Gerne würde ich Ihnen sagen, dass das, was gerade an den Märkten passiert, nur eine größere Korrektur darstellt und im Laufe der Woche alles wieder gut wird. Doch das kann ich nicht, denn ich kenne die Zukunft nicht, sondern versuche mögliche Szenarien für den weiteren Verlauf zu identifizieren.
Ist die Lage äußerst unübersichtlich, so lohnt definitiv ein Blick auf die Markttechnik, denn der Markt zeigt uns in solchen Situationen mehr als jede andere geschriebene Information.
DAX und Co. weiter abwärts
Was wir hier auf technischer Basis sehen, ist nicht gut. Der DAX Future pendelt um die 9.500 Pkt. herum und das Momentum nach unten hin hat definitiv an Fahrt aufgenommen. Auch der S&P 500 Future hat deutlich Federn lassen müssen.
Wir sind der großen Top-Bildung also einen Schritt näher. Technisch gesehen befinden wir uns auf einem kritischen Terrain, Punkt. Daran gibt es nichts zu rütteln.
Fundamental gesehen und tendenziell gehe ich mittelfristig (3-6 Monate) weiterhin (Noch!) von einem divergierenden Kurs der Notenbanken EZB und FED aus.
Nebenbei, korrekt sollte es heißen: Ich gehe davon aus, dass der Markt diese Erwartungen einpreisen wird.
Nach den Aussagen einiger EZB- und FED-Mitglieder scheint sich dennoch etwas Gegenwind in diesen Erwartungen zu etablieren.
Auf der fundamentalen Seite muss man die Erwartungshaltung des Marktes nach den Risiken aufbröseln, was die Einschätzung deutlich schwerer macht.
- Die Glaubwürdigkeit der Geldpolitik und Erwartungen an den nächsten Schritt
- Stagnierender Ölpreis und Default-Risiken
- Chinas Yuan-Problem
Risiko Nr. 1: Die Glaubwürdigkeit der Notenbanken
Die Skepsis, die viele Marktteilnehmer nun hinsichtlich der nächsten Schritte der Notenbanken haben, kommt nicht von ungefähr. Ob das von den Notenbanken so gewollt ist, sei mal dahingestellt. Fakt ist, dass sich sowohl die EZB als auch das FED ihre Glaubwürdigkeit im letzten Jahr verspielt haben.
Will man laut einem Reuters-Bericht den Aussagen einiger EZB-Mitglieder in der letzten Woche Glauben schenken, so sind sich innerhalb der EZB viele einig darüber, dass eine weitere Lockerung (z.B. QE-Volumen oder weiterer Zinsschritt) nicht notwendig ist.
Das steht den letzten EU-Inflationsdaten und dem Ölpreis entgegen. Mario Draghi könnte sich auf das rechtliche Mandat Deflationsrisiken zu vermeiden stützen um sich durchzusetzen. Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass es im Rahmen des Meetings in dieser Woche passiert. Die Pressekonferenz und die Inflationserwartungen stellen die wichtigen Elemente des Meetings dar. Der Euro ist gegenüber dem US-Dollar nach der Veröffentlichung des Reuters-Bericht gestiegen.
Aussagen von James Bullard weckten Erinnerungen an Oktober 2014, die die Jahresendrally einleiteten. Demnach wäre der Ölpreis und damit Inflationserwartungen sehr gering, was definitiv gegen den dynamischen Anstieg der Zinsen sprechen würde. Kurzfristig konnten die Aussagen den S&P 500 und den Ölpreis stützen. Wie gesagt kurzfristig. Das zeigt, dass die Risiken nicht nur seitens der steigenden Zinsen, sondern auch vom Ölpreis ausgehen.
Gleichzeitig scheinen die Inflationserwartungen den Goldpreis zu bremsen. Selbst aus risikotechnischen Gründen, will das gelbe Edelmetall nicht mehr hoch. Man kann es wenden wie man will, als Investor scheint sich ein Umfeld zu etablieren, dass Cash als Anlageklasse neben US-Anleihen am attraktivsten macht.
