Von Geoffrey Smith
Investing.com - Die Kurse der Staatsanleihen in der Eurozone konnten sich am Mittwoch umfassend erholen und trieben die Renditespreads nach unten, da die Europäische Zentralbank Berichte bestätigte, dass sie eine außerplanmäßige Ratssitzung abhalten wird, um die jüngste Marktvolatilität zu besprechen.
Die Benchmark-Rendite 10-jähriger italienischer Staatsanleihen fiel um 22 Basispunkte und wurde nur noch knapp unter 4 % gehandelt. Sie war am Dienstag zum ersten Mal seit 2014 über 4 % gestiegen, als sich die Anleger über die erste Zinserhöhung der EZB seit zehn Jahren Sorgen gemacht hatten. Der Euro stieg unterdessen um 0,5 % auf 1,0470 USD.
Dadurch sank der Spread zwischen italienischen und der deutschen Staatsanleihen wieder auf 324 Basispunkte. Das ist jedoch immer noch ein unbequem hoher Spread für die EZB, die versucht sicherzustellen, dass die Kreditbedingungen in der gesamten Währungsunion einigermaßen einheitlich bleiben. Die Spreads zu anderen, schwächeren Volkswirtschaften in der Peripherie der Eurozone wie Portugal und Griechenland haben sich in den letzten Tagen ebenfalls stark ausgeweitet.
Die Spreads begannen am letzten Donnerstag zu explodieren, nachdem EZB-Präsidentin Christine Lagarde es versäumt hatte, Einzelheiten darüber zu nennen, was sie tun könnte, um die so genannte „finanzielle Fragmentierung“ zu stoppen. Im Vorfeld der EZB-Sitzung hatten verschiedene Berichte darauf hingewiesen, dass die EZB an einem „Anti-Fragmentierungs-Tool“ arbeite. Daher war der Mangel an Details in der Pressekonferenz am Donnerstag für viele eine große Enttäuschung.
Die Talfahrt hatte sich seit Freitag verschlimmert, da ein Überschießen der US-Inflation im Mai die Anleger dazu veranlasste, auch in den USA höhere Zinssätze einzupreisen. Es wird nun erwartet, dass die Fed ihren Leitzins um 75 Basispunkte anhebt, wenn sie ihre geldpolitischen Entscheidungen um 20 Uhr MEZ bekanntgeben wird.
In einer Rede am Montag hatte EZB-Vorstandsmitglied Isabel Schnabel bereits deutlich angedeutet, dass die EZB das Bedürfnis verspüre, ihre Kommunikation zu verbessern, da die erneute Schwäche der US-Märkte die Situation verschärfte. Genauere Angaben darüber, woran die EZB arbeitet, machte aber auch sie nicht.
Die Eurozone war in den letzten zehn Jahren mit zwei großen Stressepisoden konfrontiert, die drohten, eines oder mehrere ihrer Mitglieder aus der Währungsunion zu drängen. Die erste – die Schuldenkrise in der Eurozone von 2010‒2012 – wurde effektiv durch eine Reihe von Rettungsaktionen der Regierungen und durch ein bedingtes Versprechen unbegrenzter Anleihekäufe des damaligen EZB-Präsidenten Mario Draghi beendet. Die zweite, zu Beginn der Corona-Pandemie, wurde durch eine ähnliche Kombination angegangen: Die Europäische Union erweiterte ihre Möglichkeiten zur gemeinsamen Emission von Schuldtiteln, während das „Pandemic Emergency Purchase Programme“ der EZB ihr erstmals ausdrücklich die Freiheit gab, ihre Anleihekäufe zugunsten einzelner Mitgliedstaaten auszurichten.