(Neu: Reaktion Merkel und Angaben zu möglicher Abfindung)
FRANKFURT (dpa-AFX) - Investoren hoffen nach dem überraschenden Chefwechsel bei der Deutschen Bank auf ein Ende der Skandale bei Deutschlands größtem Geldhaus. Der Brite John Cryan müsse sich "das Thema Kulturwandel mal richtig vornehmen", forderte Anlegerschützer Klaus Nieding am Montag im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur.
Auch in der Bundespolitik und in der internationalen Presse wurde die Top-Personalie als Chance für einen Neuanfang gewertet. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte zum Abschluss des G7-Gipfels in Elmau, der angekündigte Chefwechsel habe sie nicht überrascht: "Ich hatte keinen Überraschungseffekt." Sie wolle, dass die Deutsche Bank (XETRA:DBKGn) erfolgreich arbeiten könne, sagte die Kanzlerin.
BÖRSE HONORIERT WECHSEL MIT KURSSPRUNG
An der Börse gab es viele Vorschusslorbeeren für den 54 Jahre alten langjährigen Investmentbanker Cryan. In einem sonst schwachen Umfeld setzte sich die Aktie des Frankfurter Instituts mit einem kräftigen Plus von zeitweise rund acht Prozent mit Abstand an die Dax (DAX)-Spitze. Am Montagnachmittag waren es immerhin noch fast fünf Prozent Plus.
Der ehemalige UBS-Finanzvorstand (ETR:UBRA) (VTX:UBSN) Cryan, der seit 2013 Aufsichtsrat bei der Deutschen Bank ist, soll bereits zum 1. Juli Anshu Jain in der Doppelspitze des Konzerns ersetzen. Jürgen Fitschen bleibt noch bis zum Abschluss der Hauptversammlung am 19. Mai 2016 Co-Chef, danach soll Cryan alleiniger Vorstandsvorsitzender werden. Die Personalentscheidungen hatte der Aufsichtsrat am Sonntag nach anhaltender Kritik am Duo Jain/Fitschen getroffen - zuletzt bei der Hauptversammlung vor gut zwei Wochen.
NIEDING: GEFORDERTER KULTURWANDEL KOMMT UNTEN NICHT AN
Fitschen muss sich derzeit zudem wegen versuchten Prozessbetrugs im Kirch-Verfahren vor dem Landgericht München verantworten. Nach drei Wochen Pause wird der Prozess an diesem Dienstag (9. Juni) fortgesetzt. Fitschen wies die Vorwürfe vor Gericht zurück.
"Es reicht eben nicht aus, wenn von allerhöchster Stelle gesagt wird, wir wollen einen Kulturwandel, dann aber in den einzelnen Stabsabteilungen im Bereich des Investmentbankings dieser Kulturwandel gar nicht ankommt", sagte Nieding, der Vizepräsident der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) ist.