setzen, kann riskant sein, falls der Trend schneller als erwartet kippt.
Was ist ein Bärenmarkt?
Das Gegenstück zum Bullenmarkt nennt man Bärenmarkt (engl. bear market). Das Bild des Bären steht für fallende Kurse, denn ein Bär schlägt mit seiner Pranke nach unten. Startet ein Bärenmarkt, wenn ein Index oder ein Markt insgesamt über 20 % von seinem jüngsten Hoch verliert, spricht man von einem „richtigen“ Abwärtstrend. Sinkt der Kurs nur um 10 %, ist es zunächst eine „Korrektur“.
Typische Kennzeichen eines Bärenmarkts
- Schwächelnde Konjunktur: Beispielsweise sinkendes BIP, steigende Arbeitslosenzahlen, nachlassende Investitionen.
- Geringe Anlegerzuversicht: Negative Schlagzeilen und schwache Wirtschaftsdaten schüren Pessimismus.
- Überangebot von Aktien: Viele Anleger wollen verkaufen, nur wenige wagen sich als Käufer hervor. Überwiegt das Angebot die Nachfrage, fallen die Kurse.
- Gerüchte oder Krisenstimmung: Ereignisse wie Spekulationsblasen (Dotcom-Blase), politische Unsicherheiten oder Pandemien können Bärenmärkte auslösen oder verstärken.
Warum kommt es zu Bärenmärkten?
Häufig kehrt sich der Optimismus in Skepsis um, wenn Wirtschaftsdaten stagnieren oder verschlechtern. Auch externe Schocks – wie geopolitische Konflikte, pandemische Ereignisse oder plötzlich steigende Zinsen – können eine Kettenreaktion auslösen: Die Kurse rutschen ab, die Stimmung wird schlechter, noch mehr Anleger verkaufen.
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Anlagestrategien im Bärenmarkt
Fällt der Markt, passen viele Anleger ihre Strategien an und setzen stärker auf Sicherheit oder sogar auf fallende Kurse:
Value-Aktien
- Diese „soliden“ Titel haben meist eine niedrigere Bewertung (KGV) und zahlen oft Dividenden.
- In Abschwüngen bleiben sie aufgrund ihres eher „handfesten“ Geschäftsmodells häufig robuster.
Defensive Aktien
- Sogenannte „defensive“ oder „nicht-zyklische“ Sektoren wie Versorgung (Strom, Wasser), Basiskonsumgüter (Lebensmittel, Haushaltswaren) oder Gesundheitswesen (Medikamente, Krankenhäuser).
- Menschen brauchen diese Güter und Dienstleistungen unabhängig von der Wirtschaftslage.
- Defensive Aktien (oder entsprechende ETFs) schwanken in der Regel weniger stark.
Inverse ETFs und Short-Positionen
- Mit inversen ETFs kannst du auf fallende Kurse eines Index setzen (z. B. Short S&P 500).
- Alternativ kannst du Aktien leerverkaufen („Short-Selling“), was jedoch sehr risikoreich ist (theoretisch unbegrenztes Verlustrisiko) und Erfahrung erfordert.
Put-Optionen
- Sie geben dir das Recht, Aktien zu einem vorher festgelegten Preis zu verkaufen.
- Wenn die Kurse fallen, gewinnt deine Put-Option an Wert. Auch das ist spekulativ, doch begrenzt sich der mögliche Verlust (Prämie).
Anleihen und Mischportfolios
- Gerade Staatsanleihen guter Bonität (z. B. deutsche Bundesanleihen) sind in Krisenzeiten gefragt, weil sie als relativ sicher gelten.
- Ein ausgewogener Mix aus Aktien und Anleihen (ggf. ergänzt durch Gold oder andere Rohstoffe) kann Verluste in einem Bärenmarkt abfedern.
Tipp: In einem Bärenmarkt kann das sogenannte Cost-Averaging (oder Durchschnittskosteneffekt) helfen. Wer regelmäßig in kleineren Beträgen investiert, kauft beim Fallen der Kurse automatisch günstiger nach. Kommt irgendwann die Wende, profitiert man von den niedrigeren Einstandskursen.
Wie lange dauern Bullen- und Bärenmärkte typischerweise?
Historisch gesehen gab es viele Auf- und Abbewegungen an den Börsen. Studien zeigen, dass Bullenmärkte im Durchschnitt länger andauern als Bärenmärkte:
- Bullenmärkte (1968–2020): Dauern im Schnitt rund 1.764 Tage (~4,8 Jahre)
- Bärenmärkte (1968–2020): Dauern im Schnitt rund 349 Tage (~1 Jahr)
Dabei liegt der durchschnittliche Kursgewinn in Bullenmärkten bei etwa +180 %, während der durchschnittliche Verlust in Bärenmärkten rund −36 % beträgt.
Historische Beispiele:
- Längster Bullenmarkt: 2009–2020, beginnend nach der globalen Finanzkrise 2007/08. Dieser Markt endete abrupt im März 2020 mit dem Corona-Crash.
- Dotcom-Blase (2000–2003): Markierte eine mehrjährige Baisse, nachdem die Tech-Hype-Blase platzte.
- Große Depression (1930er-Jahre): Einer der längsten und tiefgreifendsten Bärenmärkte, ausgelöst durch den Börsencrash 1929.
Langfristiger Blick: Die meisten Analysen deuten darauf hin, dass die Märkte überwiegend steigen. Laut Hartford Funds lagen die Börsen in den letzten 92 Jahren rund 78 % der Zeit in Bullenmärkten. Bärenmärkte sind zwar unvermeidlich, aber meist kürzer.
