Vielleicht hätten wir alle von Anfang an auf Dr. Kupfer hören sollen – dann würden wir vielleicht den Handelskrieg jetzt nicht so schmerzhaft empfinden.
Das einzige “diagnostische Metall” der Welt versuchte mehr als einmal uns im vergangenen Jahr zu warnen, dass nicht alles gut in der Weltwirtschaft läuft.
Schon bevor Donald Trump den ersten Schuss im US-Handelskrieg mit China abgab, warnte Dr. Kupfer, der den Puls des Weltwirtschaftswachstums fühlt, mit seinen gedrückten Preisen wie schädlich die Zollkampagne des US-Präsidenten gegen China letztlich werden würde.
Preise sacken von 8-Monatstief auf 2-Jahresloch ab
Im Mai 2018, als der Handelskrieg gerade seinen Anfang nahm, fiel der Dreimonatskontrakt auf Kupfer an der Londoner Metallbörse (London Metal Exchange, LME) auf ein 8-Monatstief von 6.998,50 USD die Tonne.
In den 12 Monaten darauf hat der Weltbenchmark für den Kupfermarkt seinen Preisrutsch im Großen und Ganzen fortgesetzt und in der ersten Juniwoche ein 2-Jahrestief von 5.742,50 USD die Tonne erreicht.
Aber Kupfer war nicht immer im freien Fall. Es hatte zwei gute Monate mit Preiserholungen von 3% und weitere mit 5% Plus, die bislang bewahrt haben, den Verlust vom letzten Jahr von insgesamt 18% zu wiederholen.
Aber anders als Öl—dem anderen wichtigen Konjunkturindikatorrohstoff—dessen internationaler Benchmark Brent für dieses Jahr einen Gewinn von 13% vorweisen kann, hat LME-Kupfer lediglich ein Plus von rund 0,7% in diesem Jahr zu Buche stehen. Und das obwohl die US-Wirtschaft ihre fast ein Jahrzehnt lange Expansion in diesem Jahr beibehält und China ebenfalls weiter wächst, trotz der ganzen Negativstimmung wegen des Handelskriegs.
Während Öl der Rohstoff ist, der die Welt seiner Energie sprichwörtlich bewegt, wird Kupfer in so ziemlich allem, von Stromerzeugung über Telekommunikation zur Bauwirtschaft genutzt.
Und trotz der tiefen Produktionseinschnitte der OPEC in diesem Jahr, sind die globalen Rohölvorräte in letzter Zeit gestiegen, vor allem wegen der steigenden US-Ölförderung.
Beim Kupfer auf der anderen Seite, sinkt das Angebot, da Chuquicamata, eine der größten Kupferminen der Welt derzeit nur auf der Hälfte ihrer Kapazität produziert, als ein Streik in den vierten Tag geht—was die chilenische Bergbaufirma Codelco am Montag bestätigte.
Als Ökonomen wieder einmal darüber nachdachten, wieso über das letzte Jahr sich schlechter als der Markt entwickelte, wird zunehmend sichtbar, dass wir vielleicht nur die unterschwellige Botschaft nicht verstanden haben, die das Metall in seiner Rolle als ökonomischer Wahrsager versuchte auszusenden: Die Dinge laufen keinesfalls so gut, wie sie aussehen.
Der Einbruch des US-Empire State Index für das verarbeitende Gewerbe unter null, nach dem stärksten Rückgang, der je verzeichnet wurde, und die Verlangsamung des Wachstums der chinesischen Industrieproduktion auf das niedrigste Niveau in mehr als 17 Jahren scheinen diese Ansicht zu bekräftigen. China ist schließlich der größte Importeur der Welt von Kupfer und anderen Industriemetallen.
Preisrutsch nicht vorbei, sagen technische Charts
Mike Seery, ein Charttechniker, der die erratischen Kupferpreise über das vergangene Jahr von seiner Rohstoffmarktberatung in Plainfield im US-Bundesstaat Illinois aus verfolgt hat, denkt, dass der Ausverkauf des Metalls noch nicht vorüber ist, trotz des geringeren Angebots wegen des Streiks in Chuquicamata.
Unter Verweis auf die US-Kupferfutures zum Juli von der Comex-Sparte der New York Mercantile Exchange sagte Seery:
“Die Kupferpreise liegen immer noch unter ihren 20- und 100-Tagesdurchschnitten, da der Trend nach wie vor weiterhin klar negativ ist.”
“Ich habe über den vergangenen Monat hin eine bärische Position empfohlen, von einem Preisniveau von 2,8420 USD oder so. Wenn Sie sich den Trade anschauen, dann bleibt der Stop-Loss auf 2,7020 USD, daran wird sich auch an den kommenden sechs Handelstagen nichts ändern.”
Handelskrieg ist dran schuld, sagt die BAML
Bank of America-Merrill Lynch sagt, fundamental sieht Kupfer weiter gut aus, da die Nachfrage aus China stabil ist und die Kosten für Verhüttung und Verarbeitung sinken, aber weder die Preise an der LME oder im Realmarkt haben dies reflektiert.
Die Bank erklärt in ihrer jüngsten Mitteilung zu Metallen vom Freitag:
“Aus unserer Sicht ist der Handelskonflikt der Hauptschuldige, der die negativen Folgen der anhaltenden Neustrukturierung der chinesischen Wirtschaft auf das Wachstum verschärft hat.”
“Der Handelskonflikt umfasst viele strategische Elemente. Diese dürften nicht mit einem einzigen Handelsabkommen umfassend beigelegt werden können, was suggeriert, dass auf mittlere Sicht Reibereien zwischen den USA und China bestehen bleiben werden. Trotz des gesagten, bleibt eine Deeskalation möglich, aber bis dahin, ist eine nachhaltige Kupferrallye unwahrscheinlich.”
Werden wir das nächste Mal auf Dr. Kupfer hören?
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