Die böse Sieben: Silber schloss den Monat April mit einem Minus von 7 % ab und musste damit den größten Verlust seit sieben Monaten hinnehmen.
Nachdem der Silberpreis am 8. März mit 27,50 USD je Unze ein Neunmonatshoch erreicht hatte und zusammen mit Gold und den meisten anderen Rohstoffen infolge des Ukraine-Kriegs wieder anstieg, befindet sich das Industriemetall nun in Schwierigkeiten.
Im asiatischen Handel am Montag bewegte sich der Preis der nahegelegenen Silber-Futures an der New Yorker COMEX unter 23 USD je Unze. Silbers startete bei 22,84 USD ins neue Jahr.
Damit bleibt der Preis auf Jahressicht zwar noch immer haarscharf im Plus, aber der Rückgang um 7 % im April ist der stärkste Abverkauf des Silberpreises in einem Monat seit dem Einbruch um 8 % im September 2021.
Im Vergleich zu Gold entwickelte sich Silber deutlich schlechter. Der Goldpreis stieg im Jahresverlauf um mehr als 4 %, den April beendete das Edelmetall rund 2 % tiefer.
Der Gold-Future schloss den April knapp unter der Marke von 1.900 Dollar ab und damit deutlich unter dem Höchststand von fast 2.079 Dollar, der als Reaktion auf die russische Invasion am 8. März erreicht wurde.
Silber wirkt bisweilen wie das "vergessene Stiefkind" unter den Edelmetallen und löst nur selten die gleiche Begeisterung aus wie Gold, das vor zwei Wochen abermals den Bereich um 2.000 USD testete und weithin als Inflationsschutz und sicherer Hafen gilt.
Das Problem mit Silber ist, dass es zwar offiziell genauso wie Gold, Palladium und Platin als Edelmetall gilt, in Bezug auf seine Anwendungen und Nachfrage jedoch eher ein Industriemetall ist.
Mehr als 50 % der Nachfrage nach Silber ist für industrielle Verwendungen bestimmt. Als formbares Metall eignet es sich ebenso gut wie Gold für die Herstellung von Schmuck. Es ist auch ein bewährter elektrischer Leiter und wird in großem Umfang bei der Herstellung von elektronischen Bauteilen verwendet.
Die industrielle Nachfrage nach Silber kam in diesem Jahr nur langsam in Gang. Grund dafür waren die anhaltenden Störungen der Lieferketten in den Schlüsselsektoren der US- und der Weltwirtschaft infolge der zwei Jahre andauernden Coronavirus-Pandemie.
Darüber hinaus sind die Silberpreise in der Regel eng mit den Goldpreisen verbunden und steigen und fallen im Gleichschritt mit dem gelben Metall.
Silber wird nur zu einem Bruchteil des Goldpreises gehandelt und wird oft als "Gold des armen Mannes" bezeichnet - es gibt sogar ein Gold-Silber-Verhältnis, das als Maßstab für die Bewertung von Silber dient.
Es bricht nur selten aus oder stürzt aus eigenem Antrieb ab, ohne dass Gold der Katalysator für diese Entwicklung ist. Aber Gold kann unabhängig von Silber gehandelt werden, das ist in der Vergangenheit auch bereits geschehen und hat Silber in den meisten Sitzungen in den Schatten gestellt.
Die Silbernachfrage erwies sich im vergangenen Jahr als hervorragend. Die jüngste „World Silver Survey“ des Silver Institute berichtet, dass der globale Silbermarkt im Jahr 2021 in jeder Nachfragekategorie ein Wachstum verzeichnen konnte. Dies ist das erste gemeinsame Wachstum aller Schlüsselsektoren des Metalls seit 1997. Mit einem Anstieg um 19 % auf 1,05 Milliarden Unzen erreichte die weltweite Silbernachfrage den höchsten Stand seit 2015 und übertraf damit das Volumen vor der Pandemie.
