Great Transformation: Neue Ära für Weltwirtschaft und Kapitalmärkte
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Emittent / Herausgeber: Union Investment / Schlagwort(e): Marktbericht
Great Transformation: Neue Ära für Weltwirtschaft und Kapitalmärkte (News
mit Zusatzmaterial)
16.02.2023 / 11:30 CET/CEST
Für den Inhalt der Mitteilung ist der Emittent / Herausgeber verantwortlich.
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* Fünf Trends prägen das Zeitalter der "Great Transformation"
* Mehr Rivalität: Großmachtwettbewerb ersetzt Globalisierung
* Mehr Wachstum: Chronische Nachfrageschwäche ist vorbei
* Mehr Inflation: Resilienz schlägt Effizienz
* Höhere Zinsen: Kapital wird knapper
* Höhere Volatilität: Real- und Finanzwirtschaft werden anfälliger
Frankfurt am Main, 16. Februar 2023 - Für Weltwirtschaft und Kapitalmärkte
ist ein neues Zeitalter angebrochen. "Mit dem Krieg in der Ukraine wurde der
während der Coronapandemie begonnene Epochenwechsel vollendet. Wir befinden
uns nun in einem Wachstumsregime, das von strukturellen Umbrüchen
gekennzeichnet ist", sagte Dr. Frank Engels, im Vorstand von Union
Investment zuständig für das Portfoliomanagement, bei der
Jahrespressekonferenz der Fondsgesellschaft. Diese neue Ära der "Great
Transformation" wird seiner Einschätzung nach in den kommenden Jahren das
Kapitalmarktumfeld maßgeblich prägen und Anlageentscheidungen unmittelbar
beeinflussen. Engels sieht dabei erhebliche Unterschiede zu vergangenen
Dekaden und macht fünf wesentliche Trends aus.
Mehr Rivalität: Großmachtwettbewerb ersetzt Globalisierung
Der Krieg in Osteuropa hat nicht nur Zehntausende Menschenleben gefordert
und enorme Schäden verursacht - er hat auch den Übergang in eine neue
Weltordnung vollendet. "Auf die Globalisierung folgt der Großmachtwettbewerb
um die weltweite Vormachtstellung zwischen den USA und China", analysierte
Engels. Waren bislang die tonangebenden Staaten an einem internationalen
System regelgebundener Kooperation interessiert, so überwiegt nun der
Argwohn. In diesem Umfeld steigen die Sicherheitsbedürfnisse. Aus Sicht
nationaler Regierungen erscheint es daher rational, strategische
Abhängigkeiten zu reduzieren und sicherheitspolitische Risiken zu minimieren
- auch um den Preis von Wohlstandsverlusten. "Wirtschaftspolitik wird zu
einem Teil der Sicherheitspolitik", erläuterte Engels.
Der Globalisierungsschub der vergangenen 40 Jahre dürfte damit auslaufen.
"Wir werden weiter grenzüberschreitenden Handel und globale
Produktionsketten haben", ist der Kapitalmarktstratege überzeugt. "Aber
Politiker und Unternehmenslenker werden künftig die Möglichkeit
internationaler Krisen und weiterer Pandemien verstärkt ins Kalkül ziehen.
Unter Partnern sind strategische Abhängigkeiten in den Lieferketten und
speziell bei Rohstoffen kein Problem - aber diese Zeiten sind vorbei", sagte
Engels. Denn wenn Handelspartner sich zu geopolitischen Rivalen entwickeln,
werden Abhängigkeiten zum existenziellen Risiko. "Die Resilienz wichtiger
Lieferketten und eine größere Diversifizierung bei der Energieversorgung
werden zum strategischen Imperativ. Daher gewinnen Near- und Friendshoring
an Bedeutung", folgerte er. Mit anderen Worten: Lieferketten und
Produktionsstandorte werden teilweise zurückverlagert ins eigene
Staatsgebiet oder zu befreundeten Ländern.
Mehr Wachstum: Chronische Nachfrageschwäche ist vorbei
Insbesondere in den USA legt diese Entwicklung den Grundstein für einen
physischen Investitionsboom. "Die Biden-Administration will in
Schlüsselindustrien unabhängig von China werden und treibt den dafür
notwendigen wirtschaftlichen Umbau voran", beobachtete Engels. Eine Mischung
aus Investitionsanreizen und aktiver Industriepolitik soll gewährleisten,
dass die Lieferketten von Zukunftstechnologien wie Computerchips, Batterien,
Elektroautos und kritischen Mineralien vornehmlich im eigenen Land oder
zumindest in befreundeten Regionen angesiedelt werden. "Die USA wollen den
Hauptkonkurrenten China aus diesen Bereichen ausschließen", sagte der
Kapitalmarktstratege und sieht in den Investitionsplänen globaler Chip- und
Batteriehersteller in den USA bereits eine erste Folge. "Diese Dynamik wird
weiter zunehmen, denn auch den technologisch führenden europäischen
Clean-Tec-Unternehmen möchte man mittels aktiver Industriepolitik Anreize
für Investitionen in den USA bieten", prognostizierte er.
