FRANKFURT (dpa-AFX) - Am deutschen Aktienmarkt dürfte es in der neuen Woche ungemütlich bleiben. Den Anlegern steckt noch der jüngste Kursrutsch in den Knochen, der den Leitindex Dax (DAX) inzwischen weit unter die zuvor angepeilte Bestmarke von 13 000 Punkten gebracht hat. "Die Korrekturphase für Aktien hat erst begonnen", mahnte Analystin Claudia Windt von der Landesbank Helaba.
Derzeit fürchten die Investoren, dass die Europäische Zentralbank (EZB) wegen der recht gut laufenden Konjunktur den Geldhahn stärker und schneller als bislang gedacht zudrehen könnte. Die Vorstellung sorgt für Unbehagen, da die Währungshüter bereits seit Jahren mit ihrer sehr expansiven Politik die Kurse antreiben.
Es ist schon etwas paradox: EZB-Präsident Mario Draghi habe sich zwar in einer Rede zuversichtlich für das Wachstum im Euroraum gezeigt, schrieb Wendt. Dennoch ist der Dax seitdem unter Druck - weil es an anderen Ecken des Kapitalmarktes heftig krachte. So ging die Aussicht auf eine stärkere Wirtschaft im Euroraum mit einem deutlichen Anstieg des Euro zum Dollar einher, was die Exportaussichten hiesiger Unternehmen schmälerte. Zudem sprangen die Renditen am Anleihemarkt an, weil die Anleger nun mit höheren Inflationsraten rechneten. Höhere Renditen aber machen Aktien gegenüber festverzinslichen Wertpapieren unattraktiver.
Die Analysten der Commerzbank (DE:CBKG) rechnen erst einmal nicht mit einer Veränderung der Großwetterlage am Kapitalmarkt. So könnte die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen über 0,5 Prozent steigen. Auch der Euro könnte sich kurzfristig durchaus noch weiter aufwerten.
Zudem sollten die Anleger die Ölpreise nicht vergessen, die in den letzten Monaten oft die Richtung am Aktienmarkt bestimmt haben. Angesichts des weiter hohen Angebots sei Rohöl heute wieder so günstig wie vor der beschlossenen Produktionskürzung des Opec-Kartells und anderer Förderländer, schrieben die Experten der Commerzbank. Kurzfristig seien noch niedrigere Preise möglich. Zuletzt wurden sinkende Ölpreise wieder verstärkt als Zeichen für eine sich abschwächende Weltwirtschaft gedeutet.
Auch die Autoren vom Börsenstatistik-Magazin Index-Radar bewerteten das aktuelle Börsengeschehen skeptisch: Am Aktienmarkt sei insbesondere in der neuen Woche ein Durchbruch in Richtung Süden nicht mehr auszuschließen, zumal die Anleger bereits jüngst verstärkt Kasse gemacht hätten.
Für positive Überraschungen allerdings könnten gute Konjunkturnachrichten aus den USA sorgen. Die Hoffnung der Optimisten ruhen insbesondere auf dem ISM-Einkaufsmanagerindex für das Verarbeitende Gewerbe am Montag und auf dem monatlichen Arbeitsmarktbericht, der traditionell am Freitag veröffentlicht wird. In den Vereinigten Staaten zeige der Beschäftigungstrend weiter klar nach oben, schrieben die Analysten der Postbank.
Ansonsten könnte die neue Woche eher ruhig beginnen, da die Wall Street am Dienstag wegen des US-Unabhängigkeitstages geschlossen bleibt. Am Freitag blicken die Anleger nach Hamburg, wo sich die Staats- und Regierungschefs der 20 führenden Industrie- und Schwellenländer treffen.
Mit Beginn des neuen Quartals rücken langsam auch wieder Geschäftszahlen von Unternehmen in den Blick. Bereits am Freitag hatte der Pharma- und Chemiekonzern Bayer (4:BAYGN) die Anleger mit einer überraschenden Umsatz- und Gewinnwarnung auf dem falschen Fuß erwischt.
Planmäßig allerdings stehen zu diesem frühen Zeitpunkt im Quartal nur wenige Unternehmenstermine auf der Agenda. So wird der IT-Leasing-Anbieter Grenke (4:GLJn) am Dienstag über sein Neugeschäft berichten.