Frankfurt (Reuters) - Die Hoffnung auf eine Genesung der Wirtschaft von den Folgen des Corona-Schocks stützt die Kauflaune bei Europas Anlegern.
Der Dax zog am Dienstagvormittag 0,8 Prozent an auf 13.044 Punkte, der EuroStoxx50 lag 0,6 Prozent fester bei 3289 Zählern. Die Bundesregierung korrigierte ihre Konjunkturprognose für das laufende Jahr nach oben, rechnet für 2021 aber mit einem geringeren Wachstum als bislang angenommen. Derzeit zeichne sich eine Erholung bei Exporten und Welthandel ab, sagte Carsten Mumm, Chefvolkswirt bei der Privatbank Donner und Reuschel. Die Einkaufsmanagerindizes signalisierten Wachstum für August. Ohne Konsum werde es aber nicht gehen - “ein Segment, in dem es zuletzt eher Rückschläge zu verzeichnen gab”.
Die Arbeitslosenzahl in Deutschland stieg im August im für den Spätsommer üblichen Umfang. “Dennoch sind die Auswirkungen der Pandemie auf den Arbeitsmarkt weiterhin sehr deutlich sichtbar”, sagte der Chef der Bundesagentur für Arbeit, Detlef Scheele. Deutschland profitiere von den Corona-Hilfen, sagte Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank. “Die Kurzarbeit übertüncht die tatsächlich angespannte Situation am Arbeitsmarkt.”
Auf die Stimmung drückte dagegen der stärkere Euro, der bis auf Haaresbreite an die Marke bei 1,20 Dollar herankam und so hoch notierte wie seit rund zweieinhalb Jahren nicht mehr. Der Dollar gab auch zu einem Währungskorb nach. “Während der Markt der Fed offensichtlich noch zutraut, die Inflation dadurch wiederzubeleben zu können, dass sie die Zinsen länger als bisher veranschlagt niedrig lässt, scheint dieser Zug bei der EZB schon abgefahren”, sagte Esther Reichelt, Devisenexpertin der Commerzbank (DE:CBKG). Im August sanken die Lebenshaltungskosten in der Euro-Zone nach vorläufigen Daten um 0,2 Prozent, vor allem weil Energie deutlich günstiger zu haben war als 2019.
ÖLPREIS LEGT ZU
Öl kostete mit 43,02 Dollar für leichtes US-Öl und 45,71 Dollar je Barrel der Nordseesorte Brent ein Prozent mehr als am Montag. Dabei spielte der schwache Dollar eine Rolle. Auch die gute Förderdisziplin der Opec-Staaten und ihrer Verbündeten wirkten unterstützend, sagte Commerzbank-Experte Eugen Weinberg. Immer mehr Allianzmitglieder reduzierten ihre Exporte. “Doch die Nachfragesorgen bleiben.”
Gold verteuerte sich um bis zu 1,1 Prozent auf 1991,91 Dollar je Feinunze (31 Gramm). Die Experten des Edelmetall-Handelshauses Heraeus rechnen bis Jahresende mit einem Goldpreis zwischen 1850 und 2200 Dollar. Zwar seien die politischen und wirtschaftlichen Unsicherheiten bereits weitestgehend eingepreist, sagte Heraeus-Experte Hans-Günter Ritter. “Die Pandemie ist allerdings alles andere als ausgestanden - und sollte die wirtschaftliche Lage sich weiter zuspitzen, könnten die Zentralbanken ihre Geldpolitik noch weiter lockern.”
APPLE-ZULIEFERER GEFRAGT
Ein Medienbericht über eine höhere iPhone-Produktion bei Apple (NASDAQ:AAPL) beflügelte die Aktien der europäischen Zulieferer. Die Papiere von Firmen wie Infineon (DE:IFXGn), STMicro, Dialog Semiconductor (DE:DLGS), AMS und ASM International legten bis zu 3,8 Prozent zu und verhalfen damit dem Branchenindex zu einem Plus von 1,9 Prozent. Apple forderte der Finanznachrichtenagentur Bloomberg zufolge seine Zulieferer auf, mindestens 75 Millionen 5G-iPhones noch in diesem Jahr zu bauen.
Für Gesprächsstoff sorgte auch Rocket Internet (DE:RKET). Das Unternehmen hat den Abschied von der Börse angekündigt. Die Papiere sind derzeit weniger als die Hälfte des Ausgabepreises von 42,50 Euro wert. Sie legten zeitweise 3,1 Prozent zu, drehten dann aber ins Minus. Rocket bietet je Aktie den gesetzlichen Mindestpreis von 18,57 Euro, derzeit notieren die Titel bei 18,74 Euro.