Ich melde mich hiermit aus dem Urlaub zurück. Es war wie immer hilfreich, sich ein wenig zurückzulehnen und die freien Tage mit reichlich Sonne zu genießen. Doch gleichzeitig zogen an den Börsen dunkle Wolken auf. Das habe ich natürlich verfolgt, wenngleich mit einem gewissen Abstand.
Wobei Ich gerne zugebe: Mir ist es natürlich lieber, wenn während eines Urlaubs nicht so viel geschieht, aber das kann man sich nicht aussuchen. Insgesamt passte jedoch der Kursverlauf des DAX in die hier vorgestellten Szenarien. Und ich habe Sie schließlich auch entsprechend eingestimmt. Einerseits mit dem Hinweis, dass es im Oktober kritisch werden könnte, andererseits mit der letzten Ausgabe des Steffens Daily vor dem Urlaub. Dort stand bereits im Betreff, dass ich ein mulmiges Gefühl habe. Und Sie wissen, das schreibe ich höchst selten.
Wenden wir uns aber der aktuellen Situation aus charttechnischer Sicht zu, um möglichst zügig Anschluss an das aktuelle Geschehen zu bekommen.
In diesem Chart ist schön zu erkennen, wie der DAX aus der Seitwärtsbewegung (blaues Rechteck) nach unten ausgebrochen ist. Damit ist das nach klassischer Charttechnik das Kursziel bei 8020 Punkten, beziehungsweise sogar ca. 7.800 Punkten aktiviert je nachdem, wie man das obere Rechteck einzeichnet (im Chart sind beide Möglichkeiten vorgestellt).
Die aktuelle aufwärtsgerichtete Gegenbewegung kann demnach ein einfacher Retest der unteren Begrenzung der alten Seitwärtsbewegung sein (siehe schwarzer Pfeil).
Und diese untere Begrenzung bei 8.896 Punkten ist nun sehr wichtig.
Die entsprechenden Szenarien:
Schafft es der DAX, in das alte Rechteck zurückzulaufen, und kann er dabei auch noch die 9.000er Marke dynamisch nach oben brechen, müssen wir davon ausgehen, dass es sich bei dem Ausbruch nach unten um ein Fehlsignal handelte. In diesem Fall könnte es anschließend sogar zu einem dynamischen Ausbruch über die alten Hochs kommen. Dieses Szenario sollte man auf jeden Fall im Hinterkopf behalten. In der Vergangenheit haben wir immer wieder gesehen, dass es vor einem Ausbruch aus einer langen Seitwärtsbewegung an einer psychologisch wichtigen Marke (also z.B. 10.000 Punkte im DAX) erst einmal zu einem Fake-Ausbruch nach unten kommt – und das nur, um ein paar Anleger aus dem Markt zu treiben.
Das wahrscheinlichere Szenario
Allerdings ist das nach der klassischen Charttechnik etwas wahrscheinlichere Szenario (hier geht es um ein paar Prozentpunkte) nun, dass das untere Kursziel erreicht wird. Da es in der Nähe der 8.000er Marke liegt, würde ich diese grob als Kursziel annehmen.
Wie soll ich nun als Anleger vorgehen?
Ich hatte geschrieben, dass man seine Positionen nicht auf einem Schlag verkaufen sollte, sondern stückweise Teil-Position für Teil-Position mit weiter fallenden Kursen. Wenn Sie das getan haben, dann sollten nun einige Positionen bereits verkauft sein. Mit dem Ausbruch aus dem Rechteck nach unten sind weitere Risiken entstanden. Sie müssen also den Markt weiter beobachten und entsprechend der Marktreaktionen tätig werden.
Sollte sich jetzt eine gewisse Stärke zeigen, das wäre der Fall, wenn die Kurse wieder zurück in das Rechteck laufen, können Sie erste Positionen wieder zurückkaufen.
Es kann in diesem Fall sein, dass Sie unter dem Strich kleinere Verluste bei der Aktion erleiden, weil Sie Positionen eventuell etwas teurer zurückkaufen müssen. Das wäre aber nicht schlimm. Sie haben durch den schrittweisen Verkauf größere Risiken reduziert. Wenn Sie hier nun beim Zurückkaufen kleinere Verluste erleiden, sollten Sie das sozusagen als eine Art „Versicherungsprämie“ im Kopf verbuchen.
Bei dem leicht wahrscheinlicheren Szenario, dass der DAX nun doch weiter fällt, sollte man seine Positionen vielleicht noch etwas reduzieren. Im Bereich der 8.000er Marke muss man dann genau analysieren, ob sich dort klarere Umkehrsignale ausbilden. In diesem Fall könnte man hier erste Neupositionen eingehen, die man dann allerdings mit einem Stopp sehr dich absichern muss.
Warum Neu-Positionen auf der Longseite?
Bei all der „Panik“, die bei solchen Kursreaktionen entstehen kann, darf man nicht vergessen, dass wir uns im DAX im großen Bild noch in Aufwärtsbewegungen befinden.
Da ist zunächst einmal die große, extrem breite Aufwärtsbewegung, die aus den Tiefs 2003 und 2009 sowie den Hochs aus 2007 und 2014 herrührt (blauer Trendkanal). Dann gibt es noch einen etwas kleineren, flachen Aufwärtstrend (grüner Trendkanal). Bemerkenswert: Lediglich der steile, rote Trendkanal ist bisher gebrochen worden. Angesicht der hohen Relevanz der 10.000-Punkte-Marke für den DAX ist diese aber keineswegs verwunderlich. An solchen großen Widerständen scheitern regelmäßig die kleinen, oft sehr dynamischen Trends, welche die Kurse eben an diese Widerstände treiben.
Da im DAX auch keine große Topformation (wie eine SKS) zu erkennen ist, muss man angesichts der verbleibenden Wahrscheinlichkeiten tendenziell bullish bleiben.
Tendenziell deswegen, da man natürlich eine Schwankung, die den DAX zum Beispiel in seinem großen Aufwärtstrend (blau) bis an die 5.500er Marke treibt, ungern voll investiert mitmachen möchte.
Der Retest der alten Hochs
Aber, ein weiterer Punkt ist interessant. Wenn Sie noch einmal einen Blick auf den letzten Chart werfen, erkennen Sie, dass der DAX im Moment vielleicht nur die alten Hochs bei 8.151 Punkten testet. Immerhin wurde auf diesem Niveau das Hoch der Rally bis zum Jahr 2000 gebildet. Derart wichtige Marken werden fast immer noch einmal nach einem Ausbruch getestet. Ein ganz normales Prozedere also. Auch ein Rückfall auf die 8.000er Marke als psychologischer Widerstand kann man noch als einen Test dieser alten Hochs bezeichnen. Und so würde alles zusammenpassen.
Sie sehen, auch aus diesem Blickwinkel gibt es, trotz dieser heftigen Bewegung der vergangenen Wochen, noch keinen Grund zur Panik. Zurzeit sind alle diese Bewegungen aus charttechnischer Sicht nichts anderes, als normale Konsolidierungsbewegungen. Jedenfalls im großen Bild der Jahrzehnte.
Mehr zu den amerikanischen Charts, die im Moment ebenfalls höchst relevant sind, morgen!