In der Folge rechnet Engels mit einem Anstieg des langfristigen
Wachstumspotenzials in den USA und auf dem europäischen Kontinent. Physische
Investitionen wie zum Beispiel der Bau von Fabriken haben stärkere
Wachstumswirkungen als etwa Software, da sie weniger skalierbar sind. "Diese
Art der Investitionen schafft mehr Arbeitsplätze, erhöht die Lohnsumme und
hat folglich mehr Nachfrage zur Folge", schlussfolgerte er. Hinzu kommen
Produktivitätssteigerungen aus einem leistungsfähigeren Produktionsapparat,
besserer Infrastruktur und verstärkter Digitalisierung. Besonders spürbar
dürfte der Effekt seiner Einschätzung nach in den USA ausfallen, während in
Europa zunächst das Thema Energiesicherheit höchste Priorität genieße. Daher
bestünde die Gefahr, dass die europäischen Staaten Investitionen in den
grünen und digitalen Wandel vorerst noch zurückstellten. Die positive
Wirkung auf das europäische Wachstumspotenzial könnte sich deshalb etwas
verzögern.
Mehr Inflation: Resilienz schlägt Effizienz
Im Jahr 2023 dürfte sich die Gesamtinflation zwar weltweit abschwächen, ein
nachhaltiger Rückgang auf Niveaus von vor Ausbruch der Coronapandemie ist
aber zumindest bei der Kerninflation nicht zu erwarten. Denn in der "Great
Transformation" wirken mehrere Trends strukturell inflationstreibend. Der
Investitionsboom bei Infrastruktur und neuen Produktionsstrukturen wird die
gesamtwirtschaftliche Nachfrage befeuern, und nicht immer wird das Angebot
Schritt halten können. "In diesen Fällen wird der Markt über steigende
Preise ins Gleichgewicht gebracht werden müssen", analysierte Engels. Zudem
werden Unternehmen nach den Erfahrungen von Pandemie und Ukrainekrieg der
Sicherheit ihrer Lieferketten besondere Bedeutung zumessen - im Zweifel auch
um den Preis höherer Kosten. Denn die Standorte von Produktion und
Lieferketten würden zunehmend nicht mehr nach den Kriterien der
größtmöglichen Spezialisierung und geringer Kosten global ausgewählt,
sondern das Kriterium der Sicherheit und Stabilität dürfte mittelfristig
deutlich an Bedeutung gewinnen. "Resilienz schlägt Effizienz", fasste der
Kapitalmarktstratege zusammen.
Höhere Zinsen: Kapital wird knapper
Der skizzierte Investitionsboom wird sich nicht nur auf Wachstumspotenzial
und Inflation auswirken, sondern auch den Gleichgewichtszins nach Abzug der
Teuerung erhöhen. "Kapital wird knapper, und das reale Zinsniveau steigt",
erklärte Engels den Zusammenhang. Einer bestenfalls gleichbleibenden
Ersparnis - also dem Kapitalangebot - steht eine strukturell höhere
Kapitalnachfrage gegenüber. "Der Effekt auf den Preis des Geldes ist klar.
Der Zins muss folglich höher bleiben als in der letzten Dekade", formulierte
er die mittel- bis langfristigen Folgen.
Ausgehend vom aktuellen Zinsniveau sieht Engels allerdings nur noch einen
moderaten Bedarf für weiter steigende Zinsen. "Wir haben im Jahr 2022
bereits einen deutlichen Anstieg der nominalen Zinsen gesehen, nicht zuletzt
aufgrund der wesentlich strafferen Geldpolitik. Die für den Kapitalmarkt
wichtigen Zentralbanken in den USA und der Eurozone werden ihre Leitzinsen
im ersten Halbjahr 2023 noch moderat anheben mit dem Ziel, die Realzinsen in
den positiven Bereich zu heben. Auch wenn derzeit deutschen Sparern nach
Abzug der aktuellen Inflation noch ein negativer Realzins verbleibt, so ist
bei fallender Gesamtinflation frühestens 2024 mit positiven Realzinsen zu
rechnen."
