Investing.com - Der Tech-Sektor hat in letzter Zeit kräftig zugelegt. Doch das ruft nun auch die Börsen-Bären auf den Plan - allen voran Michael Wilson von der US-Bank Morgan Stanley (NYSE:MS). Der Aktienexperte hält die Rallye von mehr als 20 % für nicht nachhaltig und erwartet neue Tiefststände.
Als die Anleger nach dem Kollaps mehrerer US-amerikanischer Banken aus wirtschaftlich sensiblen Sektoren wie etwa Banken flüchteten, gelang dem Tech-Index Nasdaq 100 der Sprung zurück in den Bullenmarkt. Nach Einschätzung von Wilson ist dieser Trend jedoch nur vorübergehend. Er sieht das bessere Risiko-Ertrags-Profil bei Versorgern (NYSE:XLU), Staples (NYSE:XLP) und im Gesundheitswesen (NYSE:XLV).
Den Anlegern rät Wilson zu einer defensiven Portfolioausrichtung und zur Konzentration auf Unternehmen "mit hoher operativer Effizienz und Ertragsqualität (hoher Cashflow im Verhältnis zu den ausgewiesenen Erträgen). Wir sehen wenig Anzeichen dafür, dass ein neuer Bullenmarkt begonnen hat und glauben, dass der Bärenmarkt noch nicht vorbei ist".
"Die Tech-Branche ist eher prozyklisch und erreicht in Bärenmärkten zeitgleich mit dem breiteren Markt die Talsohle", gibt Wilson zu bedenken. Und weiter: "Wir raten dazu, auf ein tragfähiges Tief im breiten Markt zu warten und erst dann aggressiv in Tech-Werte (NYSE:XLK) zu investieren."
Darüber hinaus äußerte Wilson Zweifel daran, dass die geldpolitische Straffung der Federal Reserve (Fed), wie derzeit vom Markt erwartet, schon bald abgeschlossen sein wird. Seiner Einschätzung handelt es sich bei dem kürzlich ergänzten Bankenfinanzierungsprogramm um keine quantitative Lockerung, die sich stimulierend auf Risikoanlagen auswirken wird.
Und auch John Lynch, Chief Investment Officer bei Comerica (NYSE:CMA) Wealth Management, warnt vor verfrühtem Optimismus. Die zunehmend invertierte Renditekurve der US-Staatsanleihen sei ein klares Warnsignal an die Investoren, schrieb er in einer Notiz.
Laut dem Experten ist die Rendite der 2-jährigen Staatsanleihe stärker gesunken als die der 10-jährigen Staatsanleihe - ein Trend, der vor jeder der letzten fünf Rezessionen zu beobachten war. Lynch ergänzte, dass die Verzinsung zweijähriger Treasuries nun etwa 100 Basispunkte unter der Federal Funds Rate liegt, was seiner Beobachtung nach eine wesentliche Bedingung für frühere Rezessionen war.
"Wir sind der Meinung, dass die Botschaft der zweijährigen Treasury-Bills zur Vorsicht mahnt und nicht als grünes Licht für die Outperformance von Growth- und Technologie-Titeln zu werten ist", schrieb Lynch. "Die Marktzinsen sinken nicht ohne Grund, und der Rentenmarkt deutet weiterhin auf eine Rezession hin. Daher sind wir weiterhin der Überzeugung, dass sich ein wirtschaftlicher Abschwung abzeichnet. Eine solide Beschäftigung bleibt unserer Meinung nach ein günstiger Hintergrund, der auf eine milde Rezession hindeutet".
Die Zehnjahresrendite lag zuletzt leicht niedriger bei 3,488 %. Die zweijährigen Bonds rentierten dagegen etwas höher bei 4,087 %. Die Zinsstrukturkurve der Staatsanleihen, d. h. die Differenz zwischen den Renditen langfristiger und kurzfristiger Schuldverschreibungen, gilt als zuverlässiger Rezessionsindikator und Barometer für die allgemeine Wirtschaftslage. In der Regel liegt die Verzinsung langfristiger Schuldtitel höher als die kurzfristiger Papiere.
von Robert Zach