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Unsicherheit durch Virus belastet weiter - ein Blick auf BoE und Fed

Veröffentlicht am 30.01.2020, 10:17
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Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1,1013 (06:52 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1,0990 im US-Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 108,91. In der Folge notiert EUR-JPY bei 119.95. EUR-CHF oszilliert bei 1,0706.

Das Thema Coronavirus beschäftigt uns weiter und wird uns auch noch länger in Atem halten. Zunehmend wird China abgeriegelt. Fluglinien stellen ihren Service nach China ein. Länder holen ihre Staatsbürger aus kritischen Regionen heim. In den besonders betroffenen Regionen ruhen die Arbeit und das gesellschaftliche Leben. Laut offiziellen Angaben Pekings stellt sich die Zahl der Toten auf 170 und die Zahl der in China infizierten Personen auf 7.711. Die Dynamik ist ungebrochen.

Die Folgen könnten laut Expertenschätzungen für China bei bis zu 1% weniger Wachstum im laufenden Jahr liegen. Das sehen wir als "Worst Case" Szenario an und messen einem solchem Szenario eine Wahrscheinlichkeit von circa 15% zu.

Kurz vor dem EU-Austritt entscheidet die Bank of England heute über den Leitzins. Zentralbank-Chef Carney hatte die Märkte auf eine Senkung in diesem Jahr vorbereitet. Laut einer Umfrage wird erwartet, dass die Währungshüter den Leitzins von derzeit 0,75% noch nicht senken werden. Man geht aber davon aus, dass drei der neun Entscheider der Notenbank sich für eine Senkung aussprechen werden. Das wäre ein starkes Zeichen für eine zeitnahe Neuausrichtung der Bank of England.

Die Konjunkturdaten implizieren perspektivisch Handlungsbedarf. So sackte das BIP-Wachstum zuletzt auf nur noch 0,6%. Damit wurde der schwächste Zuwachs seit Juni 2012 markiert. Die Anzeichen für einen harten Brexit nehmen derzeit bezüglich Zeitrahmen und dem Aspekt nicht vereinbarer Positionen zu. Die BoE hat voraussichtlich noch viel Handlungsbedarf. Aus dem derzeit lauen Konjunkturblues kann sich deutlich mehr Stress entwickeln als aktuell unterstellt.


Federal Reserve: (Noch) Politik der ruhigen Hand

Unbeeindruckt von Forderungen des US-Präsidenten Trump nach einer Lockerung der Geldpolitik hält die Fed den Zins konstant in der Spanne 1,50% - 1,75%.

Ein abrupter Wechsel hin zu Zinssenkungen steht derzeit anscheinend nicht auf der Agenda. Man ist im Offenmarktausschuss gelassen und erachtet die eigene Haltung als angemessen. Fed-Chef Powell und die Mehrheit seiner Kollegen im Offenmarkt-ausschuss der Fed werden sich damit offensichtlich dem Vorwurf einer Wahlkampfhilfe für Trump zunächst entziehen.

Die Politik Trumps, öffentlich Druck auszuüben, wirkt bei der Fed in Teilen kontraproduktiv. Bei schwachen und wankelmütigen Politikern in vergleichsweise kleinen Drittländern verfängt das erkennbar besser (Handels- und Außenpolitik).

Powell zeigte sich hinsichtlich der Konjunkturaussichten zuversichtlich. Die mit dem Zollkonflikt USA/China verbundene Unsicherheit hätte sich verringert. Für die Weltwirtschaft bestünde Grund zu leichtem Optimismus. Das Risiko des Coronavirus für die Weltwirtschaft und damit die US-Konjunktur wird wahrgenommen.

Die Fed erhöhte den Schlüsselsatz für die bei ihr deponierten Überschussreserven der Banken. Der Zinssatz wurde leicht von 1,55% auf 1,60% erhöht. Damit erleiden US-Banken nicht das Schicksal der der EZB unterstellten Banken, die Geld bei der EZB für 0,00% leihen, um es dann abends bei -0,50% anlegen.

Auch das ist ein Grund, fraglos unter vielen anderen Ursachen (z.B. keine Rekapitalisierung nach US-Vorbild 2008/2009), dass europäische Banken in der Gewinnentwicklung US-Banken hinterherhinken.

Die US-Notenbank will laut Powell weiter auf Sicht fahren. Man ist also datenabhängig. Weiter ignoriert die US-Notenbank das Thema struktureller Wachstumsschwäche vollständig, unter anderem die ausufernden öffentlichen Haushaltsdefizite, ohne die es gar kein US-Wachstum geben würde.

