* MSCI Barra will Länder als Industrieländer einstufen
* Aufstieg erhöht BRIC-Gewichtung in Schwellenland-Index
* Katar und VAE vor Einstufung als Schwellenländer
- von Sujata Rao und Carolyn Cohn -
London, 21. Jun (Reuters) - An der Börse stehen die
Tigerstaaten Taiwan und Südkorea vor dem Sprung in den Club der
Industrieländer. Nach zweijähriger Prüfung will MSCI
Barra
So wird die Mitte dieser Woche anstehende Entscheidung von MSCI Barra nicht von allen Investoren mit Freude gesehen. Denn mit der Umstellung wächst die Wahrscheinlichkeit stärkerer Schwankungen und eines fast erdrückenden Übergewichts der sogenannten BRIC-Staaten Brasilien, Russland, Indien und China im Index der Schwellenländer (EM - Emerging Markets). Nach Berechnungen der schwedischen Bank SEB dürfte die Gewichtung von China und Brasilien auf 23 beziehungsweise 20 Prozent wachsen. Zugleich würde der Anteil der Schwellenländer ohne Taiwan und Südkorea im Welt-Index<.MIWD00000PUS> auf 10,2 von 13,7 Prozent fallen. "Die Umschichtung wird wahrscheinlich die Volatilität erhöhen und macht den Schwellenländer-Index unattraktiver für Investitionen", urteilen die Stockholmer Analysten in einer Einschätzung für ihre Kunden.
Auch Hyung Jin Lee vom Baring Korea Trust sieht die Heraufstufung skeptisch: "Bis jetzt erfreut sich der Markt an den großen Fischen in einem kleinen Teich." Korea und Taiwan waren mit 15 und zwölf Prozent der dritt- und viertgrößte Teil des EM-Index. Gemeinsam entfiel auf sie ein Drittel der Gewichtung im Schwellenländer-Index. Im Industrieländer-Index dürften sie dagegen jeweils weniger als drei Prozent ausmachen. Zudem tendierten Fondsmanager dazu, sich in den Indizes an die großen Werte zu halten, sagt Mark Edwards, der bei T. Rowe Price 15 Milliarden Dollar an EM-Aktien mitverwaltet. Seine Prognose: "Die EM-Jungs werden die Titel verkaufen, aber zugleich werden sich die global aufgestellten Manager nur die großen Werte herauspicken."
In den Augen anderer Index-Anbieter wie FTSE sind die beiden Tigerstaaten indes bereits im Kreise der Industrieländer angekommen. Die Marktkapitalisierung der beiden Länder beläuft sich auf rund eine Billion Dollar - weit mehr als die Industriestaaten Portugal oder Griechenland auf die Waage bringen.
HERAUFSTUFUNG IST ISRAEL UND GRIECHENLAND NICHT GUT BEKOMMEN
Als Nachfolgekandidaten im Emerging-Markets-Index gelten die Golfstaaten Katar und die Vereinigten Arabischen Emirate, die bisher im Barometer für die sogenannten Frontier Markets<.dMI7400000PUS> zu finden waren. Damit werden bei MSCI die Länder bezeichnet, die an der Grenze zum Status eines Schwellenlandes stehen.
Die Umstellung ist die erste, seitdem Israel 2010 in den Index der Industrieländer aufgenommen wurde und die größte, seitdem 2001 Griechenland hochgestuft worden war.
Theoretisch eröffnet eine Heraufstufung einem Land Zugang zu mehr Investoren. So rechnen die Analysten von HSBC damit, dass Katar und die Vereinigten Arabischen Emirate Zuflüsse von 600 Millionen Dollar verzeichnen könnten, wenn sie künftig zu den Schwellenländern gezählt werden. In Erwartung der Entscheidung haben die Aktienmärkte in den beiden Golfstaaten zuletzt bereits angezogen.
Aber die Geschichte Israels und Griechenlands lehrt das Gegenteil. Israel, das im EM-Index noch 2,5 Prozent ausgemacht hat, spielt im Börsenbarometer der Industrieländer mit 0,3 Prozent nur eine marginale Rolle. Die Zuflüsse aus dem Ausland seien 2010, dem Jahr der Hochstufung, auf nahe null zurückgegangen, rechnet Analyst Gil Bufman von der Leumi Bank vor. Ein Jahr zuvor habe noch ein Plus von zwei Milliarden Dollar in den Büchern gestanden. Bei Griechenland, das derzeit gegen eine Staatspleite kämpft, sieht die Bilanz ähnlich aus.
Dass Taiwan und Südkorea ein ähnliches Schicksal ereilt, glaubt Stephanie Wu, Portfolio-Managerin bei HSBC Global Asset Management, allerdings nicht. "Man könnte argumentieren, dass sich auf Schwellenländer spezialisierte Fondsmanager nun zurückziehen und die Staaten in den globalen Fonds untergehen", sagt sie. Aber Südkorea sei schon immer ein wichtiges Wirtschaftsland gewesen. "Korea wird deshalb nicht so irrelevant wie Griechenland oder Israel werden, wenn es heraufgestuft wird."
(geschrieben von Tom Körkemeier; redigiert von Martin Zwiebelberg)