Warschau/Berlin (Reuters) - US-Außenminister Rex Tillerson hat die geplante zweite Gas-Pipeline von Russland nach Deutschland als Gefahr für die Energiesicherheit Europas bezeichnet.
"Wie Polen sind die USA gegen die Nord-Stream-2-Pipeline", sagte Tillerson am Samstag in Warschau auf einer Pressekonferenz mit seinem polnischen Kollegen Jacek Czaputowicz. "Unser Widerstand wird von unseren gemeinsamen strategischen Interessen getragen." Die Bundesregierung verteidigte das Projekt dagegen als unternehmerische Entscheidung. "Grundsätzlich gilt, dass jede zusätzliche Gasinfrastruktur zur Erhöhung der Versorgungssicherheit in Europa beitragen kann", erklärte das Wirtschaftsministerium in Berlin.
Die gut 1200 Kilometer lange Pipeline soll russisches Erdgas durch die Ostsee nach Deutschland leiten. Das Projekt wird vom russischen Monopolisten Gazprom vorangetrieben. An der Finanzierung beteiligt sind auch das deutsche Unternehmen Uniper, die BASF-Tochter Wintershall und der österreichische Ölkonzern OMV (DE:OMVV).
Polen, das Russland seit der Krim-Annexion als größte Bedrohung betrachtet, steht Nord Stream 2 ebenso wie die baltischen Staaten kritisch gegenüber. Das Land deckt zwei Drittel seiner Nachfrage noch immer durch russisches Gas ab und verdient wie die Ukraine an der Weiterleitung des Brennstoffes Richtung Westeuropa. Nord Stream 2 würde Polen und die Ukraine umgehen. Im November schloss Polen eine langfristige Vereinbarung mit den USA zur Lieferung von Flüssiggas (LNG) und hat in ein LNG-Terminal an der Ostseeküste investiert. Im vergangenen Sommer wollten die USA nach Ansicht deutscher Industrievertreter und Politiker mit neuen Sanktionen gegen Russland den Bau von Nord Stream 2 verhindern und damit selbst größeren Einfluss am europäischen Gasmarkt gewinnen.
Nord Stream 2 ist zwischen den EU-Staaten so umstritten wie kaum ein anderes Infrastrukturprojekt. Die EU-Kommission hat sich ebenfalls eingeschaltet und will mit der Ausdehnung interner Regeln für den EU-Gasmarkt mehr Kontrolle gewinnen.