ATHEN/BRÜSSEL (dpa-AFX) - Eigentlich ist die Touristeninsel Zypern ein kleines Paradies auf Erden. Aphrodite, die mythische Göttin der Schönheit und der Liebe, wurde hier nach altem Glauben aus dem Meer geboren. Doch wenige Kilometer von den Strandhotels der Touristen spielt sich seit Jahrzehnten ein Drama ohne absehbares Ende ab. Die seit 1974 geteilte Insel ist ein Dauer-Konfliktherd im östlichen Mittelmeer. Und die Probleme enden nicht hier. Es gibt auch neue: Zypern ist das erste Land der EU, das - während es die EU-Ratspräsidentschaft übernimmt - auch unter den Euro-Rettungsschirm flüchtet. Den entsprechenden Antrag stellte die Regierung in Nikosia wenige Tage vor der Übernahme der EU-Ratspräsidentschaft.
'Wir befinden uns an einem Wendepunkt', sagte der zyprische Regierungssprecher Stefanos Stefanou am Tag danach. Zypern will alle Optionen ausschöpfen aus dieser Finanz- und Bankenkrise herauszukommen. Außer den Hilfen seitens des Rettungsschirms verhandelt die drittgrößte Mittelmeerinsel über einen Kredit aus Russland oder China. Nikosia hält sich bedeckt: 'Alle Optionen sind noch offen. Einen Beschluss (Kredit aus Moskau oder Peking) dazu gibt es nicht', sagt Stefanou.
Der Fall Zypern ist in fast allen Hinsichten eigenartig. Der kommunistische Staatspräsident Dimitris Christofias spricht perfekt russisch und setzt sich offenbar persönlich auf höchster Ebene in Moskau für einen Kredit ein. Russland hatte bereits vergangenen Dezember Zypern mit 2,5 Milliarden Euro unter die Arme gegriffen. Denn Russland ist auf der Insel überall präsent. Tausende Russen der aufkommenden gehobenen Klasse haben ihre Sommerdomizile auf der warmen Insel im Mittelmeer. Viele Transaktionen russischer Unternehmer finden durch zyprische Banken statt. Auch die Beziehungen zur Volksrepublik China sind perfekt.
Groß ist auch die diplomatische Herausforderung für Brüssel, Nikosia - und für Ankara. Zypern ist das einzige teilweise besetzte EU-Land. Im nördlichen Drittel der Insel sind seit 1974 schätzungsweise 40 000 türkische Soldaten stationiert. Die Türkei ist Kandidat für einen Beitritt zur EU, erkennt aber wegen der ausbleibenden Lösung der Zypernfrage die Republik Zypern nicht an. Im Norden gibt es die abtrünnige 'Türkische Republik Nordzypern': Die Türkei ist der einzige Staat, der diese Republik anerkennt.
'Wir brauchen jetzt Nerven aus Stahl, um diese erste EU-Ratspräsidentschaft Zyperns über die Bühne zu bringen', sagt ein in der Zypernproblematik erfahrener EU-Diplomat in Nikosia. Ein diplomatisches Duell mit der Türkei droht. Denn der Beitrittskandidat Ankara will keinen zyprischen Diplomaten oder Minister der aktuellen EU-Ratspräsidentschaft empfangen. Nikosia, aber auch andere EU-Staaten, blockieren ohnehin den Beginn von Verhandlungen mit der Türkei in einer Reihe von Verhandlungsbereichen.
'Es ist bedauerlich, dass die türkische Regierung ihre Absicht erklärt hat, nichts mit der zyprischen Präsidentschaft zu tun zu haben', sagt die zyprische Außenministerin Erato Kozakou-Markoulli. 'Diese Haltung ist nicht nur beleidigend und provozierend gegenüber Zypern, sondern gegenüber der gesamten EU.' So sehen das auch die meisten anderen EU-Regierungen.
Dabei geht es in den kommenden sechs Monaten in der EU eigentlich gar nicht um Zypern. Von dem Inselstaat wird erwartet, dass er vor allem den erbitterten Streit zwischen reichen und armen EU-Staaten um die Finanzplanung für die Jahre 2014 bis 2020 bis Dezember beilegt. Es geht um eine Billion Euro. Das Problem ist eine Herausforderung - Zypern hat vor allem deswegen seine EU-Botschaft in Brüssel von 80 auf 230 Personen verstärkt: 'Die Wege nach Nikosia sind lang, deswegen machen wir das Meiste in Brüssel', sagt ein Diplomat.
In Brüssel haben die zyprischen Diplomaten auch bereits eine gewisse 'Ermüdung' der EU-Partner angesichts der Zypernkrise festgestellt. Ohnehin sind viele der größeren EU-Partner immer noch verstimmt darüber, dass es die griechischen - und nicht die türkischen - Zyprioten waren, die im April 2004 unmittelbar vor dem EU-Beitritt den UN-Plan für ein vereintes Zypern ablehnten.
Nun sind die Verhandlungen beider Seiten wieder mal in einer Sackgasse. Die griechischen Zyprer, etwa 70 Prozent der Bevölkerung, streben eine Föderation zweier Bundesstaaten mit einer starken Zentralregierung an. Die türkischen Zyprer wollen dagegen eine Konföderation zweier unabhängiger Staaten in einem losen Bund.
