FRANKFURT (dpa-AFX) - Nach der Katerstimmung am Freitagvormittag hat sich der deutsche Aktienmarkt nach den US-Arbeitsmarktdaten am Nachmittag etwas berappelt. Der Dax (DAX) notierte gegen Mittag 0,36 Prozent tiefer bei 10 750,48Punkten, nachdem er im Verlauf bis unter 10 670 Zähler abgesackt war. Am Vortag war der Leitindex in Reaktion auf die Beschlüsse der Europäischen Zentralbank (EZB) um 3,58 Prozent eingebrochen.
Vor allem mit den Details zur Ausweitung der gigantischen Anleihenkäufe hatte Zentralbankchef Mario Draghi die hohen Erwartungen vieler Marktakteure verfehlt. Anleger hatten eine deutlichere Aufstockung erwartet. Diese Hoffnungen hatten den Dax seit Oktober kräftig angetrieben. "Draghi hat kalte Füße bekommen. Er wollte nicht dem Markt hinterherlaufen, sondern Herr des Verfahren sein", kommentierte Kapitalmarktexperte Robert Halver von der Baader Bank.
Der Dax sei von dem deutlichen Rückgang aber nicht nachhaltig erschüttert. Denn wenn man bedenke, dass die EZB mindestens noch bis März 2017 Staatsanleihen für insgesamt 360 Milliarden Euro aufkaufen werde, spreche alles für weiter steigende Aktienkurse, sagte Halver. "Die Jahresendrally ist derzeit zwar gestoppt, aber noch nicht futsch."
US-ARBEITSMARKTDATEN IM FOKUS
Der MDax (MDAX) der mittelgroßen Werte stand am Freitag zuletzt kaum verändert bei 20 855,82 Punkten. Für den Technologiewerte-Index TecDax (TecDAX) ging es um 0,74 Prozent abwärts auf 1823,14 Punkte. Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 (Euro Stoxx 50) verlor 0,32 Prozent.
Zum Wochenschluss richteten sich die Blicke der Anleger auf die USA: Dort hat die US-Wirtschaft im November mehr Arbeitsplätze geschaffen als erwartet. Zudem wurde der Zuwachs im Vormonat Oktober nachträglich nach oben gesetzt. Die Arbeitslosenquote lag wie im Vormonat und damit erwartungsgemäß bei 5,0 Prozent. "Der Arbeitsmarkt setzt seine Erholung fort und nähert sich weiter dem Vollbeschäftigungszustand an", sagte Helaba-Volkswirt Ralf Umlauf. Positiv sei, dass die Partizipationsrate zugelegt habe und die Arbeitslosenquote dennoch nicht gestiegen sei. Der monatliche US-Arbeitsmarktbericht gilt als besonders wichtiger Faktor für die Entscheidung der amerikanischen Notenbank Fed.
NEUE ZUSAMMENSETZUNG VON MDAX, TECDAX UND SDAX
Unter den Einzelwerten sorgten anstehende Änderungen bei der Zusammensetzung der wichtigsten deutschen Aktienindizes für Bewegung. Wie die Deutsche Börse am Donnerstagabend bekannt gab, steigen die Papiere der Bayer-Kunststofftochter Covestro (XETRA:1COV) und des Werbevermarkters Ströer (XETRA:SAXG) am 21. Dezember in den MDax (MDAX) auf. Ihren Platz räumen müssen dafür die Titel des Fahrzeug- und Maschinenbauers MAN (XETRA:MANG) und des Kabelnetzbetreibers Kabel Deutschland (XETRA:KD8Gn). Covestro verteuerten sich am Freitag um 0,91 Prozent, Ströer fielen um 2,49 Prozent.
Aus dem Technologieindex TecDax (TecDAX) verschwinden die Aktien des Maschinenbauers Manz (XETRA:M5ZG), die zuletzt um 4,28 Prozent absackten. Sie werden ersetzt durch die Anteilsscheine des Wafer-Herstellers Siltronic (XETRA:WAFGn), die um 1,23 Prozent hochschnellten.
Größeres Stühlerücken gibt es beim SDax (SDAX): Hier übernimmt der Betreiber von Online-Marktplätzen Scout24 (XETRA:G24n) den Platz von Ströer. Außerdem ziehen das Maschinenbauunternehmen Schaeffler (ETR:SHA), die WCM Beteiligungs- und Grundbesitz und der Finanzdienstleister Hypoport in den Index ein. Gehen müssen dafür der Bekleidungshändler Tom Tailor (XETRA:TTIGn), die Industrieholding Gesco (XETRA:GSC1n) und der Automobilzulieferer SHW (XETRA:SW1).
GEWINNMITNAHMEN BEI FRESENIUS
Unter den Dax-Werten setzten Fresenius (XETRA:FREG) ihre steile Abwärtsbewegung der vergangenen Handelstage mit einem Verlust von 2,31 Prozent fort und lagen damit fast am Ende des Leitindexes. Das Minus allein in dieser Woche summierte sich auf mehr als 8 Prozent. Allerdings waren die Papiere des Medizinkonzerns von Mitte Oktober bis Anfang Dezember in der Spitze um über 23 Prozent gestiegen. Volkswagen-Vorzüge (XETRA:VOW3) standen hingegen mit einem Plus von 1,55 Prozent ganz oben im Tableau.
Nach einem festen Handelsauftakt fielen RWE-Aktien (XETRA:RWEG) ins Minus und notierten zuletzt 0,74 Prozent unter Vortages-Schlussniveau. Der Energieversorger will mit dem Konzernumbau auch wieder seine Investitionen in erneuerbare Energien aufstocken. Konzernchef Peter Terium sagte dem "Kölner Stadt Anzeiger" (Freitag), künftig könnten wieder bis zu eine Milliarde Euro pro Jahr in den Ausbau dieses Bereichs gesteckt werden.
Eine Abstufung durch die Deutsche Bank belastete die Aktien des Lkw-Industriezulieferers SAF-Holland (XETRA:SFQn). Sie fielen zuletzt um 7,15 Prozent, nachdem Analyst Tim Rokossa seine Kaufempfehlung kassiert und sein Votum auf "Halten" gesenkt hatte. Das Kursziel reduzierte er von 17 auf 14 Euro. Nach einem starken Jahr 2015 dürfte sich 2016 für die globale Lkw-Branche ein schwächeres Bild ergeben, schrieb Rokossa.