Nationalbank behält expansive Geldpolitik unverändert bei und führt SNB-Leitzins ein
Die Schweizerische Nationalbank belässt ihre Geldpolitik unverändert expansiv. Dadurch stabilisiert sie die Preisentwicklung und unterstützt die Wirtschaftsaktivität. Der Zins auf Sichteinlagen bei der Nationalbank beträgt nach wie vor −0,75%. Die Nationalbank bleibt bei Bedarf am Devisenmarkt aktiv, wobei sie die gesamte Währungssituation berücksichtigt.
Die Nationalbank führt heute den SNB-Leitzins ein.1 Sie wird fortan die geldpolitischen Entscheide durch die Festlegung der Höhe des SNB-Leitzinses treffen und kommunizieren. Er ersetzt das bisherige Zielband für den Dreimonats-Libor und beträgt aktuell −0,75%. Die Geldpolitik bleibt damit unverändert expansiv. Der Zins auf Sichteinlagen der Banken bei der Nationalbank entspricht zurzeit dem SNB-Leitzins und beträgt weiterhin −0,75%. Die Nationalbank strebt an, die kurzfristigen besicherten Geldmarktzinssätze in Franken nahe am SNB-Leitzins zu halten. Der heute aussagekräftigste kurzfristige Geldmarktzinssatz ist der SARON, der sich auch als Referenzzinssatz für Finanzprodukte etabliert.
Der Grund für die Einführung des SNB-Leitzinses ist, dass die Zukunft des Libors nicht gesichert ist. Die britische Finanzmarktaufsicht wird das Bestehen des Libors nur bis Ende 2021 durchsetzen. Die bedingte Inflationsprognose der Nationalbank beruht auf der Annahme eines unveränderten Zinssatzes über die ganze Prognosedauer von drei Jahren. Bisher wurde hierfür der Dreimonats-Libor benutzt. Weil die Prognose aktuell erstmals über das Ende von 2021 hinausreicht, stellt die Einführung des SNB-Leitzinses sicher, dass sie für den gesamten Prognosezeitraum auf dem gleichen Zins beruht.
Die expansive Geldpolitik ist vor dem Hintergrund der gegenwärtigen Preis- und Konjunkturentwicklung weiterhin notwendig. Der Franken ist handelsgewichtet etwas stärker als im März und bleibt hoch bewertet. Die Lage am Devisenmarkt zeigt sich nach wie vor fragil. Der Negativzins sowie die Bereitschaft der Nationalbank, bei Bedarf am Devisenmarkt zu intervenieren, sind unverändert notwendig, um die Attraktivität von Anlagen in Franken tief zu halten und damit den Druck auf den Franken zu verringern.
Die neue bedingte Inflationsprognose liegt für die kommenden Quartale leicht höher als noch im März. Dies ist vor allem auf einen Anstieg der Preise für Importgüter zurückzuführen. In der längeren Frist ist die Inflationsprognose nahezu unverändert. Für 2019 liegt sie mit 0,6% höher als die im letzten Quartal prognostizierten 0,3%. Für 2020 erwartet die Nationalbank eine Inflation von 0,7%, verglichen mit 0,6% im Vorquartal. Die Inflation liegt für 2021 bei 1,1% und damit 0,1 Prozentpunkte tiefer als im Vorquartal. Die bedingte Inflationsprognose beruht auf der Annahme, dass der SNB-Leitzins über den gesamten Prognosezeitraum bei −0,75% bleibt.
Die Weltwirtschaft sendet weiterhin uneinheitliche Signale aus. Zwar belebte sich das BIP- Wachstum im ersten Quartal, und sämtliche grossen Volkswirtschaften verzeichneten ein überdurchschnittliches Wachstum. Gleichwohl neigte die Produktion in der verarbeitenden Industrie vielerorts nach wie vor zur Schwäche. In ihrem Basisszenario für die Weltwirtschaft geht die SNB davon aus, dass sich das Wachstum in den kommenden Quartalen im Rahmen des Potenzials entwickeln wird. Stützend wirken in den Industrieländern die expansive Geldpolitik und in einigen Ländern auch die Fiskalpolitik. Der Inflationsdruck dürfte voraussichtlich moderat bleiben. Die Risiken gegenüber diesem Basisszenario sind nach wie vor abwärts gerichtet. Allerdings sind sie ausgeprägter als an der letzten Lagebeurteilung. Im Vordergrund stehen dabei politische Unsicherheiten sowie die handelspolitischen Spannungen, welche zu erneuten Turbulenzen an den Finanzmärkten führen und die Stimmung der Wirtschaftsakteure weiter eintrüben könnten.
Auch in der Schweiz belebte sich die Wirtschaftsdynamik zu Beginn des Jahres. Das BIP nahm im ersten Quartal gemäss erster Schätzung um 2,3% zu. Der Arbeitsmarkt entwickelte sich ebenfalls positiv. Insgesamt waren die Produktionskapazitäten der Schweizer Wirtschaft gut ausgelastet. Die Konjunkturindikatoren deuten auf eine weiterhin günstige Dynamik hin. Vor diesem Hintergrund rechnet die SNB für 2019 unverändert mit einem Wirtschaftswachstum von rund 1,5%. Die Risiken für dieses Szenario bleiben, ähnlich wie beim Szenario für die Weltwirtschaft, nach unten gerichtet. Insbesondere würde sich eine unerwartet starke Abschwächung der internationalen Wirtschaft rasch auf die Schweiz übertragen.
Am Hypothekar- und Immobilienmarkt bleiben die Ungleichgewichte bestehen. Sowohl die Hypothekarkredite als auch die Preise für Einfamilienhäuser und Eigentumswohnungen stiegen in den letzten Quartalen weiter leicht an, während die Preise für Wohnrenditeliegenschaften etwas sanken. Trotzdem besteht besonders in diesem Segment aufgrund der starken Preiszunahme der vergangenen Jahre und der steigenden Leerstände die Gefahr einer Korrektur. Die Nationalbank beobachtet die Entwicklungen am Hypothekar- und Immobilienmarkt weiterhin aufmerksam und prüft regelmässig, ob der antizyklische Kapitalpuffer angepasst werden muss.