Investing.com – Die Pandemie, der Russland-Ukraine-Krieg und die sich verschlechternden Handelsbeziehungen haben die Welt vom gewohnten Weg abkommen lassen. Und der neue Weg, auf dem wir uns nun befinden, wird für alle sehr steinig und beschwerlich werden.
Die von den Globalisierungsgegnern geforderte Antiglobalisierung nimmt Fahrt auf, was unser Leben noch viel mehr auf den Kopf stellen wird als es jetzt vorstellbar ist. Der so lieb gewonnene Lebensstil, mit regelmäßigem Urlaub, geleastem Auto und dem Tragen neuester Modetrends, wird sich nicht mehr halten lassen. Das für unseren Wohlstand verantwortliche Wachstum der vergangenen 40 Jahre beruhte auf Globalisierung, die es schon bald nicht mehr gibt, wie Charles Hugh erklärt.
Die neuesten geopolitischen Entwicklungen haben bereits den Grundstein dafür gelegt, dass die einst hochprofitablen Handelsbeziehungen aufgekündigt werden. Die wirtschaftlichen Interessen spielen eine immer kleiner werdende Rolle, sie müssen den politischen Ambitionen eines Landes weichen. Anders ist es nicht zu erklären, warum der globale Westen den Export von neuester Chiptechnologie nach China verbietet und China inzwischen den Handel von Gallium und Germanium einschränkt.
Damit trifft uns China an der Achillesferse, denn die beiden Seltenen Erden finden sich in jeder Solaranlage, jedem Elektroauto, Computerchips und modernen Waffentechnologien wieder. China verfügt über die weltweit größten Vorkommen und besitzt quasi ein Monopol, denn es kontrolliert 83 und 94 Prozent des internationalen Handels dieser beiden Metalle.
Aber das ist noch nicht alles, denn es ist erst der Beginn einer völlig neuen Ära.
Der ehemalige stellvertretende Handelsminister Chinas, Wei Jianguo, erklärte gegenüber der China Daily, dass die neuen Exportbeschränkungen erst der Anfang sein werden, wenn China weiterhin der Zugang zur Hochtechnologie verwehrt wird.
In Europa ist man sich dieser Entwicklung bewusst, wie der Rabobank Senior-Analyst Benjamin Picton feststellt. Er verweist auf die Rede der EZB-Präsidentin Christine Lagarde vor dem Rat für Auslandsbeziehungen (Council on Foreign Relations) in New York. Lagarde sprach davon, dass "wir Zeugen der Zerschlagung der Weltwirtschaft in konkurrierende Blöcke werden".
Picton kommt wie Charles Hugh zu dem Schluss, dass die Finanzmärkte und der Welthandel zunehmend den Zielen der nationalen Politik untergeordnet werden.
Was das bedeutet, liegt auf der Hand, die Jagd nach Allzeithochs von DAX, Nasdaq, Dow Jones & Co ist vorbei. Die neue Realität der Unternehmen wird es sein, mit großen Liefer- und Nachfrageschwierigkeiten konfrontiert zu werden, denn Lieferketten brechen genauso ersatzlos weg wie Absatzmärkte.
Wie schnell das geht, zeigten die Sanktionen gegen Russland, die dazu führten, dass unzählige Unternehmen ihre russischen Geschäftszweige abstoßen mussten, während der Kreml die Übernahmepreise für Fabriken diktierte.
Picton verweist darauf, dass man in Europa bereits warnt, dass die gewünschte Unabhängigkeit von Handelsbeziehungen nichts Positives ist, denn sie führt zu einer Verringerung derselben.
Gleichzeitig wünscht sich der französische Präsident Emmanuel Macron nichts mehr als "strategische Autonomie". Keine wirklich gute Idee, wie Picton zu bedenken gibt, denn wir Europäer verdanken unseren Lebensstandard den Dollartransfers im Rahmen des Marshall-Plans und unsere Sicherheit dem US-Militär. Dieses schöne Leben ist ganz schnell vorbei, wenn der militärische Schutz und die Kapitalströme versiegen.
An den Finanzmärkten ist davon noch nichts zu spüren. Zu groß ist die Angst, etwas zu verpassen, während Fondsmanager nur die für ihre nächste Bonuszahlung wichtige Rendite im Blick haben. Außerdem lässt es sich mit dem Geld anderer Leute viel entspannter zocken.
Doch wehe dem, der Markt erkennt, dass der Kuchen neu verteilt wird und die als unbesiegbar geltenden Flaggschiffe wie Tesla (NASDAQ:TSLA), Nvidia (NASDAQ:NVDA), Microsoft (NASDAQ:MSFT), Apple (NASDAQ:AAPL) etc. auf riesigen Überkapazitäten sitzen bleiben, nachdem Absatzmärkte über Nacht genauso verschwunden sind wie verlässliche Lieferketten.
Selbst ohne diese dystopischen Aussichten ist es um die Wirtschaft nicht gut bestellt. Peter Schiff verweist darauf, dass der Fed-Vorsitzende Jerome Powell bereits einräumte, dass das Inflationsziel von 2 Prozent wahrscheinlich nicht vor 2025 erreicht wird. Eine Aussage, der Schiff sehr skeptisch gegenübersteht:
"Das sind noch zwei weitere Jahre. Und natürlich liegt er immer noch falsch. Wir werden auch dann die 2 % nicht erreicht haben. In zwei Jahren kann viel passieren, einschließlich einer großen Rezession, was bedeutet, dass viel Geld gedruckt wird, was wiederum mit sich bringt, dass die Inflation anziehen dürfte. Wenn man zwei Jahre in die Zukunft blicken muss, um eine Inflation von 2 % vorherzusagen, hat man keinerlei Vertrauen in die Genauigkeit dieser Prognose. Mit anderen Worten: Powell hat keine Ahnung, wann, wenn überhaupt, die Inflation auf 2 % zurückgehen wird. Das ist ein verblüffendes Eingeständnis."
Selbst Fed-Ökonomen sprechen mittlerweile davon, dass es um die US-Wirtschaft schon jetzt so schlecht bestellt ist wie seit 50 Jahren nicht mehr.
Somit bleibt festzuhalten, dass die Rallye an den Aktienmärkten überhaupt nichts damit zu tun hat, dass eine Phase der sprudelnden Gewinne vor uns liegt. Sie basiert lediglich auf einer Anpassung der Positionierung, weil zu viele Short-Positionen zu lang unter Wasser waren und geschlossen wurden.
Vorhersagbarkeit und Stabilität sind Schnee von gestern. Das Unmögliche wird plötzlich nicht nur möglich, sondern unvermeidlich.