Die erste Börsenwoche verlief merklich schlecht. An einigen Märkten war es sogar der schlechteste Start seit jeher. In den Medien bekommt man nun überall zu lesen, dass die Performance der ersten Woche historisch gesehen zu einem nicht geringen Anteil, den Verlauf des gesamten Jahres repräsentiert.
Demnach sollte man sich also von der Börse zurückziehen oder den Short-Modus einlegen. Ich verspreche Ihnen, wenn Sie sich sofort für eine der beiden Varianten entscheiden, werden Sie am Ende ein wirklich schlechtes Jahr in ihrem Depot verzeichnen.
Laut einer Bloomberg Studie sieht es tatsächlich so aus, dass die Marktperformance für die Hälfte des Jahres einer katastrophalen ersten Woche entsprechen wird. Lassen Sie sich diese Aussage mal auf der Zunge zergehen.
Im Grunde genommen sagt sie aus, dass die Wahrscheinlichkeit für eine schlechte Performance bei 50 % liegt und damit die Chancen bei 50:50 stehen. Zufall eben. Der Mehrwert der Aussage ist daher darauf begrenzt, dass man sich keinen wirklich Edge aus ihr erschaffen kann. Aber auch das ist eine Erkenntnis.
Prognosen sind nicht per se schlecht
Ich bin immer wieder erstaunt, wie fixiert Anleger auf Prognosen schauen. Man kann es ihnen aber nicht übel nehmen, denn sich tag täglich mit den Märkten zu beschäftigen, ist zum einen nicht nur zeitaufwendig, sondern kann auch kontraproduktiv sein. Was also tun außer sich auf Prognosen zu fokussieren?
Prognosen machen dann Sinn, wenn man sie mit einer Bewertung gleichsetzt und selbst dann ist diese Bewertung einer überraschenden Fluktuation ausgesetzt. Legt man langfristig an, so kann man diese Fluktuationen im Regelfall übersehen. Jetzt frage ich aber Sie: Macht es Sinn breite Märkte wie Indizes oder Währungen einer Bewertung oder einer mittelfristigen Prognose zu unterziehen, besonders in dem aktuellen Umfeld?
Neulich habe ich eine Prognose des World Economic Forum gelesen, demnach der Ölpreis sich höchstwahrscheinlich bis zum dritten Quartal des Jahres 2015 bei 60 US-Dollar stabilisieren sollte. Der IWF sah in Q32015 den Ölpreis bis zum Ende des Jahres bei 50 US-Dollar. Wir kann es sein, dass gerade solche Institutionen, die Profis für die Bewertung einstellen, so falsch liegen?
Ganz einfach- sie stellen Bewertungen ohne die Berücksichtigung von unerwarteten Umwelteinflüssen auf. Diese sind aber besonders bei kurz- bis mittelfristigen Analysen ausschlaggebend.
Aktuell sehe ich folgenden Markteinflußfaktoren
Für meinen Geschmack war die Performance in der letzten Woche so unerwartet schlecht, dass man in dieser Hinsicht von keinem Normalfall ausgehen sollte. Schaut man sich die Gründe dafür an, bestätigt es meine Annahme. Im Umkehrschluss heisst es, dass alle Aussagen, die auf einer statistischen Auswertung der ersten Börsenwoche des Jahres basieren, noch irrelevanter werden.
Die Lage ist hinsichtlich der geldpolitischen und politischen Lage aktuell unübersichtlich und wir sollten uns auf volatile Märkte einstellen. Daran besteht kein Zweifel, ist aber auch nicht wirklich neu. Schaue ich auf das Jahr 2015, kann ich Ihnen aus dem FF 5 Ereignisse aufzählen, die zu fallenden Märkten geführt haben und nicht alle sind konjunkturbedingt.
Die schlechte Performance der letzten Woche ging von Chinas Börsen aus. Ich habe im letzten Beitrag „China und der Off-Shore Yuan“ versucht mich dem Thema zu nähern. Für die Abwertung des Yuan war jedoch nicht nur der reguläre Abzug von Kapital verantwortlich, sondern die PBOC, die den Kurs 8 Mal in Folge niedriger fixierte.
