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BERLIN (dpa-AFX) - Am Mittwochabend geht es plötzlich schnell: Nach langem Warten und zähen Verhandlungen verlässt die Tarifkommission der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) mit gepackten Koffern das Gebäude der IG Metall in Berlin-Kreuzberg. Kurze Verwirrung - doch dann ist klar: Die seit Ende Februar geführten Tarifverhandlungen bei der Deutschen Bahn sind gescheitert. "Die Zentrale Tarifkommission der EVG hat die Verhandlungen am Mittwochabend mit der Deutschen Bahn nach langer und sehr intensiver Diskussion für gescheitert erklärt", teilte die Gewerkschaft in einer knappen Mail mit. Übersetzt heißt das: Kein neuer Tarifvertrag, keine Lösung des Konflikts nach mehr als einem Dutzend Verhandlungstagen. Und: Möglicherweise lange Streiks ausgerechnet während der Sommerferien.
Die EVG war mit großen Zielen in die Verhandlungen gegangen: 650 Euro mehr Gehalt pro Monat, bei den oberen Einkommensgruppen plus 12 Prozent bei 12 Monaten Laufzeit sollten es sein. Wie viel am Mittwochabend auf dem Tisch lag, blieb zunächst offen. Deutlich wurde aber im Verlauf des Tages: In der Tarifkommission herrschte schlechte Stimmung wegen des jüngsten Verhandlungsstands.
Über das weitere Vorgehen soll nun der Bundesvorstand der EVG am Donnerstag in Berlin entscheiden. Neben unbefristeten Streiks ist auch ein Schlichtungsverfahren möglich, bei dem eine oder mehrere neutral ausgewählte Personen die Tarifparteien wieder zueinander bringen könnten. Im Tarifstreis des öffentlichen Dienstes wurde so vor einigen Wochen der Weg zur Lösung geebnet.
"Der schwierigste Punkt ist nach wie vor die Laufzeit, also in welchem zeitlichen Rahmen Gehaltserhöhungen erfolgen sollen", sagte EVG-Chef Martin Burkert vor dem Scheitern der Verhandlungen dem Nachrichtenportal "t-online".
Die EVG verhandelt seit Ende Februar mit Dutzenden Eisenbahn-Unternehmen über höhere Löhne und Gehälter für insgesamt rund 230 000 Beschäftigte. Der Fokus lag dabei auf den Verhandlungen mit der Deutschen Bahn (DB), dort arbeiten gut 180 000 dieser Beschäftigten.
Die Gewerkschaft kämpfte mit zwei Warnstreiks für ihre Ziele: Im März legte sie den Zugverkehr für 24 Stunden quasi komplett lahm, im April an einem Freitagvormittag für acht Stunden. Gewerkschaftschef Burkert sagte "t-online", der Tarifkonflikt und die Warnstreiks hätten die Gewerkschaft wachsen lassen: "Wir haben aktuell bereits 6500 neue Mitglieder gewonnen, das sind 2500 mehr als im vergangenen Jahr."
Zu Beginn der laufenden Woche überraschte die EVG dann mit Abschlüssen bei den Privatbahnen, bei denen Lohnerhöhungen von 420 Euro in mehreren Stufen, eine Laufzeit von meist 21 Monaten und 1000 bis 1400 Euro Inflationsausgleichsprämie im Mittelpunkt stehen. Damit seien Maßstäbe auch für die Gespräche mit der DB gesetzt worden, hieß es. In der Branche war zuletzt davon ausgegangen worden, dass die privaten Bahnen auf den Abschluss beim Marktführer DB warten würden. Den wird es nun so schnell nicht geben.
Die Deutsche Bahn hatte Ende Mai bei einer Laufzeit von zwei Jahren zwölf Prozent mehr in mehreren Stufen bei den unteren Lohngruppen in Aussicht gestellt. Insgesamt zehn Prozent mehr sollten die mittleren Gruppen bekommen und acht Prozent die oberen. Die erste Erhöhungsstufe sollte demnach noch in diesem Jahr anstehen. Angedacht war zudem eine Inflationsausgleichsprämie in mehreren Raten von insgesamt 2850 Euro, die steuer- und abgabenfrei ausfällt. Inwieweit das Angebot seither in den Gesprächen angepasst wurde, behielten die Verhandler stets für sich.