Als die Ölpreise sich im letzten Sommer auf 80 USD das Fass zubewegten, brauchte es ein paar Telefonanrufe und eine Ankündigung der OPEC und Russlands, um den Markt zu stabilisieren. Zur Zeit bietet sich ein völlig anderes Bild, als der Preis von WTI droht in den 40-Dollarbereich einzubrechen und Brent in den Bereich von 50 USD.
Wir sehen zur Zeit regelmäßig Preisschwünge von drei bis vier Prozentpunkte im Tagesverlauf, die durch nichts mehr als Bemerkungen von US-Präsident Trump zu den Handelsbeziehungen mit China ausgelöst werden, während die Märkte kaum reagieren, wenn sich ein einflussreicher Ölminister eines OPEC-Mitglieds zu Wort meldet.
Der heutige Ölmarkt scheint von 3 Faktoren bestimmt zu sein:
1. Handelsbeziehungen
In dieser Woche haben die Ölmärkte wieder einmal bewiesen, dass sie von Spekulationen über die künftige Ölnachfrage bestimmt werden, die stark davon abhängt, ob die USA und China ihren Handelskonflikt beilegen können oder nicht. Der Ölpreis machte einen Sprung, als Trump seinen Plan vorstellte, das Inkrafttreten einiger neuer Zölle gegen Waren aus China von September auf Mitte Dezember zu verschieben.
2. Verbrauchsdaten
Verbrauchsdaten aus Europa und den USA sind die einzigen Messgrößen für das gegenwärtige Verhältnis von Angebot und Nachfrage, die einen Einfluss auf den Markt zu haben scheinen. Als die EIA die Märkte in der letzten Woche damit überraschte, dass die Rohölvorräte in den USA um 1,6 Mio Fass gestiegen sind, sanken die Ölpreise. Die US-Rohölförderung blieb stabil auf 12,3 Mio Fass am Tag. Vor zwei Wochen ließ eine überraschende Abnahme die Preise steigen, aber um weniger als einen Dollar das Fass. Letzte Woche verteuerte sich Brent um fast 2% auf die Nachricht, dass die europäischen Ölvorräte gefallen sind.
3. Konjunkturindikatoren
Jegliche Anzeichen einer Rezession oder eines globalen Konjunkturabschwungs bewegen alle Märkte, so auch Öl. Am Dienstag und Mittwoch kam dies in der Form rückläufiger Wachstumszahlen von der chinesischen Industrieproduktion und dem Auftreten invertierter Zinskurven für amerikanische 2- und 10-Jahresanleihen. Das ist ein traditionelles aber keineswegs sicheres Vorzeichen einer nahenden Rezession. Für Öl besteht die Befürchtung, dass eine Rezession zu einem Rückgang der Nachfrage führen könnte.
Die Ölmärkte ignorieren im Wesentlichen traditionelle Faktoren, aufgrund von Sorgen und Spekulationen über die Zukunft der Weltwirtschaft. Insbesondere, kümmern sich die Märkte um die folgenden Dinge nicht:
1. Aggression im Persischen Golf
Vor ein paar Wochen übernahm der Iran die Kontrolle eines unter britischer Flagge fahrenden Tankers im Persischen Golf, nachdem britische Behörden in Gibraltar einen iranischen Öltanker festgesetzt hatten, der auf dem Weg nach Syrien war. Die Ölpreise reagierten kaum, als der Iran Versuche abwies, einen Austausch der Tankschiffe zu arrangieren. Die Lage im Persischen Golf bleibt angespannt und die Gefahr durch Angriffe der islamischen Revolutionsgarden (Islamic Revolutionary Guard Corps, IRGC) auf Tankschiffe, die die Straße von Hormus durchfahren bleibt real. Normalerweise würden geopolitische Spannungen und militärische Aktivitäten im Persischen Golf die Ölpreise hochtreiben. Heute aber zeigt sich der Ölmarkt unbeeindruckt.
2. OPEC und Russland
Die OPEC-Staaten, besonders Saudi-Arabien und die VAE haben starke Verlautbarungen herausgegeben, in denen sie suggerieren, dass die OPEC versuchen wird, einen weiteren Verfall der Ölpreise zu verhindern. Allerdings hat außer Saudi-Arabien kein anderes OPEC-Land konkrete Aussagen zu Produktionssenkungen gemacht. Typischerweise kann die OPEC die Preise hochreden, wenn auch nur temporär, besonders, wenn ein Treffen des Kartells vor der Tür steht. Obwohl die JMMC-Sitzung für die OPEC in Abu Dhabi in weniger als einem Monat stattfinden wird, scheinen Überlegungen einer weiteren Produktionssenkung um 1 Mio Fass am Tag keinen Einfluss auf die jetzigen Preise zu haben.