Psychologie an den Märkten: Wie Gefühle das Handeln beeinflussen
Neben den reinen Wirtschaftsdaten spielen Emotionen eine enorme Rolle.
- In Bullenmärkten herrscht oft Euphorie, die Kurse steigen teils über die fundamentale Bewertung hinaus (-> mögliche Blasenbildung).
- In Bärenmärkten schlägt die Stimmung rasch in Panik um. Aus Angst vor noch größeren Verlusten trennen sich viele von ihren Papieren, was die Abwärtsspirale verstärken kann.
Warren Buffett fasst es mit dem berühmten Satz zusammen: „Sei gierig, wenn andere ängstlich sind, und ängstlich, wenn andere gierig sind.“
Sprich: Gerade in Tiefphasen werden oft Aktien zu „Schnäppchenpreisen“ verkauft, während in Hochphasen extrem hohe Kurse für Unternehmen gezahlt werden, deren Fundamentaldaten das möglicherweise nicht rechtfertigen.
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FAQ: Bullen- und Bärenmarkt
Was bedeutet ein Bullenmarkt?
Ein Bullenmarkt beschreibt eine längere Phase, in der die Kurse an den Börsen steigen – meist um mindestens 20 % gegenüber dem letzten Tiefpunkt. In dieser Zeit dominiert Optimismus: Die Wirtschaft wächst, Unternehmensgewinne steigen, und Anleger investieren vermehrt in Aktien.
Was genau ist ein Bärenmarkt?
Ein Bärenmarkt ist das Gegenteil eines Bullenmarkts. Die Kurse fallen um mindestens 20 % vom vorherigen Hoch. Typische Begleiterscheinungen sind eine schwächelnde Konjunktur, steigende Arbeitslosigkeit und pessimistische Anleger, die verkaufen, um Verluste zu vermeiden.
Wie lange dauern Bullen- und Bärenmärkte im Durchschnitt?
Historisch gesehen dauern Bullenmärkte deutlich länger als Bärenmärkte. Ein Bullenmarkt hält im Schnitt etwa 4,8 Jahre an, während Bärenmärkte im Durchschnitt knapp ein Jahr andauern. Trotzdem können sich starke Abwärtstrends über Jahre hinziehen, etwa während der Weltwirtschaftskrise.
Wie erkenne ich, ob wir uns in einem Bullen- oder Bärenmarkt befinden?
Ein Bullenmarkt ist durch steigende Kurse, positive Wirtschaftsdaten und Zuversicht der Anleger gekennzeichnet. Ein Bärenmarkt hingegen zeigt sich durch fallende Kurse, schwache Konjunkturdaten und Anleger, die eher verkaufen als kaufen.
Welche Anlagestrategien sind in einem Bullenmarkt sinnvoll?
In einem Bullenmarkt sind Wachstumsaktien, zyklische Aktien (z. B. aus der Reise- und Automobilbranche) und Small-Cap-Aktien besonders gefragt. Auch Indexfonds (ETFs), die den breiten Markt abdecken, profitieren von der allgemeinen Aufwärtsbewegung. Wer auf größere Chancen aus ist, kann auch mit Call-Optionen auf steigende Kurse setzen.
Was sind die besten Investments in einem Bärenmarkt?
In einem Bärenmarkt sind defensive Aktien (z. B. aus den Bereichen Lebensmittel, Versorger, Gesundheitswesen) und Value-Aktien mit stabilen Dividendenrenditen gefragt. Auch Anleihen bieten in Krisenzeiten mehr Sicherheit. Für Anleger, die auf fallende Kurse setzen möchten, bieten sich Put-Optionen oder inverse ETFs an, die im Wert steigen, wenn die Märkte fallen.
Kann ich auch in einem Bärenmarkt Gewinne erzielen?
Ja, das ist möglich. Mit Put-Optionen kannst du auf fallende Kurse spekulieren, ebenso mit Short-Positionen oder inversen ETFs, die an Wert gewinnen, wenn der Markt fällt. Aber Vorsicht: Diese Strategien sind komplex und können Verluste bringen, wenn der Markt sich unerwartet erholt.
Wie schütze ich mein Portfolio in einem Bärenmarkt?
Diversifikation ist das A und O. Mische defensive Aktien mit Anleihen und halte einen Anteil an liquiden Mitteln, um Chancen zu nutzen, wenn die Kurse günstig sind. Nutze zudem Strategien wie den Durchschnittskosteneffekt (regelmäßiges Investieren kleiner Beträge), um bei fallenden Kursen von besseren Einstiegszeiten zu profitieren.
Schlusswort: Chancen und Risiken in beiden Märkten
Bullen- und Bärenmärkte sind zwei Seiten derselben Medaille. Beide Phasen bieten Chancen und Risiken:
- Bullenmärkte: Viel Potenzial für Kursgewinne, vor allem für Wachstums- und Zyklische Aktien. Doch Vorsicht vor Übertreibungen und übermäßigem Risikoverhalten.
- Bärenmärkte: Schwieriger für Anleger, die auf steigende Kurse setzen, aber immer noch mit klugen Strategien (Value-Aktien, defensive Sektoren, Put-Optionen, Anleihen) nutzbar. Während Kurse fallen, kann man zu günstigen Preisen einsteigen.
Wichtig ist ein langfristiger Plan und eine passende Vermögensaufteilung (Asset Allocation). Wer sich diversifiziert und nicht nur einer Mode folgt, steht in der Regel stabiler da – egal, ob der Bulle regiert oder der Bär brummt.