Oder tut sie das doch nicht?

Die Federal Reserve interveniert latent am Geldmarkt, nachdem es dort Ende 2019 zu Engpässen gekommen war. Sie stellt in hohem Maße zusätzliche Liquidität zur Verfügung und kauft aktiv Staatsanleihen im Umfang von rund 60 Mrd. USD pro Monat.

Seit Herbst nehmen deswegen die Überschussreserven der Banken wieder zu. Gut für US-Banken ist, dass damit die Ertragslage anders als in der Eurozone nicht erodiert wird. Diese Wiederholung des Kontexts darf als laute Mahnung an die EZB verstanden werden, diese Form der Negativzinsen auf Grenznutzen zu untersuchen!


Fazit:

Seitens der Federal Reserve dominiert zunächst eine Politik der ruhigen Hand. Ich bleibe aber bei der Prognose von mindestens zwei Zinssenkungen a‘ 0,25% der US-Notenbank im laufenden Jahr. Vier Zinssenkungen (total 1%) sind nicht ausgeschlossen!


Datenpotpourri der letzten 48 Handelsstunden:

Eurozone: Überwiegend erfrischend!

Irland: Die Einzelhandelsumsätze stiegen per Dezember im Monatsvergleich um 3,6% (Vormonat -3,3%) und im Jahresvergleich um 5,8% nach zuvor 1,4%.

Deutschland: Der GfK Konsumklimaindex legte per Februar von zuvor 9,7 (revidiert von 9,6) auf 9,9 Punkte zu. Die Prognose war bei 9,6 Zählern angesiedelt.

Deutschland: Importpreise stiegen per Dezember im Monatsvergleich um 0,2% und sanken im Jahresvergleich um 0,7% nach zuvor -2,1%.

Frankreich: Der Index des Verbrauchervertrauens nahm per Januar unerwartet stark von zuvor 102 auf 104 Punkte zu (Prognose 102).

Italien: Der Index des Verbrauchervertrauens legte per Januar von 110,8 auf 111,8 Zähler zu (Prognose 110,9). Der Geschäftsklimaindex für das Verarbeitende Gewerbe stieg von 99,3 (revidiert von 99,1) auf 99,9 Punkte (Prognose 99,3).

Eurozone: Die Geldmenge M-3 wuchs im Jahresvergleich um 5,0% (Prognose 5,5%) nach zuvor 5,6%. Kredite an Unternehmen (ex Finanzsektor) stiegen um 3,2% nach 3,4% und an private Haushalte um 3,7% nach 3,5%.


USA: Überwiegend wenig überzeugend!

Die Auftragseingänge für langlebige Wirtschaftsgüter legten per Dezember um 2,4% (Prognose 0,4%) zu. Der Vormonatswert wurde von -2,1% auf -3,1% revidiert. Ohne Militärgüter (Kerngröße) kam es zu einem Rückgang um 2,5% im Monatsvergleich (Vormonat revidiert von +0,7% auf -0,5%).

Laut Case/Shiller legten die Wohnimmobilienpreise im 20 Städtevergleich per November im Monatsvergleich um 0,5% (Prognose 0,4) zu. Im Jahresvergleich stellte sich ein Anstieg um 2,6% (Prognose 2,4%9 nach zuvor 2,2% ein.

Der Richmond Fed Composite Index schoss per Januar von zuvor -5 auf +20 Punkte in die Höhe.

Der Index anhängiger Hausverkäufe sank per Dezember von zuvor 108,5 auf 103,2 Zähler.

Laut vorläufiger Berechnung stellte sich das Handelsbilanzdefizit in der Kerngröße (Güter) per Dezember auf 68,3 Mrd. USD nach zuvor 63,0 Mrd. USD.


Japan: Einfach neutral!

Der Index des Verbrauchervertrauens verharrte per Berichtsmonat Januar bei 39,1 Punkten.


Russland: Prognosen verfehlt!

Einzelhandelsumsätze nahmen per Dezember im Jahresvergleich um 1,9% (Prognose 2,7%) nach zuvor 2,3% zu. Reale Löhne verzeichneten per Dezember einen Anstieg um 2,7% Prognose 4,0%) nach zuvor 3,8%.

Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den Euro gegenüber dem US-Dollar favorisiert. Ein Durchbrechen der Unterstützungszone bei 1.0950 - 1.0980 negiert den positiven Bias des EUR.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Solvecon Invest GmbH

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