NEW YORK (dpa-AFX) - Nach einem von politischen Konflikten gebremsten Börsenjahr 2018 sehen Experten auch 2019 US-Aktien auf einem holprigen Weg. Unternehmensanteile müssen sich dabei an einem bereits hohen Bewertungsniveau messen lassen. Richtungweisend dürfte der Handelskonflikt zwischen den USA und China bleiben, der laut Marktexperten gelöst werden sollte. Wenn die Inflation die Notenbank Fed nicht unerwartet stark in Zugzwang bringt, wird vorerst für Aktien etwas Luft nach oben gesehen. Im späteren Jahresverlauf könnte dann aber die Konjunktur im Wege stehen.
Per Saldo glauben Experten bis Ende 2019 an höhere Kurse, wie die Prognosen von Experten für den S&P 500 zeigen. Die Aktienprofis von Barclays (LON:BARC) etwa sehen den marktbreiten Index dann bei 3000 Punkten. Sean Darby von Jefferies glaubt an ein Niveau von 2900 Zählern, die BayernLB immerhin an 2850 Punkte. Goldman Sachs (NYSE:GS) glaubt derweil ebenfalls an 3000 Punkte. Damit würden Aktien eine im Langzeitvergleich zwar nur schwache Rendite abwerfen, die aber im Vergleich zum sicheren Hafen der US-Anleihen deutlich überlegen bleibe, schrieb Goldman-Analyst David Kostin.
Dabei droht die Großwetterlage an den Finanzmärkten im Jahresverlauf allerdings zu drehen. Die BayernLB etwa hält es für möglich, dass der S&P im ersten Halbjahr nochmals sein Rekordhoch von 2941 Punkten überbieten kann, das Umfeld dann aber schwieriger wird. Ähnlich sieht es die LBBW. "In den Vereinigten Staaten sollte der Konjunkturmotor zunächst weiter brummen", schrieb Chefvolkswirt Uwe Burkert in seinem Jahresausblick. Die Beschäftigung lege zu und die Stimmung in den Unternehmen sei gut.
Deutliche Störfeuer sieht Burkert dann aber in steigenden Inflationsraten und Anleiherenditen - und rät dazu, sich vor dem Hintergrund einer restriktiveren Geldpolitik perspektivisch auf einen nahenden Abschwung vorzubereiten. Der LBBW-Experte glaubt, dass die US-Notenbank Fed nach vier Zinsschritten 2018 im neuen Jahr ebenso häufig an der Zinsschraube drehen wird. Andere Kollegen rechnen mit weniger: UBS-Ökonom Seth Carpenter erwartet drei, Kenneth Taubes vom Vermögensverwalter Amundi nur zwei Anhebungen.
Befürchtet wird auch, dass sich die Gewinne der US-Unternehmen demnächst als Kurstreiber verabschieden. Laut Portfoliomanager Thomas Altmann von QC Partners wird es schwieriger, von der Ertragslage in den Unternehmen noch mehr Positives für ihre Aktien abzuleiten. Er verwies dabei auf ein schon hohes Kurs-Gewinn-Verhältnis beim S&P-500-Index, das zuletzt ein Niveau über dem Schnitt der vergangenen zehn Jahre erreicht habe.
"Wenn die US-Unternehmen ihre hohen Gewinne 2019 nicht wiederholen können, führt an Kursabschlägen wohl kein Weg vorbei", sagt Altmann. Schon im vergangenen November konnten die jüngsten Unternehmenszahlen dem Markt nach den wenige Wochen vorher erreichten Rekordkursen im Leitindex Dow Jones Industrial (Dow Jones), an der Technologiebörse Nasdaq und im S&P 500 keine positiven Impulse mehr verleihen. Neben Gewinnmitnahmen im Technologiesektor wurden die Abgaben bereits mit anhaltender Zinsangst und aufkeimenden Konjunktursorgen begründet.
Im Gegensatz zu Europa, wo der Brexit und die italienischen Schuldenpläne wie Damoklesschwerter über den Märkten hängen, sehen Experten in den USA im neuen Jahr aber immerhin etwas weniger Gefahren durch die Politik. "Die großen systemischen Risiken sind an den US-Börsen geringer", sagt Börsenexperte Altmann.
Beim Handelsstreit mit China setzen Fachleute eher auf Entspannung denn auf Eskalation. Dabei wird ausgerechnet Donald Trump, der den China-Konflikt selbst ins Rollen brachte, ein Interesse an einer Lösung nachgesagt. Die LBBW etwa glaubt daran, dass sich der US-Präsident nicht die Blöße geben will, seit mehr als zwei Jahrzehnten der erste ohne zweite Amtszeit zu werden. Da eine Eskalation des Streits für die US-Wirtschaft ebenso schädlich wäre wie für die chinesische Gegenseite, glaubt die Landesbank, dass Trump an einer Einigung mit China nicht vorbei kommen wird, um den Konjunkturmotor am Laufen zu halten.
Goldman-Experte Kostin rät vor dem Hintergrund der holprig erwarteten Börsen dazu, das Portfolio defensiver aufzustellen. Seiner Ansicht nach wird der Fokus auf Unternehmen von hoher Qualität in Zeiten wirtschaftlicher Gefahren noch wichtiger. Kriterien dafür seien starke Bilanzbücher, ein stabiles Umsatzwachstum, nur geringe operative Gewinnabweichungen sowie hohe Eigenkapitalrenditen.