KARLSRUHE (dpa-AFX) - Die EnBW (4:EBKG) will als nach eigenen Angaben erster Grundversorger gegen den Strom-Discounter Stromio klagen, weil dieser kurzfristig seinen Kunden gekündigt hat. Die EnBW übernimmt als sogenanntes Grundversorgungsunternehmen die Stromlieferung an inzwischen mehr als 40 000 betroffene Haushalte, wie der Karlsruher Konzern am Montag mitteilte. "Das Vorgehen von Stromio halten wir aber für nicht tragbar und rechtswidrig", sagte Volker Bloch, der Zuständige für das Endkundengeschäft. Stromio wälze Folgekosten einer Risikostrategie auf die Kundinnen und Kunden sowie auf andere Marktteilnehmer ab. Von Stromio gab es dazu zunächst auf Anfrage keine Reaktion.
Weil die EnBW die benötigten Strommengen für die Betroffenen zu deutlich gestiegenen Preisen kurzfristig beschaffen musste, entstünden ihr Mehrkosten. Daher bereite der Konzern eine Klage auf Aufwendungsersatz gegen die Stromio GmbH vor. Auch Klagen gegen weitere Anbieter seien nicht ausgeschlossen, hieß es. Anders als einige Stromanbieter habe Stromio keine Insolvenz angemeldet.
Stromio hatte kurz vor Weihnachten Lieferungen unter Verweis auf eine "Preisexplosion an den europäischen Energiehandelsplätzen" eingestellt. Branchenkenner gehen davon aus, dass Hunderttausende Kunden betroffen sind. Sogenannte Grundversorger - meist Stadtwerke - müssen Kunden übernehmen, deren Lieferanten nicht mehr liefern.
Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft hatte kritisiert, dies stelle die Mitgliedsunternehmen vor erhebliche Herausforderungen wegen der explodierenden Energiebeschaffungspreise. Er forderte von der Bundesregierung in solchen Fällen die Möglichkeit, dass Versorger temporär auf zinslose Darlehen der Kreditanstalt für Wiederaufbau zurückgreifen können. Auch brauche es dringend eine gesetzliche Absicherung für eine rechtssichere Einführung von Neukunden-Tarifen in der Grundversorgung. Die EnBW unterstützt diese Forderungen.
Das Unternehmen Stromio aus dem nordrhein-westfälischen Kaarst ist prinzipiell kein Einzelfall: Laut Bundesnetzagentur hatte im vergangenen Jahr eine zweistellige Zahl an Energieversorgern die Beendigung der Belieferung angekündigt beziehungsweise vollzogen.