GÜTERSLOH/BERLIN (dpa-AFX) - Eine wachsende Schuldenlast lässt die Kluft zwischen armen und reichen Kommunen nach einer Studie der Bertelsmann Stiftung immer größer werden. 'Viele Städte scheinen in einer Abwärtsspirale aus Überschuldung, Abwanderung und sinkender Attraktivität gefangen', warnte die Kommunalexpertin der Stiftung, Kirsten Witte. In der am Dienstag vorgelegten Studie sprechen sich die Autoren für eine kommunale Schuldenbremse aus - ähnlich wie für die Länder. Der Städtetag sowie Sozialverbände lehnten dies ab. Sie fordern eine Entlastung bei der Finanzierung gesamtgesellschaftlicher Aufgaben sowie einen Hilfsfonds für überschuldete Regionen und Kommunen.
Dem kommunalen Finanzreport der Bertelsmann Stiftung zufolge ist die Gesamtverschuldung der Städte und Gemeinden zwischen 2007 und 2011 von 111 Milliarden auf 130 Milliarden Euro gewachsen. Rasant zugenommen hätten die sogenannten Kassenkredite, mit denen Kommunen eigentlich nur kurzfristig Engpässe überbrücken. Seit Jahren aber dienen Kassenkredite, die vergleichbar mit dem Dispokredit bei Privatpersonen sind, zunehmend der Finanzierung laufender Ausgaben.
Bis Ende 2011 sei ihr Umfang auf 44 Milliarden Euro gestiegen, was mehr als ein Drittel der Gesamtverschuldung ausmache. Diese Schulden seien der Kern der kommunalen Finanzkrise. Sie engten den Spielraum für Investitionen und Instandhaltung ein, heißt es. 2012 stieg das Volumen der Kassenkredite weiter - nach Angaben des Deutschen Städtetages auf fast 48 Milliarden. Die Ursachen dafür sind laut Städtetag vielfältig, oft seien aber die Sozialausgaben gerade in einnahmeschwachen Städten eine besonders starke Belastung.
Die Situation der Kommunen sei in den einzelnen Bundesländern sehr unterschiedlich, heißt es in der Studie weiter. Mehr als die Hälfte der gesamten Kassenkredite sei 2011 auf nur 30 Städte und Landkreise entfallen. Davon lägen 19 in Nordrhein-Westfalen und keine in einem der östlichen Bundesländer. In Sachsen, dem einzigen Bundesland mit spürbar sinkenden Kassenkrediten, führten diese zu einer Verschuldung von 13 Euro pro Einwohner. Am anderen Ende liege das Saarland: Hier seien es 1754 Euro.
2012 hatten die Kommunen dank der Steuereinnahmen und der guten Beschäftigung erstmals mit 1,8 Milliarden Euro insgesamt Überschüsse erzielt. Für dieses Jahr geht das Bundesfinanzministerium von einem Haushaltsplus aller Kommunen zusammen von fünf Milliarden Euro aus. Auch für die Folgejahre wird mit Überschüssen zwischen je 4 und 4,5 Milliarden Euro gerechnet. Nach einer Umfrage der Förderbank KfW stehen die Kommunen aber vor einem gigantischen Investitionsstau: 128 Milliarden fehlten für die Sanierung von Straßen und Schulen.
Der Chef des Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg, forderte die Bundesregierung dazu auf, die Kommunen um 14 Milliarden Euro zu entlasten. 'Wir müssen dafür sorgen, dass die Schere zwischen armen und reichen Kommunen sich nicht weiter öffnet und weitere Städte in die Abwärtsspirale gerissen werden', sagte Landsberg der 'Rheinischen Post' (Mittwoch).
Städtetags-Hauptgeschäftsführer Stephan Articus erklärte: 'Die aktuelle Finanzlage der Kommunen ist nur auf den ersten Blick auskömmlich.' Eine Reihe von Städten leide unter gravierenden Finanzproblemen: 'Wir brauchen keine Schuldenbremse für Kommunen, sondern eine Aufgabenbremse für Bund und Länder.' Die Aufgaben und Ausgaben, die den Kommunen von Bund und Ländern übertragen werden, seien das Problem. Bereits jetzt gebe es viele haushaltsrechtliche Regelungen, die eine zu starke Verschuldung der Kommunen verhindern sollen.
