Inflation: Sind höhere Zinsen die Lösung? Die Fed glaubt ja, aber wo ist der Beweis?

Veröffentlicht am 09.03.2023, 06:35

Ja, der Vorsitzende der Federal Reserve, Powell, hat sich bei seinen beiden Anhörungen vor dem Kongress am Dienstag und Mittwoch extrem hawkish präsentiert. Er signalisierte (erneut), dass die Leitzinsen der Fed, sobald sie einen Höchststand erreicht haben, für eine Weile nicht sinken werden. Er deutete außerdem an, dass der Zinsgipfel sehr wahrscheinlich höher ausfallen wird als bisher angenommen und signalisierte sogar die zunehmende Wahrscheinlichkeit einer Rückkehr zu Erhöhungen um 50 Basispunkte nach der jüngsten Abschwächung auf 25 Basispunkte.

Letzteres ist meiner Meinung nach sehr unwahrscheinlich, da sämtliche Gründe für die Drosselung auf 25 Basispunkte nach wie vor Gültigkeit besitzen: Ganz gleich, ob der Gipfel nun bei 5 % oder 6 % liegt, er ist relativ nahe, und folglich sollte die Überzeugung, dass die Zinssätze noch nicht genug gestiegen sind, rasch abnehmen. Außerdem wirkt die Geldpolitik mit einer gewissen Verzögerung, so dass eine Verlangsamung oder gar ein Stopp sinnvoll wäre, um die von den früheren Erhöhungen ausgehende Wirkung zu bewerten.

Nun kommt allerdings der entscheidende Punkt, den Powell nicht angesprochen hat. Es gibt nicht wirklich viele Belege dafür, dass die bisherigen Leitzinserhöhungen der Fed die Inflation tatsächlich beeinflusst haben. Der Glaube daran, dass sie es tun werden, ist zwar unumstößlich, aber das ist nicht dasselbe wie die Feststellung, dass sie es bereits getan haben.

Lassen Sie uns einen Moment überlegen: Wie können wir plausibel argumentieren, dass die bisher erfolgten Zinserhöhungen ursächlich für den Rückgang der Inflation sind? Der Inflationsabfall ist ausschließlich auf den Gütersektor zurückzuführen, und ein großer Teil davon geht auf das Konto der Gebrauchtwagenpreise, die nach einer Übertreibung wieder auf ein normales Niveau (d. h. im Einklang mit dem Geldmengenwachstum) zurückgekehrt sind. Wie genau hat die Geldpolitik die Preise für Waren aber gesenkt?

Das soll nicht heißen, dass die höheren Zinssätze die Wirtschaftstätigkeit überhaupt nicht beeinträchtigt haben, und das ist (für mich) die eigentliche Überraschung: Angesichts der hohen Verschuldung in der Unternehmenswelt erstaunt es mich, dass es noch nicht zu einem ernsthafteren Abschwung gekommen ist.

Zum Teil handelt es sich dabei um eine aufgestaute Nachfrage, die noch befriedigt werden muss, z. B. im Immobilienbereich, wo erhebliche Zinserhöhungen normalerweise die Nachfrage nach Immobilien erheblich dämpfen würden, was teils auch der Fall zu sein scheint. Allerdings herrscht im Lande ein erheblicher Wohnungsmangel, so dass weiter gebaut wird (und die Immobilienpreise sind zwar leicht gesunken, zeigen aber keine Anzeichen für den von vielen prognostizierten Einbruch). Höhere Kreditzinsen wirken sich auch auf den Markt für gewerbliche MBS aus, da viele gewerbliche Vermieter ihre Projekte unerklärlicherweise mit variabel verzinsten Krediten finanziert haben und die Kosten der Fremdfinanzierung über Erfolg oder Misserfolg des Projekts entscheiden können.

Höhere Leitzinsen hingegen stützen tendenziell die Mieten, zumindest so lange, bis die Arbeitslosigkeit irgendwann merklich ansteigt. Vielleicht sind nicht viele Ökonomen Vermieter, aber höhere Kosten führen in der Regel nicht zu dem Drang, niedrigere Mieten zu verlangen. Auf der gewerblichen Seite laufen die Mietverträge länger, und Fluktuation ist kostspieliger, aber der durchschnittliche Vermieter hat heutzutage keinen Mangel an Nachfrage.

Wo haben also Zinserhöhungen die Inflation nach unten gedrückt? Angesichts der Tatsache, dass der Verbraucherpreisindex im Median gerade einen neuen Höchststand erreicht hat, ist die Antwort meiner Meinung nach ziemlich eindeutig: Sie haben es nicht. Und doch glaubt die Fed, dass die Teuerung nachlässt, wenn sie die Zinsen einfach weiter erhöht. Die Fed scheint ganz nach dem Motto zu handeln: "Wenn etwas nicht passt, ist der Hammer einfach noch zu klein".

Oder vielleicht spiegelt sich darin auch nur die Vorstellung wider, dass, wenn man etwas unbedingt will, das Wollen selbst dafür sorgt, dass es irgendwann eintritt.

Es hat sich außerdem herausgestellt, dass die höheren Leitzinsen genau den vorhergesagten Effekt auf die Geldumlaufgeschwindigkeit hatten. Obwohl ich an anderer Stelle darauf hingewiesen habe, dass ein Teil des bisherigen Wiederanstiegs der Geldumlaufgeschwindigkeit auf den "Federkraft"-Effekt zurückzuführen ist, gibt es zahlreiche Belege dafür, dass eine der Haupttriebkräfte der Umlaufgeschwindigkeit der Zinssatz ist, der auf unbare Guthaben erhoben wird. So sehr, dass ich bereits im Juni 2022, also vor dem jüngsten Anstieg der Umlaufgeschwindigkeit, über diesen Zusammenhang geschrieben habe. [Ich möchte Sie auch auf einen kürzlich veröffentlichten Artikel von Samuel Reynard von der Schweizer Nationalbank aufmerksam machen, in dem er die Geldumlaufgeschwindigkeit in seine bereinigte Wachstumszahl der Geldmenge einbezieht. Reynard ist einer der letzten Monetaristen, die es in Zentralbankkreisen noch gibt].

Nichts von dem, was ich soeben geschrieben habe, wird Powell und Co. davon abhalten, die Zinsen so lange zu erhöhen, bis die Nachfrage endgültig zusammenbricht und die Inflation nach ihrem Glauben, für den es bisher keine Beweise gibt, wieder auf den gewünschten Wert zurückgeht. Da aber die langfristigen Inflationserwartungen auf einem Niveau liegen, das diesen Glauben widerspiegelt, ist die Frage angebracht, ob es überhaupt etwas bringt, ein Abtrünniger des Glaubens zu sein.

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