„Die physischen Investitionen in Silber (Umsätze von Silbermünzen und -barren) stiegen um 36 % auf 278,7 Mio. Unzen und erreichten damit den höchsten Stand seit 2015, da Kleinanleger in Nordamerika und Europa, motiviert durch die Sorge um sichere Häfen und Inflation, die zeitweise niedrigeren Silberpreise zum Kauf von Münzen und Barren nutzten“, so die Studie.
Das Angebot konnte jedoch nicht mit dem Nachfrageschub des letzten Jahres mithalten, und es wurde ein Defizit von 51,8 Mio. Unzen festgestellt, laut der Umfrage das größte Defizit in einem Jahr seit 2010.
„Es wird erwartet, dass die industrielle Nachfrage nach Silber in diesem Jahr auf einen neuen Rekordwert ansteigt, was vor allem auf das Wachstum bei Solar- und anderen elektrischen Anwendungen zurückzuführen ist“, kommentierte Stefan Gleason, Präsident des Edelmetallunternehmens Money Metals Exchange, in einem Beitrag vom Montag.
Er wies aber auch darauf hin, dass „die Investitionsnachfrage eher ein Joker ist“, obwohl die Renditen für Silber und andere Edelmetalle im Jahr 2022 aufgrund von Kriegs- und Inflationsrisiken sowie einer möglichen weiteren Underperformance der Finanzmärkte immer noch erheblich sein könnten.
Wie geht es nun für Silber weiter?
Die Preise könnten in dieser Woche noch weiter auf 21 USD fallen und schließlich die 20-USD-Marken testen, so Sunil Kumar Dixit, technischer Chefstratege bei skcharting.com, der den Spot-Silberpreis als Bezugsgröße verwendet.
Der Spot-Silberpreis fiel auf 22,90 USD und testete die 22-USD-Marke. Die achttägige Verlustserie wurde lediglich durch überverkaufte Stochastik- und Relative-Stärke-Indikatoren auf dem Tageschart unterbrochen, so Dixit.
Er wies darauf hin, dass das Metall weiterhin unter wichtigen einfachen gleitenden Durchschnitten (Simple Moving Averages „SMA“) gehandelt wird, darunter der 100-Tage-SMA von 23,93 USD, der 200-Tage-SMA von 23,78 USD und der 50-Tage-EMA (Exponential Moving Average - Exponentieller gleitender Durchschnitt) von 24,50 USD.
"Während eine kurzfristige Erholung auf 23,80 und 24,50 USD nicht ausgeschlossen ist, gehen wir davon aus, dass die Preise in dieser Woche weiter nach unten auf 23,15 USD und anschließend auf 22,50 bis 22 USD und möglicherweise 21,50 USD korrigieren werden", so Dixit.
Er fügte hinzu:
"Wichtige Unterstützungen liegen bei 21,30 und 20,15 USD, zentrale Widerstände befinden sich dagegen bei 24,50 und 26,96 USD."
Der Edelmetallhändler Gleason stimmte dem zu und sagte, dass der "gleitende 200-Tage-Durchschnitt von Silber mehrfach als Widerstand fungierte, bis er im März nachhaltig durchbrochen wurde." Er ergänzte:
"Diese Glättungslinie könnte nun als Unterstützung im Bereich von 24 USD dienen."
"Natürlich wünschen sich die Bullen, dass die langfristigen gleitenden Durchschnitte nach oben zeigen. Im Moment spiegeln sie ein unruhiges Kursgeschehen wider - etwas, das irgendwann einem richtungsweisenden Trend weichen wird", so Gleason weiter.
Haftungsausschluss: Barani Krishnan verwendet eine Reihe von Ansichten außer seiner eigenen, um seine Analyse von Märkten abwechslungsreich zu gestalten. Aus Gründen der Neutralität präsentiert er bisweilen konträre Ansichten und Marktvariablen. Er hält keine Positionen in den Rohstoffen und Wertpapieren, über die er schreibt.