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Bitcoin-Killer Libra? Warum Facebook daran scheitern wird

Veröffentlicht am 23.06.2019, 15:02
© Reuters.
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Mit einem guten Schuss Selbstbewusstsein wagt Facebook (NASDAQ:FB) (WKN: A1JWVX) den Sprung in die Welt der digitalen Bezahlsysteme. In der Presse wird die Frage gestellt, ob hier der große Bitcoin-Killer unterwegs sein könnte. Dabei hat die „Libra“ getaufte digitale Währung nur wenig mit Bitcoin gemein – außer dass sie voraussichtlich beide letztlich scheitern werden. Ein Treiber für die Facebook-Aktie entsteht hier nicht.

Das ist Libra Libra ist keine Kryptowährung, sondern ein Stable-Coin. Die Einheiten werden nicht wie bei Bitcoin (durch das milliardenfache Durchführen eines kryptografischen Rechenverfahrens, bis ein Zielwert zufällig erreicht ist) geschürft, sondern ganz simpel verkauft, ganz ähnlich wie wir das seit vielen Jahren bereits von der GeldKarte oder auch von PayPal (WKN: A14R7U) kennen. Zwei kleine Unterschiede zu Letzteren sind jedoch zu beachten: Erstens setzt man sich beim Kauf einem gewissen Währungsrisiko aus, weil der Wert der Libra an einen internationalen Währungskorb gebunden ist. Zweitens wird der Kontostand mit Blockchain-Technik gespeichert und verwaltet.

Entsprechend wird eine sogenannte Wallet-Software gebraucht, die sich mit der Blockchain-Infrastruktur über das Internet verbinden kann. Die Idee von Facebook ist, dieses Wallet mit den beliebten sozialen Netzwerken lose zu verbinden, um von Anfang an eine weltweite Nutzerbasis zu haben. Vielleicht bekommt jeder nach der Registrierung sogar einen kleinen Betrag zur Belohnung eingebucht, sodass er sofort loslegen und etwa seine Freunde mit Libras beglücken kann.

Facebook bemüht sich auch, bei dem Projekt nicht völlig im Mittelpunkt zu stehen. Von Anfang an wurden 27 Partner ins Boot geholt, von Vodafone (LON:VOD) (WKN: A1XD9Z) und Visa (NYSE:V) (WKN: A0NC7B) bis PayPal und Lyft (NASDAQ:LYFT) (WKN: A2PE38). Deren Zahl soll noch weiter wachsen und über die kommenden Jahre ist eine weitere Dezentralisierung geplant.

Insgesamt haben wir also ein Zahlungssystem, das schnelle und auch grenzüberschreitende Geldtransaktionen ermöglicht, dessen Geldeinheiten im Gegensatz zu Kryptowährung genauso stabil wie die darunterliegenden Fiat-Währungen sind, und deren Kontoführung dezentral und transparent per Blockchain erfolgt. Hört sich alles erst mal nicht so schlecht an, oder?

Warum es scheitern wird Zunächst ist festzustellen, dass zwischen dem technisch Möglichen und dem in der Praxis Realisierbaren manchmal ein großer Graben liegt. Internationale Geldtransaktionen sind ein hochsensibles Thema. Visa ist deshalb so erfolgreich, weil es innerhalb des Bankensystems agiert und dort strenger Aufsicht unterliegt. Kryptowährungen hingegen lassen sich in der Regel nur sehr eingeschränkt einsetzen. Selbst für Bitcoins gibt es kaum Akzeptanzstellen, schon gar nicht in Entwicklungsländern.

PayPal wiederum arbeitet seit vielen Jahren daran, ein weltumspannendes Zahlungssystem zu schaffen. Doch bis heute ist es nicht gelungen, alle Länder abzudecken. Es erscheint ziemlich offensichtlich, dass auch die Facebook-Initiative an ihre Grenzen stoßen wird. Es gab auch sofort negative Reaktionen aus verschiedenen Richtungen. Die drohende Verbindung von Zahlungsdaten mit Profilen der sozialen Netzwerke schürt Misstrauen. Außerdem wird Missbrauch rund um das Thema „Geldwäsche“ befürchtet.

