Auf eine leicht positive Handelswoche blickt Euro zurück. Die Gemeinschaftswährung begann knapp über der 1,2700er-Marke, fiel am Dienstag auf ein Verlaufstief bei 1,2660, erholte sich dann im Wochenverlauf kontinuierlich bis knapp über die 1,28. Am Freitag dann noch einmal ein Abverkauf im Umfeld schwacher Aktienmärkte knapp unter die 1,27, derzeit erholt sich der Euro wieder in Richtung 1,28. Angesichts der an den Aktienmärkten zu beobachtenden Risikoaversion hat sich der Euro erstaunlich gut gehalten. Es fehlt der sonst rasch auftretende Abwärtsdruck bei fallenden Aktienmärkten - Zeichen einer relativen inneren Stärke.
In Sachen Eurokrise fokussiert sich der Markt wieder voll auf Griechenland – morgen treffen sich die EU-Finanzminister um über die nächste Rettungstranche zu entscheiden – und alles andere als ein zähneknirschendes Auszahlen lebensverlängernder Maßnahmen wäre schon eine faustdicke Überraschung. Das erinnert an einen Koma-Patienten, der von einer Apparate-Medizin am Leben gehalten wird, auch wenn sein Zustand in jeder Hinsicht hoffnungslos ist. Man wird, auch wenn es faktisch keinen Sinn macht, die Maschinen laufen lassen…
Das eigentliche Thema ist Spanien, das derzeit von der Aufmerksamkeit auf Griechenland profitiert und nach wie vor eine tickende Zeitbombe darstellt. Das zweite kommende Großthema aber ist Frankreich, dessen verknöcherte Struktur bald zu einem Blutbad am (bislang noch entspannten) Markt französischer Staatsanleihen führen wird – wenn das Land nicht schnell das Ruder herumreißt. 2013 wird das Jahr der Wahrheit für die beiden Länder…
Auch für Euro-Dollar sind die Wasserstandsmeldungen über die Verhandlungen zwischen Demokraten und Republikanern in Sachen „fiscal cliff“ (der Begriff stammt von Ben Bernanke) von großer Bedeutung. Sollten sich die Parteien hier auf eine Lösung einigen, hat der Euro erhebliches Ralley-Potential.
Wir sehen den Euro derzeit neutral, solange die range 1,2660 bis 1,2800 Bestand hat. Erst ein Ausbruch aus dieser range bietet sich für Neuengagements an, also long bei Bruch der 1,2800, short beim Bruch der 1,2660.
Dax:
Kontinuierlich nach unten ging es in der letzten Handelswoche beim Dax. Der Index begann im Bereich 7150, stieg zunächst bis zum Widerstand bei 7200 Punkten, eröffnete am Dienstag mit einem schnell wieder nach oben gekauften Abwärtsgap, bildete ein Doppeltop knapp über 7180 und fiel dann schließlich bis Freitag auf 6950 Punkte.
Insbesondere in den amerikanischen Finanzmedien wird der Abverkauf nach der Wahl Obamas auf das Thema „fiscal cliff“ reduziert. Die Unsicherheit verängstige die Märkte, und sicherlich ist da etwas „dran“. Aber vielleicht gibt es da noch einen Grund, der mit einer ganz anderen Unsicherheit zu tun hat…
Und diese Unsicherheit ist die Angst der weißen Wall Street-Elite vor Kontrollverlust. Der Sieg Obamas ist vor allem die Niederlage der Wall Street, die Romney massiv unterstützt hat. Galt der Sieg Obamas vor vier Jahren noch als eine Art Betriebsunfall, so scheint sich nun immer klarer heraus zu kristallisieren, dass die Niederlage der Republikaner kein Zufall ist, sondern ein Dauerzustand, der mit der Demografie der USA zu tun hat. Mit der Einwanderung der Latinos und anderer, stark wachsender Minderheiten verlieren die Republikaner ihre angestammte Dominanz, sodaß die weiße Geldelite der Wall Street von politischer Seite konstanten Gegenwind bekommt. Bankenregulierungen, Erhöhung von Steuern (auch auf Dividenden), insgesamt ein Umfeld, das weniger eindeutig Kapitalismus-freundlich ist und mit den Selbstbereicherungsexzessen des bisherigen Geldadels Schluß machen will – das sind die anzunehmenden Folgewirkungen der Entmachtung der Republikaner. In diesem Umfeld wäre es kein Wunder, wenn die Big Player ein paar Chips vom Tisch nehmen –und das haben sie offenkundig erst einmal getan!
Das muß aber nicht heißen, dass nun ein gigantischer Bärenmarkt beginnt. Nach dem Schock werden die Karten gewissermaßen neu gemischt, man sortiert sich neu, versucht, Orientierung zu gewinnen. Klar: der heftige Abverkauf von US-Tech-Werten (vor allem Apple) ist ein Warnsignal. Aber die Big Boys haben Lust auf üppige Boni zu Weihnachten, sodaß die Versuchung groß ist, gute Stimmung zu machen, nach dem Motto: dieser Aktienmarkt ist ja sooo günstig. Das trifft derzeit auf eine eher bärische Einstellung der amerikanischen Kleinanleger, die dann der Ralley hinterher schauen und auf der Spitze wieder einkaufen dürfen….
Entscheidend ist nun, dass dem Dax der Sprung über die Zone 7180-7200 gelingt, während auf der Unterseite das Tief der letzten Woche bei 6950 tunlichst nicht mehr unterschritten werden sollte – sonst droht der schnelle Abverkauf bis zur massiven Unterstützung bei 6880/90.
Freundliche Grüsse / Best Regards
Markus Fugmann
Chefanalyst actior AG