Frankfurt (Reuters) - Nach vier Tagen mit Kursgewinnen in Folge haben einige Anleger Kasse gemacht.
Dax und EuroStoxx50 verloren 0,3 Prozent auf 9930,71 und 2926,14 Punkte. "Angesichts eines Aufschlages von rund sechs Prozent allein in den zurückliegenden drei Handelstagen kommt ein Abebben der Aufwärtsdynamik nicht allzu überraschend", sagte Analyst Gregor Kuhn vom Brokerhaus IG Markets. Größere Rücksetzer verhindere die starke Wall Street. Dow Jones und S&P 500 markierten mit 18.390,16 und 2156,45 Zählern neue Bestwerte.
"Als weitere Stütze fungiert die Ernennung Theresa Mays als neue Premier-Ministerin Großbritanniens", fügte Kuhn hinzu. "Mit der Übernahme der Regierung kehrt zumindest wieder so etwas wie politische Stabilität im Inselreich ein." Investoren hoffen auf einen baldigen Start der Verhandlungen über das zukünftige Verhältnis Großbritanniens zur EU. Der Londoner Aktienindex FTSE stieg daher zeitweise auf ein Elf-Monats-Hoch von 6717,17 Punkten.
Außerdem spekulierten Investoren darauf, dass die Bank von England (BoE) den Leitzins am Donnerstag senkt, um die Folgen eines Brexit abzufedern. Jens Klatt, Marktanalyst des Brokerhauses JFD, bezeichnete einen solchen Schritt allerdings als verfrüht. Schließlich sei das Referendum über den Ausstieg des Vereinigten Königreichs gerade einmal drei Wochen her. "Die BoE müsste sich auf vage Prognosen und Ausblicke stützen, denen jede faktische Grundlage fehlt." Das Pfund Sterling gab seine Anfangsgewinne wieder ab und verlor bis zum Abend einen halben US-Cent auf 1,3194 Dollar.
BREXIT? WELCHER BREXIT?
Volkswirt Kit Juckes von der französischen Bank Societe Generale (PA:SOGN) riet zur Vorsicht. "Jedermann erzählt uns, dass die europäischen und US-Wachstumsraten von der Abkühlung der britischen Konjunktur kaum beeinträchtigt werden. Das geht total gegen die Wechselwirkungen der großen Volkswirtschaften in einer immer enger vernetzten Welt." Finanzmarkt-Experte Rupert Baker vom Vermögensverwalter Mirabaud betonte, dass er sich wieder verstärkt Gold ins Depot lege. Die "Antikrisen-Währung" verteuerte sich am Mittwoch um 0,8 Prozent auf 1342,65 Dollar je Feinunze (31,1 Gramm). Am Devisenmarkt gingen Dollar-Anleger ebenfalls auf Nummer sicher und nahmen Gewinne mit. Dies verteuerte den Euro um mehr als einen halben US-Cent auf 1,1111 Dollar.
Auch nach Einschätzung von Tobias Davis, leitender Händler der Western Union Bank, steht die Aktienrally der vergangenen Tage auf wackligen Beinen. "Der Weg voraus erscheint unglaublich schwierig. Das wirtschaftliche Umfeld verschlechtert sich." Aktien profitierten hauptsächlich davon, dass viele Staatsanleihen inzwischen ein Verlustgeschäft seien. Der Bund bot seine zehnjährigen Papiere erstmals ohne Zinszahlung an. Anleger gaben sich bei der Versteigerung mit einer Rendite von minus 0,05 Prozent zufrieden. Damit müssen sie dafür bezahlen, Deutschland Geld leihen zu dürfen. Die bereits gehandelten Titel rentierten bei minus 0,143 Prozent.
NOKIA AN DER EUROSTOXX50-SPITZE
Im EuroStoxx50 waren Nokia (HE:NOKIA) mit einem Kursplus von 4,8 Prozent Spitzenreiter. Der Telekomausrüster und einstige Handy-Pionier profitierte von einer Patentvereinbarung mit dem südkoreanischen Rivalen Samsung, die Analysten positiv werteten.
An der Wall Street gehörte Allergan (NYSE:AGN) zu den Favoriten. Die Aktien des Botox-Herstellers verteuerten sich um 1,8 Prozent, nachdem der TV-Sender CNBC berichtet hatte, der Teva-Deal erhalte in den kommenden beiden Wochen grünes Licht von den Behörden. Die Ratiopharm-Mutter will Allergan-Geschäftsbereiche im Volumen von 40,5 Milliarden Dollar übernehmen. Die in den USA notierten Teva-Titel gewannen 4,2 Prozent.