KÖLN (dpa-AFX) - Auch die deutsche Möbelindustrie bekommt aktuell die durch die hohe Inflation und den Ukraine-Krieg ausgelöste Kaufzurückhaltung der Verbraucher zu spüren. Nach einem guten Start ins Jahr 2022 sei die Nachfrage in den Monaten Juni und Juli deutlich zurückgegangen, sagte der Geschäftsführer der Verbände der deutschen Möbelindustrie (VDM/VHK) Jan Kurth am Freitag in Köln.
Im Juli lag der Auftragseingang in der Wohnmöbelindustrie nach seinen Worten um fast 35 Prozent und in der Polstermöbelindustrie sogar um 38,3 Prozent unter dem Vorjahresmonat. Bei Küchenmöbeln lag das Minus bei 6,7 Prozent. Vor allem das untere Preissegment sei stark von der Kaufzurückhaltung betroffen. Denn hier müssten die Käufer angesichts der hohen Energiepreise besonders auf ihr Geld achten.
Allerdings hofft die Branche, dass die Nachfrage nach dem Ende der Urlaubssaison im Herbst trotz voraussichtlich weiter steigender Preise wieder anzieht. Schließlich gewinne das Zuhause als sicherer Rückzugsort gerade in unsicheren Zeiten an Bedeutung. Für das Gesamtjahr erwartet die Branche deshalb und wegen der üppigen Auftragspolster aus dem ersten Halbjahr Kurth zufolge nur "eine leicht rückläufige Mengenentwicklung". Die Umsätze sollen aufgrund der Preissteigerungen sogar um 6 bis 8 Prozent zulegen. Vor dem Ausbruch des Ukraine-Krieges hatte die Branche allerdings mit einem Umsatzplus von rund 10 Prozent gerechnet.
Im ersten Halbjahr 2022 konnten die deutschen Möbelhersteller ihren Umsatz noch um 13,4 Prozent auf rund 9,5 Milliarden Euro steigern. Rund 10 Prozent des Wachstums entfielen allerdings auf Preissteigerungen aufgrund gestiegener Materialkosten. Dabei wuchs das Inlandsgeschäft etwas stärker als die Exporte. Wichtigster Auslandsmarkt für die deutschen Möbelhersteller war weiterhin Frankreich, gefolgt von der Schweiz und Österreich. Die Exporte nach Russland brachen im bisherigen Jahresverlauf um 29 Prozent ein.
Die deutschen Möbelimporte stiegen im ersten Halbjahr um 13,5 Prozent auf 5,8 Milliarden Euro. Wichtigster Lieferant war weiterhin China, vor Polen und Italien.
Weniger Sorgen als der Rest der deutschen Industrie machen sich die Möbelhersteller wegen einer möglichen Gasknappheit - zumindest was das Heizen angeht. Denn die Heizenergie werde bei den Herstellern in der Regel durch das Verbrennen von Holzabfällen aus er eigenen Produktion erzeugt, sagte Kurth.