Natürlich hängt die Antwort davon ab, wie rasch die Inflation glaubhaft zurückgeht. Vieles deutet darauf hin, dass wir uns jetzt in der Frühphase nach dem Inflationshöhepunkt befinden. Dafür sprechen auch die heute veröffentlichten Inflationszahlen für November. Auch an den Märkten macht sich vorsichtiger Optimismus breit, dass die Inflation ihren Höhepunkt erreicht hat, allerdings bleiben die Aussichten über diese binäre Sichtweise hinaus bestenfalls nebulös.
Die zinssensitive zweijährige US-Rendite, die häufig als Richtwert für den Fed-Leitzins gilt, hält sich weiterhin in einer Handelsspanne von etwa 4,0 % bis 4,5 %. Dieser Korridor stellt offenbar den Höhepunkt in diesem Zyklus dar, und aller Voraussicht nach wird nur ein überraschend kräftiger Preisanstieg in den kommenden Monaten diese Rendite auf neue Höchststände treiben.
Der Spread zwischen den 2-jährigen Renditen und der Fed-Funds-Rate liegt weiterhin nahe dem niedrigsten Stand des Jahres. Wie das nachstehende Schaubild zeigt, preist der Markt weiterhin eine erhöhte Wahrscheinlichkeit ein, dass sich der Zinserhöhungszyklus dahingehend gedreht hat oder gerade dreht, dass wir die meisten Zinserhöhungen bereits gesehen haben und die Zentralbank die Straffung der Geldpolitik nun verlangsamt.
Die Fed-Funds-Futures stimmen damit überein. Vor der heutigen geldpolitischen Entscheidung beträgt die Wahrscheinlichkeit einer Zinserhöhung um 50 Basispunkte mehr als 70 %. Es wäre die erste mildere Erhöhung, seit die Notenbank im März eine Serie von Zinserhöhungen um 75 Basispunkte losgetreten hat.
Die Debatte dreht sich nun darum, wie die Fed ihre Zinserhöhungen abbremsen und dann pausieren kann. "Der leichte Teil liegt hinter uns", glaubt Vincent Reinhart, Chefvolkswirt bei Dreyfus & Mellon und ehemaliger leitender Fed-Volkswirt.
Die Entscheidung, die Leitzinsen in diesem Jahr zu erhöhen, war bisher geldpolitisch unbedenklich. Als die Fed im März mit den ersten Zinserhöhungen begann, lag ihr Zinskorridor bei 0 % bis 0,25 %. Die PCE-Kerninflation - die von der Fed bevorzugte Messgröße für den Preisdruck - stand zum gleichen Zeitpunkt bei über 5 % im Jahresvergleich. Die Kluft zwischen Zins und Inflation war also enorm. Vorausgesetzt, die Fed hebt ihren Leitzins heute um 50 Basispunkte auf eine Spanne von 4,25 % bis 4,50 % an, so läge der Zins noch knapp unter der PCE-Kerninflation (5,0 % im Oktober).
Wie es allerdings weitergeht, ist alles andere als klar. Vieles hängt davon ab, wie die Fed eindeutige Anzeichen dafür definiert, dass die Inflation ihren Höhepunkt erreicht hat und, was noch wichtiger ist, Anzeichen für eine Abkühlung zeigt. Die Herausforderung besteht nun darin, dass sich die Fed noch nicht klar darüber geäußert hat, welche Zahlen sie zur Bestimmung der Fortschritte in Richtung ihres Inflationsziels heranzieht, und dass sie dies wahrscheinlich nach und nach tun wird.
Callie Cox, US-Investmentanalystin beim Broker eToro, meinte:
"Es ist nach wie vor Vorsicht geboten. Powell hat deutlich gemacht, dass die Zinsen noch einige Zeit hoch bleiben könnten. Auch wenn die Flexibilität der Fed erfreulich ist, ist ein Hochzinsumfeld nicht das einfachste für Investments. Bis die Inflation deutlich zurückgeht, könnte es also noch eine Weile dauern, und eine Rezession ist nicht gänzlich auszuschließen."
Die Schlüsselvariablen, die das weitere Geschehen bestimmen werden, liegen auf der Hand: Inflation, Wirtschaftstätigkeit und die Preisbildung des Marktes in Bezug auf das Zinshoch. Die Unsicherheit ergibt sich daraus, wie sich die Feedback-Schleife für diese Variablen entwickeln wird.
Bestenfalls ist anzunehmen, dass die Inflation ihren Höhepunkt erreicht hat, dass die Fed ihre Zinserhöhungen verlangsamen und dann aussetzen wird und dass sich das Wirtschaftswachstum abschwächen wird, vielleicht bis hin zu einer leichten und kurzen Rezession, die aber nicht tiefer geht. Überraschungen an einer dieser Fronten könnten das Bild dramatisch auf den Kopf stellen, und so wartet die Masse ab, ob und wann der Schmetterling mit den Flügeln schlägt.