Hinzu kommen absehbar Probleme mit den Kartellbehörden. Genauso wie etwa Microsoft (NASDAQ:MSFT) (WKN: 870747) seine Betriebssystemmacht nicht nutzen durfte, um seinen Webbrowser durchzusetzen, wird auch Facebook seine dominante Position nicht dafür einsetzen dürfen, um ein eigenes weltweites Zahlungssystem durchzudrücken. Auf die eine oder andere Weise wird die Wallet-Software daher geöffnet werden müssen, um auch konkurrierenden Angeboten Zugang zu verschaffen.

Daneben frage ich mich, ob der Bedarf überhaupt so wahnsinnig groß ist, wie behauptet wird. Es werden immer die vielen Hundert Millionen Menschen genannt, die „underbanked“ seien, die also kein eigenes Bankkonto haben, wohl aber ein internetfähiges Handy. Dass diese jedoch in großer Zahl darauf warten, ihre spärlichen Ressourcen in Libra zu tauschen, wage ich zu bezweifeln.

Grundsätzliche Bedenken Als letzter und vielleicht wichtigster Punkt ist daran zu denken, dass Blockchain-Technik eigentlich eher ungeeignet für ein offenes Zahlungssystem ist. Schließlich bedeutet das, dass sämtliche Transaktionsdaten in einer einzigen Datenbank gespeichert sind, auf die unzählige Stellen – sprich Händler, Geheimdienste, Werbewirtschaft etc. – kompletten Zugriff haben. Es öffnet dem Missbrauch Tür und Tor.

Selbst wenn Pseudonyme und ausgefeilte Verschlüsselungstechniken eingesetzt werden, wird auf lange Sicht nicht zu verhindern sein, dass die Kontobewegungen einzelnen Personen zugeordnet werden können. Über einen aktiven Libra-Nutzer wird man dann beispielsweise in Erfahrung bringen können, dass er Geldsummen zu sozialistischen Institutionen transferiert, dass er in Onlineshops für Personen des dritten Geschlechts einkauft und dass er letztes Jahr in Afghanistan war.

Da will ich lieber selbst wählen können, wem ich meine Zahlungsdaten anvertraue – oder gleich bar bezahlen. Außerdem will ich gar nicht in die Lage versetzt werden, per Knopfdruck größere Geldsummen ins Ausland transferieren zu können – gegebenenfalls mit dem Messer am Hals. Auch durch die geplante Einführung von „Smart Contracts“, die unter definierten Bedingungen automatisierte Zahlungen auslösen, würden Trickbetrüger leichtes Spiel haben.

Ich komme also zum Schluss, dass Libra zwar eine schöne Vision für eine wunderbare Welt wäre. Aber für die harsche Realität wird es keine Lösung abseits von eng definierten Nischen darstellen, selbst wenn Facebook sich mit all seiner Macht dahinterklemmt.

Ralf Anders besitzt keine Kryptowährungen und keine der erwähnten Aktien. Teresa Kersten, eine Mitarbeiterin von LinkedIn (NYSE:LNKD), einer Microsoft-Tochtergesellschaft, ist Mitglied im Board of Directors von The Motley Fool. Randi Zuckerberg, ehemaliger Direktor für Marktentwicklung und Sprecherin von Facebook und Schwester von dessen CEO Mark Zuckerberg, ist Mitglied des Vorstands von The Motley Fool. The Motley Fool besitzt Aktien von Facebook, Microsoft und PayPal Holdings und empfiehlt diese.

Motley Fool Deutschland 2019

Dieser Artikel erschien zuerst auf The Motley Fool

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