WOLFSBURG (dpa-AFX) - Europas größter Autobauer Volkswagen (ETR:VOW3) muss um die Sparpläne für seine Nutzfahrzeug-Sparte bangen. Die dazu notwendige Komplettübernahme der schwedischen Lkw-Tochter Scania (FSE:SNAB) (SSE:SCV) konnte der Konzern bislang nicht eintüten - er verlängerte die Frist für das Angebot deswegen am Mittwoch um drei Wochen bis zum Nachmittag des 16. Mai. Aktuell hätten die Wolfsburger Zugriff auf 88,25 Prozent der Scania-Papiere, teilten sie mit. VW benötigt für die Übernahme allerdings mindestens 90 Prozent, dann wollen die Wolfsburger Scania von der Börse nehmen. Finanzchef Hans Dieter Pötsch gibt sich zuversichtlich, dass dies doch noch gelingt.
Je Aktie bietet der Konzern weiterhin 200 Kronen je Aktie oder insgesamt 6,7 Milliarden Euro. Spätestens rund um den 27. Mai soll das Geschäft über die Bühne gehen. Während sich die VW-Papiere im frühen Handel kaum von der Nachricht bewegt zeigten, legten Scania-Papiere um gut drei Prozent auf zwischenzeitlich 198 Kronen zu.
EINSPARUNGEN VON 650 MILLIONEN EURO STEHEN AUF DEM SPIEL
Mit der Übernahme will sich VW den vollen Durchgriff bei Scania sichern, um die konzerninterne Nutzfahrzeugallianz mit der Tochter MAN (ETR:MAN) und der Marke Volkswagen Nutzfahrzeuge auf Trab zu bringen und fast eine Milliarde Euro zu sparen. Solange die schwedische Tochter aber noch an der Börse gehandelt wird, dürfen sich die Konzerntöchter zum Beispiel keine Freundschaftspreise machen. Bei MAN hat Volkswagen bereits die volle Macht.
Zwar dürfte die Zusammenarbeit der drei Marken schon bis Ende 2014 zu rund 200 Millionen Euro an Einsparungen führen. Laut VW ist es derzeit aber "nicht möglich, das volle Potenzial einer engeren operativen Zusammenarbeit zwischen Volkswagen und Scania sowie zwischen MAN und Scania zu realisieren". Erst mit dem kompletten Durchgriff traut sich VW weitere Einsparungen von mindestens 650 Millionen Euro in den nächsten 10 bis 15 Jahren zu - zusammen wären das mindestens 850 Millionen Euro.
LANGE MODELLZYKLEN MACHEN ZUSAMMENARBEIT SCHWIERIGER
Dazu sollen etwa Forschung und Entwicklung Hand in Hand betrieben sowie Teile gemeinsam zu niedrigeren Preisen eingekauft werden. Auch könnten mehr identische Komponenten in den Fahrzeugen der verschiedenen Marken eingebaut werden. Der Pkw-Bereich macht das mit seinem Baukastensystem bereits vor. Scania habe aber auch ohne die Komplettübernahme eine gute Perspektive, hatte VW-Finanzchef Pötsch im März betont.
Dass der Großteil der möglichen Effekte bei den Nutzfahrzeugen erst Mitte oder Ende des nächsten Jahrzehnts ziehen würde, liegt unter anderem an den langen Modellzyklen von Lastwagen und Bussen. Weil von den Modellen viel weniger Exemplare als von den meisten Pkw verkauft werden, müssen sie ihre hohen Entwicklungskosten über einen längeren Zeitraum wieder einspielen. Das macht es schwieriger, die Produktion verschiedener Marken enger zu verzahnen.
Das wird von Februar 2015 an Aufgabe des früheren Daimler-Vorstands Andreas Renschler sein. Er übernimmt nächstes Jahr den Chefposten für das Nutzfahrzeuggeschäft vom Schweden Leif Östling.br