Risiko Nr. 2: Stagnierender Ölpreis
Zerohedge ironisch wie immer zu Bullards Aussagen (frei übersetzt):
- Bullard: der Ölpreis müsste nun langsam einen Boden finden
- Bullard: Wasser ist nass, der Himmel ist blau (nur ein Scherz)
Ich persönlich lehne mich bei der Bewertung des Ölpreises nicht weit aus dem Fenster, sondern will noch mal das hervorheben, was ich im letzten Beitrag DAX, EURUSD, Gold und S&P 500 geschrieben hatte. Der Ölpreis ist bereits sehr tief gefallen und wird einige Unternehmen in die Insolvenz treiben. So in etwa wie China den deutschen Markt belastet, belastet nun der Ölpreis den Sektor in den USA. Der Markt reagiert zurzeit stärker auf den Ölpreis als auf geldpolitische Erwartungen.
Der Iran ist seit heute mit seinem Öl-Anteil auf dem Markt und will den Output um weitere 500k. Barrel pro Tag in den nächsten Monaten steigern. Der Output in den USA liegt weiterhin auf höchstem Niveau. Auch Russland fördert mehr denn je. Dass der Ölpreis heute steigt, könnte auch damit zusammenhängen, dass Gerüchte über ein Angreifen der OPEC zur Stabilisierung die Runde machen.
Wer mir jetzt dennoch mit Prognosen kommt, den nehme ich überhaupt nicht ernst, selbst wenn es die EIA ist. Ich erinnere nur an Aussagen wie „Peak-Oil“ oder „60 US-Dollar Ende 2015“. Hüten Sie sich vor Prognosen. Wer nicht sieht, dass im aktuellen Umfeld die treibenden Kräfte wenig mit einer normalen Marktbewertung zu tun haben, der muss entweder etwas an den Augen haben, wenig Erfahrung oder er verfolgt Absichten, die mit Ihrem Erfolg an den Märkten nichts zu tun haben.
Risiko Nr. 3 China und der Yuan
Die chinesische PBOC gibt den Kampf nicht auf. Diesmal sind Interventionen in Richtung Off-Shore Yuan festzumachen. Für ausländische Banken, die Anlagen auf On-Shore Yuan halten, werden im Laufe des Monats Reserveanforderungen fällig (vorher keine Reserve notwendig). Damit will die PBOC das Shorten des Yuan über die Off-Shore Währung eindämmen, denn Clearing-Banken werden die erhöhten Anforderungen an die Händler weiterreichen bzw. Geschäfte nicht zum Abschluss bringen.
Dass sich China am Währungskrieg beteiligt, kann nicht pauschal gesagt werden. Der Yuan wird trotz mehrerer Abwertungsversuche vehement gestützt. In der gesamten Abwertungsphase, hat der Yuan gerade mal 4 % gegenüber dem US-Dollar abgewertet. Das ist weniger als jede andere Schwellenländerwährung. Auch in den letzten beiden Wochen, gab der On-Shore Yuan gerade mal 1,4 % nach, während Aktien (Shanghai Comp. -18%, Shenzen Comp. -22 %) stark stagnierten.
Die Unsicherheit geht mehr davon aus, dass wieder mal nichts sicher ist. Welche Ziele verfolgt die chinesische Regierung mit den Interventionen? Sind es wirklich die Kleinanleger, die man vor heftigen Verlusten schützen möchte? Keiner weiß es so genau.
Fazit- nichts ist sicher
Bereits gegen Ende 2015 war ich skeptisch. Ich habe seitdem keine Positionen eröffnet. Meine Skepsis sollte Recht behalten und wer meine Beiträge liest, konnte vor dem heftigen Absturz in der ersten und zweiten Woche bewahrt werden.
Wie die Aussichten nun aussehen kann ich Ihnen nicht sagen, denn es herrscht Unsicherheit auf kurz-bis mittelfristiger Basis. Von den Gesprächen um das Shengen-Abkommen und den daraus abgeleiteten Risiken für die EU, wage ich erst gar nicht zu sprechen. Das könnte wirklich so etwas wie der nächste Schwarze Schwan werden. Erst wenn wir aus dem Trüben ins Klare voranschreiten, was die oben genannten Risiken anbetrifft, kann man gewisse Einschätzungen treffen. Bis dahin sollte man sich auf die Markttechnik stützen.
Von Prognosen, egal wie fundiert sie sind, halte ich aktuell gar nichts, denn die Markttreiber sind nicht mit einer einfachen Bewertung festzumachen. Ja Warren Buffet kauft im Ölsektor zu. Ein Warren Buffet kann das Unternehmen aber auch selbst stützen, wenn er es möchte, können Sie das auch? Verwechseln Sie nicht Ihr Risikomanagement mit dem eines milliardenschweren Investors.
Viel Erfolg!
Ihr 2i-Services Team