FRANKFURT (dpa-AFX) - Nach einem lange Zeit steilen Kursanstieg und einer zuletzt eher lustlosen Phase warten Anleger am europäischen Aktienmarkt in der neuen Woche auf frische Impulse - und eine Befreiung aus der Lethargie. Experten wie Milan Cutkovic vom Brokerhaus AxiTrader blicken dabei aber eher skeptisch nach vorn: "Das Tauziehen zwischen Bullen und Bären dürfte andauern", schrieb der Marktanalyst am Freitag. Er geht davon aus, dass eine weitere Konsolidierung beim Dax (DAX) wahrscheinlich ist.
Damit droht sich der lustlose Handel der vergangenen Tage fortzusetzen. Seit dem Mitte Mai erreichten Rekord bei 12 841 Punkten sind den Anlegern zuletzt die Gründe für einen weiteren Anstieg des Leitindex verloren gegangen. Vielmehr verleiteten die jüngsten Skandale um US-Präsident Donald Trump sowie der erstarkte Euro die Anleger vereinzelt zu Gewinnmitnahmen. Laut dem Börsenstatistik-Magazin Index-Radar ist die Gefahr einer richtigen Korrektur unbekannten Ausmaßes zuletzt gestiegen. "Die Grundtendenz ist nach wie vor positiv, doch im Kleinen bröckelt die schöne Fassade leicht", schrieben sie.
In den Augen der Charttechniker wäre es für kurzfristig orientierte Trader ein neuer Impuls, wenn der Index aus seiner jüngsten Spanne zwischen 12 480 und 12 710 Punkten ausbrechen würde. In diesem Bereich sprang der Dax zuletzt über Tage hin und her, ohne letztlich eine klare Richtung einzuschlagen. Für längerfristig orientierte Investoren sehen die Index-Radar-Experten derzeit aber keinen Handlungsbedarf. "Allenfalls an teilweise Gewinnmitnahmen ist zu denken", betonten sie mit Blick auf die saisonal eher schwachen Sommermonate.
Mit Blick auf die Agenda dürfte es zu Wochenbeginn mit Feiertagen in den USA und Großbritannien eher ruhig los gehen. Wegen US-Präsident Donald Trump und seiner Politik will Dirk Rogowski, Geschäftsführer der Veritas Investment GmbH, dann aber verstärkt auf Konjunkturdaten aus den USA achten. "Die Einkaufsmanager-Indizes werden zeigen, ob sich die Wirtschaft von ihm emanzipieren kann", sagte der Experte. Der ISM-Stimmungsindikator für die Industrie steht am Donnerstag auf der Agenda. Nach jüngsten Anzeichen, wonach der Effekt der Trump-Versprechen schon verpufft sein könnte, geht die Postbank nicht davon aus, dass sich der Rückgang aus den Vormonaten im Mai fortgesetzt hat. Die Experten rechnen mit einem Anstieg des ISM um 0,7 auf 55,5 Punkte.
Sehr kritisch dürften Anleger auch auf den kommenden Freitag blicken, wenn die aktuellen Arbeitsmarktdaten aus den USA veröffentlicht werden - nicht nur wegen Trump, sondern auch wegen der Geldpolitik. Nach Einschätzung der Postbank sollten dann die letzten Zweifel an einer Leitzinserhöhung im Juni beseitigt werden, denn die Experten rechnen mit einem Stellenplus von 170 000 und einer Arbeitslosenquote von "sehr niedrigen" 4,4 Prozent. Die Währungshüter der amerikanischen Notenbank Fed hatten sich zuletzt schon für eine "baldige" Straffung ausgesprochen. Vor der letzten Zinserhöhung im März hatten sie die Märkte ähnlich vorbereitet.
Auf der Unternehmensseite richten sich die Blicke nunmehr voll auf die Hochphase der Hauptversammlungen, nachdem die Berichtssaison weitgehend ausgelaufen ist. Mit der Startup-Schmiede Rocket Internet (4:RKET), dem Ingenieur-Dienstleister Bertrandt (4:BDTG) und dem Handelskonzern Metro (4:MEOG) stehen am Mittwoch nur noch einige Nachzügler mit Quartals- oder Halbjahreszahlen an. Die Agenda der Aktionärstreffen ist dagegen in der neuen Woche prall gefüllt: Bei Hapag-Lloyd (4:HLAG) zum Beispiel dürfte am Montag die besiegelte Fusion mit der Reederei UASC im Blickfeld stehen.