PARIS/LONDON (dpa-AFX) - Die europäischen Aktienmärkte haben am Freitag insgesamt leichte Kursverluste verzeichnet. Dabei versuchen die Börsianer nach dem Paukenschlag der Schweizerischen Nationalbank (SNB) vom Vortag wieder zur Tagesordnung zurückzukehren. Am Donnerstag hatten die Währungshüter in Zürich vollkommen überraschend den Mindestkurs von 1,20 Franken je Euro aufgehoben. Der Franken gewann blitzartig deutlich an Wert. Vor allem die Schweizer Börse geriet in Turbulenzen, aber auch an den anderen europäischen Märkten schwankte es heftig.
Vor dem Wochenende bröckelte der EuroStoxx-50-Index (DJ Euro Stoxx 50) zuletzt um 0,33 Prozent auf 3146,92 Punkte etwas ab. Der Leitindex der Eurozone kämpft aktuell mit seiner 200-Tage-Linie, die von vielen Anlegern als Signalgeber beachtet wird. Sie gilt auch als Hilfsmittel, um den langfristigen Trend zu zeigen. In Paris gab der Leitindex CAC 40 (CAC 40) um 0,28 Prozent auf 4311,25 Punkte nach. Der Londoner FTSE-100-Index (ISE:UKX) verlor 0,37 Prozent auf 6474,76 Zähler.
Die überraschende Freigabe des Franken sorgte noch für Nachbeben an der Schweizer Börse: Der Leitindex SMI (SFF:SMI) rutschte zeitweise auf ein Tief seit Dezember 2013 und verlor zuletzt 6,37 Prozent auf 7865,61 Punkte. Ein starker Franken erhöhe den Druck auf den Schweizer Aktienmarkt, der wegen hoher Bewertungen ohnehin schon verwundbar sei, schrieb Analyst Peter Sullivan von HSBC. Nutznießer der Franken-Aufwertung seien dagegen die anderen europäischen Börsen.
Die Aktien von Julius Bär (VTX:BAER) rutschten am SMI-Ende um weitere 8,66 Prozent auf 36,90 Franken ab. Barclays-Analyst Jeremy Sigee sieht die Investmentbank als größten Verlierer der Franken-Aufwertung in der Branche. Die Anteile am Telekomkonzern Swisscom (VTX:SCMN), der aufgrund des starken Inlandsgeschäfts kaum abhängig ist von der Währungsentwicklung, hielt sich wie schon am Vortag am besten in dem Index. Selbst diese Aktie verlor aber 2,64 Prozent.
Zu den Gewinnern im europäischen Handel zählten die Energiewerte, die an ihre Gegenbewegung vom Vortag anknüpfen konnten nach ihrer jüngsten Talfahrt. Der Sektor profitiert von einer Stabilisierung der Rohölpreise: US-Öl der Sorte WTI und auch das Brent-Nordseeöl verteuerten sich zuletzt um fast 3 Prozent. Der Branchenindex Stoxx 600 Oil & Gas (DJX:SXEP) gewann 0,69 Prozent als bester Subindex in Europa. Zu den Favoriten im Eurozonen-Leitindex zählten die Anteile am französischen Ölkonzern Total (PSE:PFP) mit plus 0,98 Prozent.
Spitzenwert im europaweiten Stoxx-50-Index waren BP-Aktien , die in London 2,61 Prozent auf 402,85 Pence zulegten. Der britische Ölkonzern konnte bei der juristischen Aufarbeitung der verheerenden Explosion auf der Plattform "Deepwater Horizon" einen Zwischenerfolg erringen.