Der Paritätische Wohlfahrtsverband wies die Forderung nach einer kommunalen Schuldenbremse als völligen Irrweg zurück. 'Die Kommunen brauchen nicht mehr Druck, sondern Geld, Handlungsspielräume und Perspektiven', sagte Hauptgeschäftsführer Ulrich Schneider. Nötig seien deutliche Steuererhöhungen sowie ein Hilfsfonds, um die Abwärtsspiralen in Armutsregionen zu stoppen. Ein Strukturfonds für verschuldete Regionen sollte durch die stärkere Besteuerung großer Vermögen, Einkommen und Erbschaften finanziert werden./sl/mb/DP/bgf
Dem kommunalen Finanzreport der Bertelsmann Stiftung zufolge ist die Gesamtverschuldung der Städte und Gemeinden zwischen 2007 und 2011 von 111 Milliarden auf 130 Milliarden Euro gewachsen. Rasant zugenommen hätten die sogenannten Kassenkredite, mit denen Kommunen eigentlich nur kurzfristig Engpässe überbrücken. Seit Jahren aber dienen Kassenkredite, die vergleichbar mit dem Dispokredit bei Privatpersonen sind, zunehmend der Finanzierung laufender Ausgaben.
Bis Ende 2011 sei ihr Umfang auf 44 Milliarden Euro gestiegen, was mehr als ein Drittel der Gesamtverschuldung ausmache. Diese Schulden seien der Kern der kommunalen Finanzkrise. Sie engten den Spielraum für Investitionen und Instandhaltung ein, heißt es. 2012 stieg das Volumen der Kassenkredite weiter - nach Angaben des Deutschen Städtetages auf fast 48 Milliarden. Die Ursachen dafür sind laut Städtetag vielfältig, oft seien aber die Sozialausgaben gerade in einnahmeschwachen Städten eine besonders starke Belastung.
Die Situation der Kommunen sei in den einzelnen Bundesländern sehr unterschiedlich, heißt es in der Studie weiter. Mehr als die Hälfte der gesamten Kassenkredite sei 2011 auf nur 30 Städte und Landkreise entfallen. Davon lägen 19 in Nordrhein-Westfalen und keine in einem der östlichen Bundesländer. In Sachsen, dem einzigen Bundesland mit spürbar sinkenden Kassenkrediten, führten diese zu einer Verschuldung von 13 Euro pro Einwohner. Am anderen Ende liege das Saarland: Hier seien es 1754 Euro.
2012 hatten die Kommunen dank der Steuereinnahmen und der guten Beschäftigung erstmals mit 1,8 Milliarden Euro insgesamt Überschüsse erzielt. Für dieses Jahr geht das Bundesfinanzministerium von einem Haushaltsplus aller Kommunen zusammen von fünf Milliarden Euro aus. Auch für die Folgejahre wird mit Überschüssen zwischen je 4 und 4,5 Milliarden Euro gerechnet. Nach einer Umfrage der Förderbank KfW stehen die Kommunen aber vor einem gigantischen Investitionsstau: 128 Milliarden fehlten für die Sanierung von Straßen und Schulen.
Der Chef des Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg, forderte die Bundesregierung dazu auf, die Kommunen um 14 Milliarden Euro zu entlasten. 'Wir müssen dafür sorgen, dass die Schere zwischen armen und reichen Kommunen sich nicht weiter öffnet und weitere Städte in die Abwärtsspirale gerissen werden', sagte Landsberg der 'Rheinischen Post' (Mittwoch).
Städtetags-Hauptgeschäftsführer Stephan Articus erklärte: 'Die aktuelle Finanzlage der Kommunen ist nur auf den ersten Blick auskömmlich.' Eine Reihe von Städten leide unter gravierenden Finanzproblemen: 'Wir brauchen keine Schuldenbremse für Kommunen, sondern eine Aufgabenbremse für Bund und Länder.' Die Aufgaben und Ausgaben, die den Kommunen von Bund und Ländern übertragen werden, seien das Problem. Bereits jetzt gebe es viele haushaltsrechtliche Regelungen, die eine zu starke Verschuldung der Kommunen verhindern sollen.
Der Paritätische Wohlfahrtsverband wies die Forderung nach einer kommunalen Schuldenbremse als völligen Irrweg zurück. 'Die Kommunen brauchen nicht mehr Druck, sondern Geld, Handlungsspielräume und Perspektiven', sagte Hauptgeschäftsführer Ulrich Schneider. Nötig seien deutliche Steuererhöhungen sowie ein Hilfsfonds, um die Abwärtsspiralen in Armutsregionen zu stoppen. Ein Strukturfonds für verschuldete Regionen sollte durch die stärkere Besteuerung großer Vermögen, Einkommen und Erbschaften finanziert werden./sl/mb/DP/bgf