Mehrere Faktoren sprechen derzeit für einen vorsichtigen Blick auf die Märkte – allen voran das Risiko einer erneuten Reflation. Dieses Thema ist zwar nicht neu, rückte jedoch wieder in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit, nachdem die Fed am vergangenen Mittwoch ihre dritte Zinssenkung in Folge angekündigt hatte.
Wie erwartet, senkte die Fed ihren Leitzins um 0,25 % auf eine Spanne von 4,25 % bis 4,50 %. Die Märkte reagierten negativ: Die Renditen von Staatsanleihen stiegen, während die Aktienkurse deutlich nachgaben. So kletterte die Rendite der 10-jährigen Staatsanleihen am 18. Dezember auf 4,52 % – der höchste Stand seit Mai. Gleichzeitig verlor der S&P 500 rund 3 %.
Wachsende Unsicherheiten und politische Risiken
Neben der hawisken Haltung der Fed belastet auch die politische Unsicherheit die Märkte. Besonders die Frage, wie sich eine potenzielle Rückkehr von Donald Trump auf die Wirtschafts- und Inflationsaussichten auswirken könnte, sorgt für Nervosität. Eine weitere Bedrohung zeichnet sich durch die Möglichkeit eines Regierungsstillstands ab. Der designierte Präsident Trump kündigte am Mittwoch an, den Plan des Kongresses zur Finanzierung der Regierung bis März nicht zu unterstützen.
Da die aktuelle Finanzierung am 20. Dezember ausläuft und sich der Kongress in die Feiertagspause verabschiedet, bleibt nur wenig Zeit, um eine Einigung zu erzielen und die Löhne Tausender Regierungsangestellter sowie wichtige Bundesdienstleistungen sicherzustellen.
Wirtschaftliche Stabilität – aber wie lange noch?
Trotz dieser Unsicherheiten zeigt sich die US-Wirtschaft bislang widerstandsfähig. „Die US-Wirtschaft entwickelt sich einfach sehr, sehr gut – deutlich besser als die anderen Industrienationen“, sagte Fed-Chef Jerome Powell am Mittwoch. Doch wie stabil diese Entwicklung bleibt, hängt maßgeblich von der künftigen Wirtschaftspolitik ab.
Geplante Maßnahmen wie drastisch höhere Zölle, Steuersenkungen und geringere Regulierung könnten einerseits Wachstum und Beschäftigung stützen, andererseits aber auch Inflation und wirtschaftliche Ungleichgewichte befeuern. „Es sind sehr unsichere Aussichten, und die meiste Unsicherheit ergibt sich aus möglichen Änderungen der Politik“, betonte Michael Gapen, US-Chefvolkswirt bei Morgan Stanley.
Fed-Signale verunsichern den Markt
Die jüngste Zinssenkung der Fed hat bisher keine spürbare Verbesserung der Marktstimmung bewirkt. Im Gegenteil: Die Aussicht auf ein Ende der Zinssenkungen ist wahrscheinlicher geworden. Der Grund? Neue Hinweise, dass die nachlassende Inflation ins Stocken geraten ist. Das sorgte vor allem am Anleihemarkt für Turbulenzen.
Die zinssensible 2-jährige Treasury-Anleihe stieg erstmals seit Jahren auf das Niveau des Fed-Funds-Zielsatzes. Der Spread zwischen der 2-jährigen Rendite und den Fed Funds ist nun leicht positiv – ein Signal, dass die Märkte mit einem Ende der Zinssenkungen rechnen.
Das spiegelt sich auch in den Fed Funds Futures wider: Mit einer Wahrscheinlichkeit von über 90 % erwarten die Märkte, dass die Fed bei ihrer nächsten Sitzung am 29. Januar die Zinssätze unverändert lässt.
In ihrem letzten Zinsausblick korrigierte die Fed ihre Erwartungen für das Jahr 2025 nach unten. Statt der ursprünglich geplanten vier Zinssenkungen rechnet sie nun nur noch mit zwei. Gleichzeitig hob sie ihre Inflationsprognose für das nächste Jahr von 2,1 % auf 2,5 % an.
„Die Unsicherheit über den künftigen Kurs der Geldpolitik, gepaart mit der Reduktion der erwarteten Zinssenkungen im Jahr 2025, hat bei Anlegern für Verunsicherung gesorgt“, erklärte Sam Stovall, Chief Investment Strategist bei CFRA Research. „Viele haben bereits in diesem Jahr Gewinne mitgenommen, die eigentlich für das kommende Jahr vorgesehen waren.“