Höhere Volatilität: Real- und Finanzwirtschaft werden anfälliger
Bereits in den letzten Jahren waren Real- und Finanzwirtschaft relativ
schwankungsanfällig. Daran dürfte sich nach Einschätzung von Engels künftig
nichts ändern: "Die geostrategische Unsicherheit, die sich aufgrund des
Krieges in der Ukraine sowie des zunehmenden Großmachtwettbewerbs zwischen
den USA und China ergibt, bedingt auch eine höhere makro- und
mikroökonomische Unsicherheit und damit eine höhere Finanzmarktvolatilität."
Zudem führe die abnehmende Bevölkerung in der westlichen Welt und in China
dazu, dass sich der Fachkräftemangel zu einem generellen Arbeitskräftemangel
ausweite. "Konjunkturelle Wachstumsphasen werden schneller zu Lohn- und
Preisdruck führen, worauf Notenbanken wieder vermehrt mit restriktiver
Geldpolitik reagieren müssen. In Summe bedeutet dies mehr Wachstums- und
Inflationsvolatilität bei strukturell höheren Zinsen", begründete Engels.
Folgen für die Kapitalmärkte
Als Konsequenz aus dem Epochenwechsel hin zur "Great Transformation" sieht
Engels Trendbrüche bei wesentlichen Merkmalen der vergangenen Jahre.
Investoren rät er daher, das neue Wachstumsregime bei der künftigen
Anlagepolitik schon heute zu berücksichtigen. "Der neutrale US-Leitzins als
Anker der Zinsmärkte sollte wieder in den Bereich von 3,5 Prozent steigen.
Damit sind Anleihen für viele Anleger wieder zurück im Spiel", sagte der
Kapitalmarktstratege. Er sieht die Rentenmärkte vor einer Renaissance.
Technisch gesprochen verflacht sich die Rendite-Risiko-Linie an den
Kapitalmärkten, Anleihen gewinnen also relativ gegenüber Aktien nach und
nach an Attraktivität. Im Ergebnis sind viele Investorengruppen nicht mehr
gezwungen, für die Erreichung ihrer Ertragsziele die Risikoleiter
hochzuklettern.
Die Entwicklung an den Aktienmärkten dürfte künftig weniger stark von
Wachstumstiteln abhängen. Denn seit der globalen Finanzkrise war Wachstum
knapp, und Investoren waren bereit, einen Aufschlag auf entsprechende Werte
zu bezahlen. Mit dem höheren Wachstumsniveau entfällt dieser Anreiz, und
Substanzwerte werden attraktiver. Eine ausgewogene Allokation bei Aktien
erscheint daher ratsam.
Mit Blick auf die Aktienselektion empfahl Engels, den Fokus stärker auf die
Gewinnmargen zu legen. "Seit 1999 fußte das Gewinnwachstum der Unternehmen
zu einem großen Teil auf Margenausweitungen und Umsatzwachstum. In der Ära
der ,Great Transformation' kommen die Gewinnmargen unter Druck", meinte er.
"Ineffizientere Lieferketten, ein knapperes Arbeitskräfteangebot und höhere
Zinsen werden die Kosten steigen lassen. Nicht jedes Unternehmen wird diese
Belastungen durch Preissteigerungen auffangen können", sagte Engels. Damit
gewinnen stabile oder gar steigende Gewinnmargen an Bedeutung für den
Anlageerfolg. Besonders aussichtsreich dürften daher Unternehmen sein, die
beständige und hohe Gewinnmargen aufweisen oder aber gering verschuldet
sind, ganz unabhängig von Branchen und Regionen. Herausforderungen sieht er
hingegen für frühere Globalisierungsgewinner.
Trends im aktuellen Umfeld schon sichtbar
Nicht alle, aber einige Trends der "Great Transformation" wirken Engels'
Einschätzung nach bereits heute auf das Kapitalmarktumfeld. "Höhere
Inflation und Zinsen oder auch die bessere Wertentwicklung von
Substanzwerten auf der Aktienseite sind erste Vorboten des neuen
Wachstumsregimes", erklärte er mit Blick auf die vergangenen Monate. Engels
rechnet damit, dass diese Entwicklung anhalten dürfte. Zudem sieht er
Rohstoffe und dabei insbesondere Industriemetalle , Aktien vor allem
Infrastrukturwerte und inflationsgeschützte Anleihen als langfristige
Profiteure des anbrechenden Investmentzeitalters.
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Zusatzmaterial zur Meldung:
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