FRANKFURT (dpa-AFX) - Im Schatten der Krim-Krise könnte der Dax (ETR:DAX) in der neuen Woche weiter an Boden verlieren. 'Der Leitindex bleibt anfällig für Rückschläge', sagte Marktanalyst Christian Henke vom Broker IG. Die Nervosität an den Märkten bleibe immens hoch, zumal politische Entwicklungen wie der aktuelle Konflikt zwischen Russland und der Ukraine kaum vorhersehbar seien. Positiv erwartete Konjunkturdaten könnten dadurch in den Hintergrund treten.
Am Sonntag hatten laut einer von der Regionalregierung der Krim veröffentlichten Wählerbefragung 93 Prozent der Einwohner für den Beitritt zu Russland gestimmt. Laut Henke spielt der Ausgang des Referendums über eine Abspaltung der ukrainischen Halbinsel an den Märkten allerdings kaum eine Rolle, da das Ergebnis vorher schon feststand.
Entscheidend für die weitere Richtung des Dax sei vielmehr die Frage, mit welchen Sanktionen oder Restriktionen die westlichen Staaten auf die Abstimmung reagieren werden. Die Europäische Union (EU) und die Vereinigten Staaten hatten am Sonntag nochmals betont, das Ergebnis der Abstimmung nicht anerkennen zu wollen. An diesem Montag wollen die EU-Außenminister Sanktionen gegen Russland beschließen. Auch die US-Regierung will schnell über weitere Maßnahmen entscheiden.
Auffällig ist Henke zufolge, dass sich der Dax seit der Flucht des entmachteten ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowitsch Ende Februar deutlich schwächer entwickelt hat als der US-Aktienindex S&P 500 (SPI:INX). Ein Grund dafür könnte sein, dass sich angelsächsische Großinvestoren zunehmend aus dem deutschen Aktienmarkt zurückziehen, weil sie negative Auswirkungen der Krim-Krise auf die eng mit Russland verknüpfte Wirtschaft hierzulande fürchteten.
Laut den Analysten von Raiffeisen Research versteht es sich von selbst, dass russische Gegensanktionen sehr wahrscheinlich seien, wenn die westliche Welt tatsächlich eine härtere Gangart gegenüber Moskau einlegen sollte. Scharfe wirtschaftliche Spannungen zwischen Russland und der EU könnten den Handel stark beeinträchtigen.
Indes nähert sich die Berichtssaison in Deutschland langsam ihrem Ende. Bislang hätten die im Index mittelgroßer Werte MDax (ETR:MDAX) gelisteten Unternehmen weitaus besser abgeschnitten, als die Konzerne im Dax, schrieb Commerzbank-Analyst Markus Wallner. Ein wichtiger Grund hierfür dürfte die größere Abhängigkeit der Dax-Unternehmen vom Export sein, wodurch sie stärker unter der Abwertung der Währungen zahlreicher Schwellenländer wie Russland oder der Türkei litten.
Der stärkere Euro dürfte auch auf den Gewinn von Linde (ETR:LIN) gedrückt haben. Der Industriegase-Spezialist wird am Montag seine Jahreszahlen präsentieren. Tags drauf folgt dann aus dem MDax der inzwischen vom US-Konzern McKesson (NYS:MCK) (FSE:MCK) übernommene Pharmahändler Celesio (ETR:CLS1), bevor am Mittwoch der Chemikalienhändler Brenntag (ETR:BNR) seine Bilanz für 2013 veröffentlicht. Am Donnerstag legen der Großküchengeräte-Hersteller Rational (FSE:RAA) und der Motorenhersteller Deutz (ETR:DEZ) ihre Bücher offen.
Mit Blick auf den weiteren Jahresverlauf schlug Wallner optimistische Töne an. Der konservative Ausblick vieler Unternehmen für 2014 dürfte sich angesichts des weiter positiven Trends bei den Frühindikatoren - unter anderem bei den Ifo-Geschäftserwartungen - bald wieder etwas aufhellen.
Wie gut es um die Konjunktur tatsächlich bestellt ist, könnten auch die Wirtschaftsdaten der neuen Woche zeigen. Laut der Commerzbank sollte neben dem Empire State Index aus den USA am Montag vor allem der Zinsentscheid der US-Zentralbank (Fed) am Mittwoch die Kurse bewegen. Die Fed dürfte die konjunkturstützenden Anleihenkäufe weiter zurückfahren und könnte das Kaufprogramm im Oktober ganz einstellen, meinte Commerzbank-Analyst Christoph Balz.
Am Freitag stehen die Börsen wieder im Bann des Hexensabbats. An diesem 'großem Verfallstag' laufen Terminkontrakte auf Aktien und Indizes an den Terminbörsen aus. Deshalb könnte es zum Wochenschluss ohne wesentliche Unternehmens- oder Konjunkturnachrichten zu kräftigen Schwankungen kommen.e
--- Von Lutz Alexander, dpa -AFX ---