Die Auswirkungen zeigten sich derweil nicht nur im Fallen Chinas Börsen, sondern auch im DAX und einem steigenden Euro. Das Muster ähnelte dem der August Yuan Abwertung, weshalb man mit derselben Reaktion im EUR/USD rechnen konnte.
Die Reaktion wird größtenteils durch die Auflösung von Hedging-Positionen ausgelöst und ist daher nicht von nachhaltiger Natur sofern, wie in der Woche ebenfalls veröffentlicht, negative Inflationsentwicklung weiterhin für lockere Geldpolitik der EZB spricht.
Der zweite Faktor war die Erwartung daran, dass sich mit der Aufhebung des Verkaufsverbots für Großinvestoren weiterer Kapitalabzug aus China ereignen würde. Die CSRC (chinesische Börsenaufsicht) spielte zwar mit dem Gedanken das Verbot zu verlängern, letztendlich fand sich eine andere Lösung.
Ab 9. Januar trifft die Regelung in Kraft, der nach Großinvestoren verboten ist mehr als 1 % derselben Aktie innerhalb von drei Monaten zu verkaufen. Das und ein erstmals höheres Yuan-Fixing sorgten am Freitag für etwas Entspannung an den Märkten.
Die Non-Farm Payrolls haben im Zuge der Verwerfungen um den Yuan keinen nennenswerten Einfluß auf die Märkte gehabt. Zwar übertrafen die Gehaltsabrechnungen die Erwartungen, die durchschnittlichen Stundenlöhne enttäuschten dagegen, obgleich sie im Jahresvergleich dennoch eine positive Tendenz aufweisen.
Der Ölpreis ist neben dem Yuan der zweite Belastungsfaktor. Spannungen zwischen Saudi-Arabien und dem Iran machen es schwierig, sich eine Einigung zur Stützung des Ölpreises bei der nächsten OPEC-Sitzung vorzustellen. Darüber hinaus steigt der Output ölfördernder Staaten munter an. Zwar fiel der US-Oil Rig Count (Anzahl der Ölbohr-Plattformen), der Gesamt-Output stieg aber.
Fazit
Dass Gold nun ebenfalls steigt zeugt davon, dass Marktteilnehmer zunehmend die Schnauze voll von stetig steigender Volatilität haben. Und so würde ich auch den Anstieg in der letzten Woche bewerten. Während Gold im Zuge der letzten Yuan Abwertung kaum reagiert hat, bekommen nun einige Investoren doch Zuckungen, nur um mal den Sohn des Spekulanten George Soros zu zitieren:
„Mein Vater erzählte mir ständig was von Risikomanagement und Intuition. Für mich sah das immer danach aus als würde er Zuckungen bekommen. Dann wusste ich, es war Zeit auszusteigen“
Ich persönlich gehe nicht davon aus, dass sich das Problem um China schnell lösen lässt. Aber zeitweise mildern wird man es wohl. Die chinesische Regierung probiert sich aus, interveniert und wird am Ende womöglich scheitern, denn das ist was die freien Märkte ausmacht. Der Plan, das Ganze so glimpflich wie möglich zu gestalten ruft jedoch Unsicherheit hervor.
Blendet man diese Unsicherheit für einen Moment aus, so kommen die beiden geldpolitischen Divergenzen auf die Agenda und hier sieht es so aus, als würde das FED bei ihrem Kurs der graduellen Anhebungen der Zinsen bleiben. US Arbeitsmarktdaten bestätigen diesen Umstand. Man sollte sich dessen jedoch nicht so sicher sein, denn erinnern wir uns an den FED-Entscheid im September, so war diese Enttäuschung den Risiken aus China zu verdanken.
Die Hoffnung auf mehr Maßnahmen seitens der EZB sollte mit den schwachen Inflationsdaten für Dezember stärker geworden sein und damit die geldpolitische Divergenz weiter anheizen, ergo sehe ich hinsichtlich dieser Erwartungen keine großen Chancen auf eine nachhaltige Wende im Euro. Das sollte sich in den Märkten bemerkbar machen, sofern sich die Risiken um China abmildern. Wir werden sehen.
Viel Erfolg!
Ihr 2i-Services Team