MANNHEIM (dpa-AFX) - Die Energiewende vermasselt dem Bau- und Dienstleistungskonzern Bilfinger (XETRA:GBFG) die erhoffte Gewinnsteigerung in diesem Jahr. Das bereinigte Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Firmenwertabschreibungen (Ebita) dürfte 2014 bei 380 bis 400 Millionen Euro liegen, teilte das Unternehmen überraschend am Montagabend mit. Bisher hatte Bilfinger damit gerechnet, 2014 bei deutlich mehr als den 2013 erzielten 419 Millionen Euro zu landen. Im ersten Halbjahr soll das bereinigte Ebita deutlich unter dem Vorjahreswert liegen. Die im MDax notierte Aktie brach am Morgen um fast 16 Prozent ein.
Es wäre für Vorstandschef Roland Koch an der Zeit gewesen, zu liefern, sagte ein Händler am Morgen. Stattdessen habe er eine harsche Gewinnwarnung noch unter der Konsensschätzung abgegeben. Auch für Analyst Jasko Terzic von der DZ Bank kam die Gewinnwarnung überraschend. "Wir bewerten dies negativ." Die Power Division, in der unter anderem das Dienstleistungs-Geschäft für Kraftwerke gebündelt ist, stehe für rund 30 Prozent des angepassten Konzern-Ebita und weise die höchste Marge im Konzern auf. Der ehemalige hessische Ministerpräsident hatte noch Anfang Mai vor Beginn der Hauptversammlung die alten Prognosen bekräftigt.
NIEDRIGE INVESTITIONEN IN KRAFTWERKE BELASTEN
Im laufenden Jahr soll sich die Bauleistung mit 7,9 Milliarden Euro auf dem Niveau des Vorjahres bewegen. Im Vorjahr hatte sie bei 7,7 Milliarden Euro gelegen. Das bereinigte Konzernergebnis dürfte von 255 Millionen Euro auf 230 bis 245 Millionen Euro sinken.
Insbesondere das Geschäftsfeld Power leidet Bilfinger zufolge unter den Folgen der Energiewende in Deutschland. Energieversorger hielten sich deshalb mit Investitionen zurück. Auch die negativen Auswirkungen auf das Investitionsverhalten in anderen Ländern Zentraleuropas seien in ihrer Dimension nicht absehbar gewesen. So habe beispielsweise "kostenloser deutscher Windstrom" den Neubau von Kraftwerken in Polen verhindert. Zudem spüre der Öl- und Gassektor in der Sparte Industrial die drastischen Sparmaßnahmen seiner europäischen Kunden in der Wartung und Instandhaltung. Diese seien durch die sinkenden Gaspreise in den USA ausgelost worden.
SPARPROGRAMM ANGEKÜNDIGT
Im Geschäftsfeld Power rechnet Bilfinger daher mit einer auf 1,5 Milliarden Euro schrumpfenden Leistung (2013: 1,7) und einer auf 6 Prozent sinkenden Ebita-Marge (2013: 8,9). In den anderen Bereichen erwartet das Unternehmen hingegen eine Verbesserung der Profitabilität.
Die Probleme dürften auch die Mitarbeiter zu spüren bekommen. Bilfinger kündigte Anpassungen bei den Kapazitäten sowie weitere kurzfristige Einsparprogramme an. Dies wird das Unternehmen im zweiten Halbjahr zusätzlich einen niedrigen bis mittleren zweistelligen Millionenbetrag kosten. Zudem sollen die laufenden Sparbemühungen beschleunigt werden.
MITTELFRISTIGE ZIELE WACKELN
Seine mittelfristigen Volumenziele wird Bilfinger überprüfen und die neuen Ziele im Bericht zum dritten Quartal 2014 im Herbst erläutern. Bei den Margenzielen sind den Angaben zufolge in den Geschäftsfeldern Industrial sowie Building and Facility keine Anpassungen erforderlich. Nach der Restrukturierungsphase strebt Bilfinger ab 2016 für das Geschäftsfeld Power wieder eine Marge oberhalb von 8 Prozent an.
Koch trimmt den Konzern seit seinem Amtsantritt 2011 auf Dienstleistungen rund um Industrieanlagen, Kraftwerke und Gebäude. Dieses Geschäft ist einträglicher als der klassische Bau, von dem sich die Mannheimer in den vergangenen Jahren immer mehr verabschiedet haben. Im vergangenen Jahr verkaufte Koch bereits defizitäre Straßenbauaktivitäten. Derzeit sucht er einen Käufer für wesentliche Teile des Tiefbaugeschäfts.tb