Frankfurt, 18. Nov (Reuters) - Die europäische Versicherungsaufsicht warnt die renditehungrige Branche von einer übermäßigen Konzentration auf Staatsanleihen einzelner Länder. Die Regulierung solle Anreize zur Vermeidung solcher Klumpenrisiken schaffen, forderte der Präsident der Aufsichtsbehörde EIOPA, Gabriel Bernardino, am Mittwoch auf einer Branchenkonferenz in Frankfurt.
Lebensversicherer legen das Geld ihrer Kunden traditionell überwiegend in vermeintlich sicheren festverzinslichen Wertpapieren an. Dabei bevorzugen sie oft Staatsanleihen ihrer Heimatländer. Auf der Suche nach Rendite in Zeiten niedriger Zinsen greifen sie in letzter Zeit verstärkt auch zu Anleihen südeuropäischer Länder, die noch mehr Zinsen abwerfen.
Die Finanzkrise hatte aber gezeigt, dass auch Staatsanleihen nicht hundertprozentig ausfallsicher sind. Deshalb fordern immer mehr Bankenaufseher, dass die Finanzbranche sie mit Eigenkapital absichern muss. Beschlüsse dazu gibt es aber nicht. Bernardino sprach sich dafür aus, Banken und Versicherer dabei gleich zu behandeln.
Die EIOPA hatte die Versicherer bereits im Frühjahr aufgefordert, die Risiken von Staatsanleihen in ihren internen Modellen zu berücksichtigen, mit denen sie ihre Kapitalpolster berechnen. Bernardino kündigte am Mittwoch an, den Versicherern genau auf die Finger zu schauen, damit sie ihre Risiken nicht schönrechneten. "Diese Arbeit ist fundamental, um zu verhindern, dass interne Modelle ein Mittel zur Kapital-Optimierung werden."
Nach der Fertigstellung des neuen Kapitalstandards "Solvency II", der zum 1. Januar in Kraft tritt, sieht Bernardino die Aufgabe seiner Behörde nun darin, die Aufsicht über die Branche in den einzelnen Ländern der Europäischen Union (EU) auf das gleiche Niveau zu bekommen. "Das Aufsichtssystem der EU ist nur so gut wie sein schwächstes Glied", sagte er. "Deshalb ist eine stärkere und koordiniertere Aufsicht auf EU-Ebene vonnöten", um gleiche Bedingungen für alle Versicherer zu schaffen und alle Versicherten in der EU gleich gut zu schützen.