Neben dem geopolitischen Problem kämpft Zypern nun auch mit der schweren Wirtschaftskrise. Die Insel mit einem Bruttonationaleinkommen von rund 17,5 Milliarden Euro ist eine der kleinsten Volkswirtschaften des Eurolandes. Die Republik braucht aber dringend Hilfen hauptsächlich für seine angeschlagenen Banken und ihre Rekapitalisierung. Eine wichtige Rolle für die Wirtschaft Zyperns könnten reiche Erdgasvorkommen spielen, die südlich der Insel unter dem Meeresboden entdeckt wurden. Doch auch über deren Ausbeutung gibt es Streit mit Nordzypern und der Türkei./tt/eb/DP/she
'Wir befinden uns an einem Wendepunkt', sagte der zyprische Regierungssprecher Stefanos Stefanou am Tag danach. Zypern will alle Optionen ausschöpfen aus dieser Finanz- und Bankenkrise herauszukommen. Außer den Hilfen seitens des Rettungsschirms verhandelt die drittgrößte Mittelmeerinsel über einen Kredit aus Russland oder China. Nikosia hält sich bedeckt: 'Alle Optionen sind noch offen. Einen Beschluss (Kredit aus Moskau oder Peking) dazu gibt es nicht', sagt Stefanou.
Der Fall Zypern ist in fast allen Hinsichten eigenartig. Der kommunistische Staatspräsident Dimitris Christofias spricht perfekt russisch und setzt sich offenbar persönlich auf höchster Ebene in Moskau für einen Kredit ein. Russland hatte bereits vergangenen Dezember Zypern mit 2,5 Milliarden Euro unter die Arme gegriffen. Denn Russland ist auf der Insel überall präsent. Tausende Russen der aufkommenden gehobenen Klasse haben ihre Sommerdomizile auf der warmen Insel im Mittelmeer. Viele Transaktionen russischer Unternehmer finden durch zyprische Banken statt. Auch die Beziehungen zur Volksrepublik China sind perfekt.
Groß ist auch die diplomatische Herausforderung für Brüssel, Nikosia - und für Ankara. Zypern ist das einzige teilweise besetzte EU-Land. Im nördlichen Drittel der Insel sind seit 1974 schätzungsweise 40 000 türkische Soldaten stationiert. Die Türkei ist Kandidat für einen Beitritt zur EU, erkennt aber wegen der ausbleibenden Lösung der Zypernfrage die Republik Zypern nicht an. Im Norden gibt es die abtrünnige 'Türkische Republik Nordzypern': Die Türkei ist der einzige Staat, der diese Republik anerkennt.
'Wir brauchen jetzt Nerven aus Stahl, um diese erste EU-Ratspräsidentschaft Zyperns über die Bühne zu bringen', sagt ein in der Zypernproblematik erfahrener EU-Diplomat in Nikosia. Ein diplomatisches Duell mit der Türkei droht. Denn der Beitrittskandidat Ankara will keinen zyprischen Diplomaten oder Minister der aktuellen EU-Ratspräsidentschaft empfangen. Nikosia, aber auch andere EU-Staaten, blockieren ohnehin den Beginn von Verhandlungen mit der Türkei in einer Reihe von Verhandlungsbereichen.
'Es ist bedauerlich, dass die türkische Regierung ihre Absicht erklärt hat, nichts mit der zyprischen Präsidentschaft zu tun zu haben', sagt die zyprische Außenministerin Erato Kozakou-Markoulli. 'Diese Haltung ist nicht nur beleidigend und provozierend gegenüber Zypern, sondern gegenüber der gesamten EU.' So sehen das auch die meisten anderen EU-Regierungen.
Dabei geht es in den kommenden sechs Monaten in der EU eigentlich gar nicht um Zypern. Von dem Inselstaat wird erwartet, dass er vor allem den erbitterten Streit zwischen reichen und armen EU-Staaten um die Finanzplanung für die Jahre 2014 bis 2020 bis Dezember beilegt. Es geht um eine Billion Euro. Das Problem ist eine Herausforderung - Zypern hat vor allem deswegen seine EU-Botschaft in Brüssel von 80 auf 230 Personen verstärkt: 'Die Wege nach Nikosia sind lang, deswegen machen wir das Meiste in Brüssel', sagt ein Diplomat.
In Brüssel haben die zyprischen Diplomaten auch bereits eine gewisse 'Ermüdung' der EU-Partner angesichts der Zypernkrise festgestellt. Ohnehin sind viele der größeren EU-Partner immer noch verstimmt darüber, dass es die griechischen - und nicht die türkischen - Zyprioten waren, die im April 2004 unmittelbar vor dem EU-Beitritt den UN-Plan für ein vereintes Zypern ablehnten.
Nun sind die Verhandlungen beider Seiten wieder mal in einer Sackgasse. Die griechischen Zyprer, etwa 70 Prozent der Bevölkerung, streben eine Föderation zweier Bundesstaaten mit einer starken Zentralregierung an. Die türkischen Zyprer wollen dagegen eine Konföderation zweier unabhängiger Staaten in einem losen Bund.
Neben dem geopolitischen Problem kämpft Zypern nun auch mit der schweren Wirtschaftskrise. Die Insel mit einem Bruttonationaleinkommen von rund 17,5 Milliarden Euro ist eine der kleinsten Volkswirtschaften des Eurolandes. Die Republik braucht aber dringend Hilfen hauptsächlich für seine angeschlagenen Banken und ihre Rekapitalisierung. Eine wichtige Rolle für die Wirtschaft Zyperns könnten reiche Erdgasvorkommen spielen, die südlich der Insel unter dem Meeresboden entdeckt wurden. Doch auch über deren Ausbeutung gibt es Streit mit Nordzypern und der Türkei./tt/eb/DP/she